„Wenn das eure Lieblingsshow im Jahr 2004 war, ist es höchste Zeit Retinol in eure Skincare Routine zu integrieren.“ Das Meme, das vor einiger Zeit durch Social Media ging, zeigt den Cast der Teenie-Serie O.C. California. Fans dieser Serie bewegen sich heute vermutlich um die 30 herum, also genau das Alter, in dem sich erste Fältchen bemerkbar machen. Und da kommt Retinol ins Spiel. Der Wirkstoff ist in der Hautpflege zwar nichts neues, erfährt aber gerade einen erneuten Hype. Und das nicht ohne Grund, denn das A-Vitamin ist tatsächlich eine wahre Geheimwaffe gegen feine Linien und kann für prallere Haut sorgen. Wir von FOGS halten natürliche Alterungsprozesse allerdings für ganz normal und nichts Schlechtes – deswegen konzentrieren wir uns an dieser Stelle nicht auf den Anti-Aging-Effekt. Retinol kann nämlich noch weitaus mehr.
Wunderwaffe
Zuallererst: Vitamin A ist nicht automatisch mit dem Begriff Retinol gleichzusetzen. Retinol ist ein sogenanntes Derivat von Vitamin A. Alle Formen von Vitamin A werden unter dem Oberbegriff Retinoide zusammengefasst.
Vorsicht geboten ist bei Drogerie-Produkten mit Retinyl Palmitat und Retinyl Acetate, denn deren Wirkung ist zu schwach, um richtige Effekte zu erzielen. Neben der hochwirksamen Retinsäure, die nur ärztlich verschrieben wird, erzielen laut Studien Retinol und Retinaldehyd (auch Retinal genannt) die besten Ergebnisse. Diese Stoffe regen die Kollagenproduktion und Zellerneuerung in den tieferen Hautschichten an. Die Hautstruktur wird dadurch sichtbar verfeinert, Pigmentflecken und Hyperpigmentierung kann entgegengewirkt und Akne bzw. Aknenarben reduziert werden.
So viel Wirkung sorgt natürlich für einen langen Beipackzettel an möglichen Nebenwirkungen. Und der sollte bei Retinol ausnahmsweise wirklich gelesen werden, anstatt gleich drauf los zu cremen.
Vorsicht im Sommer
Da wäre zum einen die Kombination mit Sonnenstrahlen. Die in Retinol enthaltende Vitamin-A-Säure hat eine schälende Wirkung und steigert somit die Sonnenempfindlichkeit der Haut. Im Sommer mit der Anwendung zu starten, ist demnach nicht ideal, aber auch nicht unmöglich, wie Dr. med. Alice Martin, Ärztin und Mitgründerin der Online-Hautarztpraxis dermanostic, erklärt: „Damit man keinen Sonnenbrand oder Pigmentstörungen riskiert, ist es empfehlenswert, Retinol-Produkte nur abends aufzutragen. Sollte man sich in der Sonne aufhalten, ist Sonnencreme ein absolutes Muss!“ Da auch ein bewölkter Himmel UV-Strahlen durchlässt, ist es das ganze Jahr über sinnvoll, einen Lichtschutzfaktor in die morgendliche Routine zu integrieren, auch ohne Retinol-Anwendung.
Mit manchen Inhaltsstoffen sollte man Retinol idealerweise nicht kombinieren, wie die Hautexpertin bestätigt: „Zusätzliche reizende Stoffe wie z.B. Salicylsäure oder Glykolsäure sollten nicht unmittelbar in hohen Dosen kombiniert werden, da die Haut in dieser Kombination austrocknen kann.“ Also: chemische Peelings mit der Aufschrift „AHA“ (alpha hydroxy acid) und „BHA“ (beta hydroxy acid) besser nur an Retinol-freien Tagen verwenden. Die Ärztin rät außerdem davon ab, Produkte mit Retinol in der Schwangerschaft und während der Stillzeit zu nutzen: „Auch, wenn es nicht wissenschaftlich belegt ist, wird nämlich vermutet, dass Retinol sich auf ungeborene Babys negativ auswirken kann.“
So klappt’s mit der Anwendung
Theoretisch ist Retinol für alle außer für den empfindlichen Hauttyp geeignet. Wichtig ist, sich langsam heranzutasten. „Es ist ratsam, die Pflegeprodukte zunächst einmalig zu testen und die Hautreaktion abzuwarten. Mit 1-2 Anwendungen pro Woche starten und sich langsam steigern“, so Alice Martin. Da Retinol einige Prozesse in der Haut in Gang setzt, kommt es manchmal zu Reaktionen wie vermehrten Pickeln, die sich bis zu 1-2 Monate hinziehen können. Laut Skincare-Expert:innen gilt es aber Geduld zu haben und dran zu bleiben. Das Kosmetikstudio des Vertrauens weiß solchen Reaktionen außerdem entgegenzuwirken. Anders ist das natürlich bei Schmerzen, Rötungen und Co., wie Alice Martin anmerkt: „Wenn Hautreizungen nach rund einer Woche nicht abklingen, sollte das Produkt nicht weiterverwendet werden. Menschen mit Rosazea oder Hautallergien sollten sich vor einer Behandlung übrigens besser ärztlichen Rat holen.“
Allzu starke Nebenwirkungen muss man bei Produkten im Handel aber nicht befürchten. Diese enthalten meist sanftere Abstufungen der Retinoide bzw. die maximale Konzentration von einem Prozent. Der Tipp der Hautärztin: Bei empfindlicher Haut mit sehr geringer Dosierung starten und auf maximal 0,3% Retinol steigern. Bei Unregelmäßigkeiten, Pigmentflecken und Akne empfiehlt sich eine mittlere Dosierung von 0,3 % bis 1 % Retinol.
