Vom 31. Januar bis zum 3. Februar verwandelte sich Berlin erneut in ein Zentrum für Mode, Kreativität und Innovation. Während der Berlin Fashion Week FW25 präsentierten sowohl etablierte Marken als auch aufstrebende Designer ihre neuesten Herbst-/Winter-Kollektionen für 2025. Dabei wurde deutlich: Berlin bleibt eine Metropole, die progressive (sub-)kulturelle Strömungen mit Mode, Kunst, Design sowie der Club- und Musikszene vereint. Die Fashion Week griff diese Synergien auf und rückte zentrale Themen wie Nachhaltigkeit, Inklusion und Innovation in den Mittelpunkt. Wir zeigen unsere nachhaltigsten Highlights der diesjährigen Ausgabe.
1. Rebekka Ruétz
Mit ihrer neuen Kollektion „Rebirth – The Transformation of a New Era“ erzählt Rebekka Ruétz eine Geschichte der Verwandlung. „Ich war im letzten Jahr persönlich und beruflich an einem Punkt, an dem ich das starke Bedürfnis nach einem Rebranding und Neustart verspürt habe. Inspiriert von der Raupe, die sich im Kokon verpuppt, wo der ganze Prozess zum Schmetterling im Inneren stattfindet. Im Moment des Schlüpfens erlebt er eine Metamorphose.“ Ein Fashion Film von Linda Leitner leitet die Runwayshow ein. Er zeigt künstlerisch den Prozess des Einwebens und des Loslösens. Dieses Symbol zeiht sich in Form von Schmetterlingsprints, kokonartigen Silhouetten und netzartige Haarstylings durch die gesamte Kollektion.
Sich selbst treu bleiben
Die Designerin verwendet veganes Leder, Spitze und vor allem Denim und Biobaumwollstoffe, die beide von Cotonea sind. „Man fühlt sich als Designer einfach gut, solch hochwertiges Material zu verarbeiten“, schwärmt Rebekka. Ein weiteres zentrales Element sind (vegane) lange Haarsträhnen, die in die Designs integriert wurden – ein Markenzeichen der österreichischen Designerin. „Lange Haare haben für mich etwas Symbolisches. Abgeschnittene Haare könne auch ein Symbol für Befreiung sein.“ Ihrer eigenen Mähne bleibt sie jedoch vorerst treu. Weiterhin bestehen bleibt auch die Upcycling-Kooperation mit Skechers. Sie beflügelt Rebekka kreativ: „Ich brauche eine Herausforderung und mag es, mir etwas ganz Neues auszudenken. Für diese Kollektion habe ich mich viel mit LED-Licht aus recycelbaren Acrylglas auseinandergesetzt.“ So entstanden leuchtende Sneaker-Taschen in Kokonform.“
Veränderung und Neuanfang
Ab dieser Saison ist Rebekka Ruétz nicht mehr Teil des W.E4. FASHION DAY: „Für mich war es Zeit, eigene Wege zu gehen – alleine.“ Die „Alte Münze“ eignet sich nicht nur optisch als neue Location – sie bringt auch Geschichte mit. Auch sie hat sich immer wieder neu erfinden müssen. Früher war hier eine Münzprägungsanstalt, jetzt ist sie eine vielseitige Eventlocation. Genau wie Rebekka Ruétz und ihr Label: „In den letzten Kollektionen hat sich mein kreativer Prozess verändert. Sie werden unbewusst viel persönlicher und spiegeln das wieder, was ich fühle und was ich bin“, erzählt Rebekka. „Ich bin ein authentischer Mensch und das zeigt sich auch in meiner Arbeit. Für diese Kollektion habe ich mich damit auseinandergesetzt, wie eine Wiedergeburt meiner Brand aussehen könnte. Auf alle Fragen habe ich noch keine Antwort gefunden und werde ich in den nächsten Kollektionen ersuchen. Einige konnte ich mit dieser aufarbeiten. Das Loslassen des Alten und das Eintauchen in das Neue mit viel Herzblut, Herzklopfen und Neugier auf die Zukunft.“






