Wasser aus dem Hahn, mit Moos bewachsene Wände und ein Fußboden aus alten Fischernetzen: Das Scandic im Hafenpark eröffnete Anfang März mit einem ganz besonderen Konzept. Autorin Eva hat das Hotel direkt vor Ort getestet.
„Die Idee unseres neuen Hotels war von Beginn an Integration. Wir wollten nicht einfach nur ein neuer Betonklotz in Frankfurt sein, sondern Nachhaltigkeit ganzheitlich denken. Dazu gehört nicht nur der ökologische Gedanke“, sagt Hoteldirektor und gebürtiger Frankfurter Heiko Kain. Das Scandic Hotel befindet sich direkt am Hafenpark im Osten der Stadt. Früher war das ein Industriegebiet, anliegend am zehntgrößten Binnenhafen Deutschlands. Heute bietet der Hafenpark mit einem großen Skatepark diverse Sportmöglichkeiten. Lauf-, Wander- und Radrouten entlang des Mains führen bis nach Würzburg. In nur 15 Minuten erreicht man bekannte Sehenswürdigkeiten in der Innenstadt wie den Eisernen Steg oder den Römer. „Unser Hotel symbolisiert die Verlängerung des Hafenparks. Die Natur hört nicht an der Hoteltüre auf“, erzählt Kain.
Zusammenarbeit mit Freu(n)de(n)
Von außen wirkt das Hotel schlicht und nicht außergewöhnlich. Das Interieur überzeugte allerdings direkt mit seiner sehr harmonischen und stilvollen Einrichtung. Die Mitarbeiter an der Rezeption machten uns die Ankunft nach über sechs Stunden Zugfahrt (natürlich mit Verspätung) noch angenehmer. „Das ist unsere Philosophie“, erklärt mir Heiko Kain später. „Mitarbeiter sollen bei uns genauso sein, wie sie sind. Es gibt keine Verhaltensregeln im typischen Sinne, sondern vier wesentliche Werte: Sorgsam mit allen Menschen umgehen, du selbst sein, kreativ sein und das Gelernte nach außen bringen.“
„Wir möchten, dass die Mitarbeiter mit den Gästen reden, wie sie es auch außerhalb der Arbeit mit Freunden tun würden. Also sehr locker, sehr nahbar und natürlich trotzdem als wertvolle Gäste.“ Wer so sein kann wie er ist, der bleibt auch lange, meint Kain. Das ist ein wichtiger Teil von Nachhaltigkeit im Scandic. Ihre sogenannte Uniform dürfen die Mitarbeitenden selbst aussuchen, Vorgabe ist lediglich eine Dark Blue Jeans mit wenig Waschung. Je mehr Waschung, desto umweltschädlicher eine Jeans. Und eine Bluse oder ein Hemd soll es sein. Wie die Menschen das umsetzen, bleibt ihnen überlassen.
Durchdachtes Raumkonzept im Scandic Hotel
Im Eingangsbereich zum großzügigen Speisesaal befindet sich auf der linken Seite eine lebende Pflanzenwand. Bewässert durch ein Sprenklersystem. Das sorgt laut Kain für ein gutes Raumklima und die Verbindung zur Natur auch außen. Auch in einem der Tagungsräume, von denen es im Hotel insgesamt 14 gibt, findet sich eine Wand komplett mit Moos bewachsen. Die Teppichböden im Hotel bestehen aus recycelten Fischernetzen. Im Schnitt bleiben Gäste 1,5 Tage in diesem Hotel. Viele sind Businesskunden oder bleiben für einen kurzen Trip in der Stadt. Das Hotel ist deshalb auf viele Gegebenheiten ausgerichtet. So werden alle Art von Gästen angesprochen.
Es gibt nicht nur Konferenzräume, sondern verschiedene Work- und Living-Spaces. Ein Saal für Präsentationen lässt sich dank einer Skyfall Wand in zwei einzelne separieren. Meeting-Räume sind einer Küche nachempfunden. Schließlich finden dort immer die besten Partys statt. Arbeit und Freizeit werden so miteinander kombiniert. In sogenannten Flex Spaces kann man arbeiten, frühstücken, sich austauschen oder Empfänge geben. Anbauen und umbauen ist somit nicht nötig. Auch das verbindet Kain mit nachhaltigem und zukunftsträchtigem Design.
