Als menstruierende Person lernt man schon früh, dass Schmerzen, PMS und andere Unannehmlichkeiten quasi zum Paket dazugehören. Doch das ist nicht zwangsläufig der Fall, weiß Jessica Roch, Ernährungsberaterin, Zyklus-Coachin und Autorin des Buches “Zyklus im Glück”. Darin erklärt sie, dass viele der Beschwerden, die entlang des Menstruationszyklus auftreten, nicht einfach hingenommen werden müssen. Aus persönlichen Erfahrungen heraus begann Jessica, sich intensiv mit dem weiblichen Zyklus und den zugrundeliegenden Ursachen hormoneller Imbalance zu beschäftigen. Sie absolvierte Ausbildungen zur zertifizierten Ernährungsberaterin sowie zum “Hormone Health Coach” und vertiefte ihr Wissen im Bereich der Frauenheilkunde. Heute unterstützt sie Frauen mit hormonellen Beschwerden durch Coaching und teilt ihre Erkenntnisse auf ihrem Instagram-Kanal @bodysynchron. Denn was viele nicht wissen: In unserem Alltag finden sich unzählige sogenannte „Hormonstörer“, die unseren Hormonhaushalt unbemerkt aus dem Gleichgewicht bringen können. Im Interview erklärt sie, in welchen überraschenden Bereichen diese Gefahren lauern und wie man sie am besten meidet.
FOGS: Inwiefern „stören“ gewisse Stoffe unseren Hormonhaushalt?
Jessica Roch: Es gibt verschiedenen Arten, wie Stoffe das bewirken können. Zum einen direkt, wenn sie eine hormonähnliche Wirkung haben oder Hormone verstärken. Andere machen das wiederum indirekt, indem sie den Blutzuckerspiegel anheben oder Entzündungen fördern. Das wirkt sich dann wiederum auf das Hormongleichgewicht aus.
FOGS: Was sind denn erste Anzeichen, dass unser Hormonhaushalt aus dem Gleichgewicht ist?
Jessica Roch: Hormonstörer wirken verstärkend auf unser Östrogen, was meist dazu führt, das Östrogen und Progesteron nicht mehr in der richtigen Relation zueinander vorkommen. Dann treten Dinge auf wie PMS, das übrigens alles andere als normal ist. Wir müssen uns damit nicht zufriedengeben, so, wie wir das in unserer Gesellschaft oft gelernt haben. Zyklische Kopfschmerzen, Pickel, Spannungsgefühle in den Brüsten oder Regelschmerzen zählen auch zu den Anzeichen, die viele Frauen gar nicht hinterfragen. Wenn man da aufräumt, Hormonstörer eliminiert und alles wieder ins Gleichgewicht bringt, tut das viel fürs Wohlbefinden.
FOGS: Welche Stoffe sind denn die gängigsten Hormonstörer und wo sind sie zu finden?
Jessica Roch: Ich unterteile immer in Kategorien, da sie ganz schön umfangreich sind: Es gibt verschiedene Hormonstörer in unserer Nahrung, in Kosmetikprodukten und in der Küche. Bisphenol A kennen die meisten unter BPA oder Weichmacher. Aber auch die sogenannten “ewigen Chemikalien” per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen oder kurz „PFAS“ sowie Antihaftbeschichtungen wirken sich auf die Hormone aus. Alkohol erhöht unser Östrogen. Zu viel Zuckerkonsum bringt das Insulingleichgewicht durcheinander und das beeinflusst Östrogen und Testosteron. Transfette und gehärtete Fette wie in Margarine, Chips und Fast Food haben außerdem eine stark entzündungsfördernde Wirkung und beeinträchtigen somit das Hormongleichgewicht ebenfalls.
FOGS: Ist vielleicht auch etwas Überraschendes dabei, auf das man nie kommen würde?
Jessica Roch: Viele sind überrascht, dass Pfannen und Töpfe mit Antihaftbeschichtung problematisch sind. Immerhin bekommt man die doch überall, oder? Auch das Papier von Kassenbons, Parktickets und Co. ist mit Weichmachern belastet, weshalb man es möglichst gar nicht anfassen sollte. Und nun denk dir, wie viele solcher Bons Mitarbeitende in Supermärkten usw. täglich in der Hand haben. Viele Stores steigen deshalb zum Glück gerade um auf unschädlicheres Papier, das sind dann diese meist blauen Kassenbons.
FOGS: Stecken Hormonstörer denn auch in Kosmetikprodukten?
Jessica Roch: Ja, als Parabene und chemische UV-Filter beispielsweise, oder Phthalate in Parfums oder Deos. Das muss man sich aber gar nicht alles merken, es gibt tolle Apps wie CodeCheck oder ToxFox, die das übernehmen. Man muss die Produkte im Laden dann nur einscannen und es zeigt sofort an, ob Hormonstörer enthalten sind.
Mir ist aber wichtig zu sagen, dass man nicht sofort alles wegschmeißen sollte, was nicht perfekt ist. Man kann es aufbrauchen und dann eine bessere Alternative nachkaufen. Bei mir ist auch noch nicht alles perfekt, weil ich nach und nach austausche. Verschwendung ist auch nicht die Lösung.
FOGS: Gibt es noch etwas, wofür du noch keinen passenden Ersatz gefunden hast?
Jessica Roch: Ich habe größtenteils schon alles ersetzt, habe aber noch Probleme mit klassischem Make-Up und Foundation. Da probiere ich viele „cleane“ Alternativen, will aber auch nicht auf die Performance verzichten. Außerdem habe ich als Blondine auch ein Silbershampoo, das Hormonstörer enthält. Ich wechsle es deshalb immer ab mit meinem cleanen Shampoo. Und auch wenn ich in einen Frisörsalon gehe, habe ich wenig Kontrolle darüber, was in den benutzen Produkten steckt. Meist enthalten diese Parabene.
FOGS: Was ist dir bei diesem Thema besonders wichtig zu erwähnen?
Jessica Roch: In meinen Zyklus-Kursen merke ich oft, dass Leute leicht panisch werden und sofort von Null auf Hundert wollen. Manche hinterfragen dann sofort den gesamten Alltag. Wie soll ich Mittagessen, wenn ich nichts in Take-Away-Behältern aus Plastik mitnehmen darf oder kann ich mir noch die Hände mit der konventionellen Seife im Büro waschen – Fragen, die ich schon gehört habe, die aber viel zu streng sind. Man darf sich nicht verrückt machen deswegen. Wir sollten achtsam sein, aber keine Obsession entwickeln, so wie es ja auch bei gesunder Ernährung passieren kann. Hormonstörer haben Langzeitfolgen, wenn man sie nicht beachtet, es entstehen aber keine unwiderruflichen Schäden dadurch.
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