Fotos: © Boris Marberg for BFW
2. OBS
Die bayerische Marke OBS wurde gegründet von den Brüdern Johannes und Matthias Schweizer. Sie verbindet funktionales Design mit handwerklicher Präzision – inspiriert von ihrer Zeit auf Baustellen an der Seite ihres Vaters. Für ihr Debüt auf der Berlin Fashion Week verwandelte OBS die historische St.-Elisabeth-Kirche in eine immersive Performance-Umgebung, die verschiedene Phasen des Bauprozesses widerspiegelte. Ihre Kollektion interpretiert Workwear neu, geprägt von klaren Linien, durchdachten Details und einer Balance aus Funktionalität und raffinierter Ästhetik. Organische, langlebige Materialien wie Leder spielen eine zentrale Rolle in ihrer Designsprache. Die markanten Farben sind inspiriert von der Bau- und Handwerkswelt. Puristische Anzüge, Röcke und Overalls werden mit Helmen, Gürteln und den markentypischen Lederwaren kombiniert. Taschen bieten Platz für Werkzeuge, Skizzen und Alltagsgegenstände bieten – eine Hommage an den kreativen Schaffensprozess und die Verbindung von Mode und Handwerk.






Fotos: © James Cochrane
3. Maria Chany
Die Kollektion ELYSIUM von Maria Chany setzt ein starkes Zeichen für nachhaltige Mode, indem sie Abfall in stilvolle, zukunftsweisende Kleidungsstücke und Accessoires verwandelt. Mit Materialien wie recyceltem Gummi, bio-basierten Stoffen aus Nüssen und Deadstock-Textilien vereint die Kollektion industrielle Elemente mit modernen, klaren Silhouetten. Der Name ELYSIUM, inspiriert von der griechischen Mythologie, steht für Transformation und eine zweite Chance – so wie Held:innen in eine perfekte Welt gelangten, erhalten auch weggeworfene Materialien ein neues Leben in dieser avantgardistischen Linie. Ausgediente Autoreifen werden zu Korsetts, Gürteln oder Kleidern. Auch die Accessoires greifen dieses Konzept auf – Schmuck, Haar- und Make-up-Details entstehen aus Deadstock-Materialien und 3D-gedruckten Komponenten. Ein weiteres zentrales Element ist die Inklusion, mit Designs in XXS bis XXL sowie Miet- und Co-Creation-Services, die den Produktlebenszyklus verlängern. Auch die Wahl der Eventlocation – das „Mall of Berlin Recycling“ – unterstreicht die Botschaft der Show: Eine ehemalige Parkgarage für Müllfahrzeuge wurde zum nachhaltigen Veranstaltungsort umgestaltet.






Fotos: © Jayzoo
4. Kilian Kerner
Mit seiner Herbst/Winter-Kollektion 2025/26 unter dem Titel „Shitstorm“ setzt sich Kilian Kerner mit einem hochaktuellen gesellschaftlichen Thema auseinander: der Verbreitung von Hass und Feindseligkeit im digitalen Raum. Seine Show ist ein kraftvolles Statement gegen diese Form von Aggression im Netz und ihre Folgen. „Die Inspiration war der Eierwurf von Justin Bieber vor 11 Jahren“, erzählt Kilian Kerner. „Er hat nichts anderes gemacht als drei Eier an eine Wand zu werfen und wurde dafür fertiggemacht. Das ist ein Symbol für das, was heute auf Social media und auch in Schulen passiert. Ich finde, wir brauchen Gesetze, die das regeln. Diese Ungerechtigkeit und dieses Drama habe ich versucht, in dieser Kollektion zu zeigen.“
Gegen Hass, für Empathie
Die Show beginnt mit einem pinken Blumenkleid und endet mit einer schwarzen, verwelkten Version. Übergroße Blazer mit Ärmeln, die am Boden schleifen, bilden die Last der Betroffenen von Shitstorms ab. „Man postet ein Foto, das man selber von sich schön findet und wird beschimpft. Menschen haben sich wegen Hass im Netz schon umgebracht. Warum gibt es keine Gesetze zu Social Media, warum muss man sich nicht mit einem Ausweis registrieren, wenn man ein Profil macht?“, appelliert Kilian Kerner. Die Kollektion steht für Stärke und Widerstandsfähigkeit und ruft zugleich zu mehr Empathie auf. Rund 53 Looks vereinen die Message mit einer glamourösen Ästhetik, die Kilian Kerner an nur vier Tagen entwarf. „Unter Druck arbeite ich am besten“, findet der Designer. Der Designer spielt mit zerfransten Denim-Looks, schimmernden Pailletten und einem Print, der mit abstrakten Eiern an den Hintergrund der Kollektion erinnert. Der Einsatz veganer Stoffe und die Produktion in Polen unterstreichen den ethischen Anspruch der Kollektion.