Mit etwas Geduld sorgen beide Wirkstoffe für ein frisches, ebenmäßiges Hautbild. (c) Jerney Graj via unsplash
Nur Geduld
Skepsis ist angebracht bei Produktversprechen, die Faltenreduktionen bereits nach ein paar Wochen prophezeien. Denn auch wenn sich manchmal gleich nach der ersten Retinol- und Retinaldehyd-Anwendung Effekte zeigen, braucht es für eine echte Verbesserung des Hautbildes etwa sechs Monate. Einige Studien gehen sogar von bis zu 12 Monaten aus.
Die natürliche Alternative Bakuchiol
Durch den derzeitigen Naturkosmetik-Boom ließ auch die natürliche Alternative zum synthetisch erzeugten Retinol nicht lange auf sich warten: Bakuchiol wird aus der wildwachsenden indischen Pflanze Psoralea corylifolia gewonnen. Der Wirkstoff ist allerdings alles andere als neu. Er hat eine lange Tradition als Heilpflanze im Ayurveda und in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM). Britta Hekmat, Gründerin des holistischen Berliner Beautylabels ruhi, weiß um die Vorteile des sanfteren Wirkstoffes Bescheid: „Bakuchiol ist laut aktuellen Studien wirksam wie Retinol, reizt die Haut aber nicht und wird auch sehr gut von sensibler Haut vertragen. Man kann außerdem gleich mit höheren Dosierungen wie 1% starten, ohne dass die Haut über längere Zeit an den Wirkstoff gewöhnt werden muss.“
Zudem macht Bakuchiol die Haut nicht lichtempfindlich und kann somit auch tagsüber angewendet werden. Ideal also für den Sommer oder als sanfter Einstieg, um sich später an Retinoide heranzutasten. „Bakuchiol ist zudem rein pflanzlich und darf somit auch in reinen Naturkosmetikprodukten verwendet werden“ fügt Hekmat hinzu. Bakuchiol ist daher ein guter Wirkstoff für alle, die auf Naturkosmetik umstellen und trotzdem eine wirksame Methode zur Verfeinerung des Hautbildes suchen. Ob es Retinol in seiner Wirkung ebenbürtig ist, müssen allerdings noch weiterführende Studien klären.
Produkttipps von Budget bis Luxus:
1 OLIVEDA | Green Retinol Face Elixir
Hinter „Green Retinol“ versteckt sich hier ebenfalls das natürliche Bakuchiol. Das Face Elixir kombiniert zusätzlich Vitamin-A-reiches Kahai Öl und das Antioxidant Hydroxytyrosol. Es ist außerdem vegan, alkoholfrei, cruelty-free und komplett wasserfrei.
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2 FACETHEORY | Regenacalm Serum S1 Pro
Die hohe Konzentration an 3% verkapseltem Retinoid, Dill, Lakritze und Vitamin C macht das Serum besonders ergiebig. Denn dadurch benötigt man nur einen Pumpstoß für das gesamte Gesicht.
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3 RUHI | Bakuchiol Oil Serum
Frei von ätherischen Ölen, künstlichen Inhaltsstoffen und minimalistisch formuliert: Das Oil Serum von ruhi war 2020 eines der ersten Bakuchiol-Produkte auf dem deutschen Markt. Bio-basiertes Squalan aus nachhaltig angebautem Bio-Zuckerrohr bildet die Basis und dient als Wasserersatz. Bio-Kurkuma-Extrakt, hochdosiertes natürliches Vitamin E und Bakuchiol stärken die Hautbarriere.
Um € 69,- für 30ml, via ruhi-rituals.com
4 SKIN ALCHEMISTS | Time Traveller Face Cream
Antibakteriell wirkt die reichhaltige Creme durch kolloidales Silber und Schwarzkümmelöl. Die zellerneuernden Vitamine A, C und F aus einem Cocktail aus Bakuchiol, Cacay-Öl, Hagebutten- und Sanddornextrakten haben retinolähnliche Wirkung, ohne sensible Haut zu belasten. Hyaluronsäure und Cupuacu-Butter schließen die Feuchtigkeit ein.
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5 PAULA’S CHOICE | Clinical 1% Retinol Treatment
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6 WILDCRAFTED ORGANICS | Bakuchiol Cell Regenerating Serum
Die Wirkung von Bakuchiol wird hier noch durch Vitamin C unterstützt – ein wirksames Antioxidans. Mit dabei sind noch Echinacea und Neroli Öl, die beide entzündungshemmend wirken und Aknenarben schneller heilen lassen. Das Serum des Australischen Beautylabels ist außerdem vegan und tierleidfrei erzeugt. Um € 120,- um 30 ml via blanda-beauty.com