Traumhafte Unterwasserwelten mit farbenprächtigen Korallenriffen – so stellt man es sich vor. Die Realität sieht häufig leider anders aus. Die steigende Erderwärmung führt dazu, dass die Korallenriffe weltweit ausbleichen und absterben. Auf diese Umweltkatastrophe möchten die Künstlerschwestern Margaret und Christine Wertheim aufmerksam machen. Für eine Ausstellung im Museum Frieder Burda in Baden-Baden haben die beiden ein Meer aus gehäkelten Korallen geschaffen.

Das Projekt „Crochet Coral Reef”
Die prächtigen Farben und Formen der Häkelkunstwerke sind inspiriert vom australischen Great Barrier Reef. Auf der Biennale von Venedig 2019 wurde das Projekt „Crochet Coral Reef” erstmals der internationalen Kunstöffentlichkeit vorgestellt. Nun möchte das Museum Frieder Burda in Baden-Baden die beiden Künstler-Schwestern und ihre Arbeit würdigen – mit einer Ausstellung, die alle Räume des Hauses umfasst. Um diese Ausmaße zu realisieren wurden die Korallenwerke der Wertheims erweitert: Auf öffentlichen Aufruf des Museum sind mehr als 40.000 weitere Korallenbeiträge eingetroffen. 4.000 freiwillige Mitwirkenden schlossen sich zusammen, um durch das Häkeln der Korallen auf die Krise der Weltmeere aufmerksam zu machen.

Sie verbinden Kunst, Wissenschaft & Handwerk
Die Wertheim-Schwestern arbeiten nicht nur in der Kunst: Margaret ist auch eine international anerkannte Wissenschaftsautorin und verfasst Bücher über die Kulturgeschichte der Physik. Währenddessen unterrichtet Christine seit Jahrzehnten „Critical Studies and Art Theory” am Goldsmith’s College in London und am California Institute of the Arts in Los Angeles. Die beiden lernten schon in ihrer Kindheit, ihre eigene Kleidung herzustellen. Somit ist ihnen das Kunsthandwerk vertraut. Dieses verbinden sie mit konzeptionellen Ansätzen aus Wissenschaft und Kunst. „So wie sich Lebewesen durch kleine Veränderungen eines zugrunde liegenden DNA-Codes weiterentwickeln, so entwickelt sich auch das gehäkelte Korallenriff durch kleine Veränderungen eines zugrunde liegenden Häkelcodes. So entsteht eine Taxonomie der Häkelkorallen-‘Organismen’.“, so die beiden Schwestern über ihre Arbeit.

Ein Gemeinschaftsprojekt
Seit das Projekt 2005 ins Leben gerufen wurde haben die Schwestern mit Gemeinschaften in 50 Städten und diversen Ländern zusammengearbeitet. Fast 20.000 Menschen, zusammengekommen um dieses Gesamtwerk zu kreieren. Die meisten von ihnen sind Frauen. Die Schwestern verfolgen auch einen feministischen Ansatz. Ihr Projekt steht bewusst in der Tradition von Judy Chicagos bekanntem Kunstwerk „The Dinner Party“ und Mierle Ukeles` Pionierarbeit im Bereich der “sozialen Praxis”.


Die Korallen im Wettlauf mit der Zeit
Der Künstlerische Leiter des Museums Frieder Burda, Udo Kittelmann, erklärt die Signifikanz der Ausstellung: „Die geheimnisvolle Schönheit und Artenvielfalt von Korallen ist von grenzenloser Wandlungsfähigkeit. Sie bilden ein ganzes Ökosystem und sind daher ein wichtiger Bestandteil unserer Existenz. Heute verlieren diese kunstvollen Lebewesen infolge des dramatischen Klimawandels überall auf der Welt ihre Schönheit. Es ist ein Wettlauf mit der Zeit, der die Menschheit zwingt, schnell zu handeln und Maßnahmen zu ergreifen. Ich erachte kulturelle Institutionen, so auch Museen, als spezifische Orte in einer Zeit, in der die Grenzen des Visionären in der Politik immer offensichtlicher werden. Es ist deswegen umso wichtiger, die Ideen von Künstlerinnen und Künstler sowie Kulturschaffenden in die Gestaltung unserer Gesellschaft und Welt einzubeziehen.“


Die Ausstellung ist noch bis zum 26. Juni 2022 im Museum Frieder Burda in Baden-Baden zu sehen.
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Alle Bilder dieses Artikels (c) Museum Frieder Burda