Ungewohnte Gewohnheiten
Nach der Ankunft packe ich normalerweise immer zuerst meinen Koffer aus und räume alles in einem Schrank. Das war allerdings nicht möglich. Im Scandic Hotel gibt es nämlich keinen Kleiderschrank am Zimmer. „Auch das gehört zu unserem Konzept. Die Leute bleiben für gewöhnlich nicht so lange bei uns. Die Kleidung legt man daher auf typisch skandinavische Kleiderständer. Für Anzüge und Abendgarderobe gibt es einen extra Service”, erzählt Kain. Zugegeben, so ganz leuchtet mir das nicht ein. Ich mag meine Kleidung gerne in einem Schrank, Minimalismus hin oder her. Die Sache mit dem Kleiderschrank ist noch nicht endgültig und steckt noch in der Findungsphase.
Insgesamt ist unser Zimmer schlicht eingerichtet und sehr gemütlich. Wir finden allerdings nichts überaus besonderes, das wir so bisher nicht nicht gesehen haben. Außer das Bett. So gut und weich haben wir noch nie geschlafen. Für uns eines der wichtigsten Dinge in einem Hotel.
Essen, essen, essen
Worauf wird uns am meisten gefreut hatten: Frühstück. In der Mittel des großen Saales befindet sich eine Art Insel, die als Buffet funktioniert. Sie Speisen verschwinden bei Bedarf hinter Glastüren. So sieht es aus wie ein großer geschlossener Schrank. Unter der Woche gibt es von 6 Uhr bis 9.30 Uhr Frühstück, am Wochenende bis 11 Uhr. „Wir lassen das Buffet gerne länger stehen, damit unsere Gäste immer wieder Nacken können“, erzählt der Hoteldirektor. Wer bei schönem Wetter später und draußen frühstücken möchte, der bekommt einen Picknickkorb. Obst, Waffeln, Kaffee und Co. werden in Mehrwegpfandbehältern von Vital und Recup verpackt. Wasser kommt am Buffet grundsätzlich aus der Leitung – je nach Belieben kochend, sprudelnd oder still. Weil dadurch keine Flaschen angeliefert werden müssen, spart das Hotel so drei Tonnen CO2 jährlich ein.
Die Lebensmittel beim Frühstück sind zu 40 % Bioqualität. Man findet veganen Joghurt und Birchermüsli sowie einen Kaffeeautomaten, aus dem nur Sojamilch kommt. Künftig soll es noch mehr vegane Milchvarianten geben. Kain ist vor allem von Erbsenmilch überzeugt. Mein Highlight war jeden Morgen der Entsafter für frische Obst- und Gemüsesäfte. An der Open Show Kitchen bereiten die Köche täglich frische Eispeisen, Gegrilltes Gemüse vor. Wer seinen Aufenthalt mit Livingroom bucht, kann quasi den ganzen Tag snacken. Dieser befindet sich im zehnten Stock.
Fazit
Unser Fazit zum Scandic Hotel ist gemischt. Der Aufenthalt war super, das Personal zuvorkommend und sehr freundlich, das Essen ein Traum. Allerdings hätten wir uns in Sachen Nachhaltigkeit noch mehr gewünscht. Mehr vegane Alternativen und mehr Bioqualität beim Essen sowie mehr Nachhaltigkeit bei der Architektur und in Sachen Energieversorgung. Aktuell bezieht das Hotel nämlich keinen Ökostrom, weil der Anbieter abgesprungen ist. Da das Hotel aber rund um die Uhr Sonne bekommt, hätte ich mir zumindest eine Versorgung mit Solar gewünscht.
Gefallen hat uns der Umgang mit Ressourcen. Wenn das Buffet zum Ende hin leerer wurde, wurde auch nicht mehr nachgefüllt. An der Rezeption gibt es keine Einwegprodukte wie Zahnbürsten. Stattdessen einen Shop, in dem man solche Dinge in guter Qualität kaufen kann. Künftig will Scandic gezielt Grünflächen in der Stadt schaffen, die dann für Hotelgäste greifbar sind. „Wir wollen nicht irgendwo in Südamerika Bäume pflanzen, die nur online oder mit dem Flugzeug zugänglich sind. Stattdessen tragen wir dazu bei, dass Frankfurt in Zukunft noch grüner wird“, so der Hotel-Direktor.
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