Fotos: © Sebastian Reuter/Getty Images for Kilian Kerner
5. Danny Reinke
Danny Reinkes Herbst/Winter-Kollektion 2025/26 „90 Seconds to Midnight“ verknüpft die düsteren Erzählungen aus Heinrich Hoffmanns düsteren, deutschen Märchen mit der Metapher der Doomsday Clock, die aktuell auf 90 Sekunden vor Mitternacht steht – eine symbolische Warnung vor der Selbstzerstörung der Menschheit, auch im Bezug auf den Klimawandel. Diese Kollektion versteht sich als Weckruf zu Widerstandskraft, Entschlossenheit und Mut, um den drohenden Untergang abzuwenden. In seiner Designsprache verschmilzt Reinke zwei scheinbar gegensätzliche Welten: die raffinierte Eleganz der Couture mit den rebellischen Punk-Elementen der 80er Jahre. So entstehen kraftvolle Looks, die den Geist der Rebellion verkörpern – unangepasst, furchtlos und voller Energie. Die Referenzen zu Heinrich Hoffmanns Werken sind klar zu erkennen: der „Struwelpeter“, die Lausbuben „Max und Moritz“, Paulinchen, die mit Zündhölzern spielt und die Geschichte vom „Daumenlutscher“. Die zentralen Elemente dieser Geschichten übersetzt er kreativ in seine Designs.






Fotos: © Sebastian Reuter/Getty Images for Danny Reinke
6. Balletshofer
Designer Alan Balletshofer widmet seine neue Kollektion der Suche nach Ruhe in einer chaotischen Welt. Dieses Streben spiegelt sich in klaren Linien, zeitlosen Schnitten und hochwertigen Materialien wider – Mode, die den Alltag begleitet und Struktur verleiht. Balletshofer bleibt seiner Handschrift treu und kombiniert erneut Sportswear mit klassischem Tailoring, führt jedoch in dieser Saison erstmals die Trompe-l’œil-Technik ein. Schmale Silhouetten, präzise Schnitte und körpernahe Passformen prägen das Design, während sportliche Materialien wie Stretchstoffe, Wolle und Tweed auf traditionelle Schneiderkunst treffen. Eine gedeckte Farbpalette setzt bewusst den Fokus auf Form und Silhouette. Zu den Highlights der Kollektion zählen eine Varsity Jacket mit markanten Patches sowie ein Doppelreiher-Anzug aus beschichteter Wolle – eine Verbindung aus Funktionalität und klassischer Eleganz. Kombiniert werden die Looks mit derben Boots von Timberland.






Fotos: © Boris Marberg for Balletshofer
7. PALMWINE IceCREAM
Als erste afrikanische Marke, die beim BFW Concept Competition in der Kategorie Berlin Contemporaryausgezeichnet wurde, präsentiert PALMWINE IceCream eine Kollektion voller Emotionen und Erfahrungen. Sie erzählt die kreative Reise des Designers und macht prägenden Lebensphasen sichtbar. Eine warme Farbpalette aus Braun- und Gelbtönen, kombiniert mit Grün, Pink und Schwarz, spiegelt diese Emotionen wider. So entsteht ein visuelles Moodboard des Lebens. Nachhaltigkeit und Handwerkskunst stehen im Fokus. PWIC verwendet aufwendig von Hand gefärbtes Upcycling-Leder sowie Holz, Raffia, Kalebassen und Deadstock-Stoffe. Die bewusste Materialwahl verbindet Tradition mit Innovation. Die Kollektion ist ein Ausdruck von Kunst, Nachhaltigkeit und kultureller Identität.






Fotos: © Andreas Hofrichter
Unsere Highlights von der letzten Saison findest Du hier.