Um Fermentiertes kommt man in der Food-Szene gerade nicht herum: Die über 9.000 Jahre alte Kulturtechnik feiert ihr Comeback in der Spitzengastronomie, in Hobby-Küchen und neuerdings auch in den Supermarktregalen. Dabei wird oft mit seinen gesundheitsfördernden Potenzialen geworben – doch was hat es damit auf sich?
Fermentiertes Superfood?
Ob Bier, Sojasauce, Käse, Joghurt oder Essig: Wir alle nehmen in unserem Alltag mit großer Wahrscheinlichkeit mehr fermentierte Lebensmittel zu uns, als uns bewusst ist. Viele versprechen sich dabei einen Gesundheitsnutzen durch das Essen von lebenden Bakterien. Sie sollen die Darmflora bereichern, das Immunsystem stärken, Allergien vorbeugen und die Verdauung unterstützen. Ob die Bakterien aus fermentierter Nahrung sich tatsächlich im Darm ansiedeln können und was sie genau bewirken, weiß man jedoch nicht so genau. Hier steckt die Forschung noch in den Kinderschuhen. Eine Studie aus dem British Journal of Nutrition sowie die Forschungsergebnisse schwedischer Wissenschaftler:innen deuten jedoch auf eine positive Wirkung fermentierter Milchprodukte wie Joghurt auf den Blutdruck und das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen hin. Trotzdem kann man nicht zu 100 Prozent nachweisen, ob tatsächlich Fermentiertes dafür verantwortlich ist, oder andere Ernährungs- oder Lebensstilfaktoren. Aus diesem Grund dürfen fermentierte Produkte offiziell auch nicht mit Gesundheits-Claims beworben werden.
So funktioniert die Fermentation
Trotz der noch dünnen Forschungsergebnisse lässt sich sagen: Fermentierte Lebensmittel sind reich an Vitaminen und Ballaststoffen – und reduzieren durch ihre konservierenden Eigenschaften die Lebensmittelverschwendung. Wie das funktioniert? Bei nahezu allen Lebensmitteln befinden sich Milchsäurebakterien und Hefen auf der Oberfläche. Werden diese luftdicht verschlossen, verwandeln sie die Inhaltsstoffe eines Lebensmittels, indem die Mikroben Zuckermoleküle oder Eiweiß aufnehmen und umbauen. Dabei wird Milch- oder Essigsäure, Kohlendioxid oder Alkohol ausgeschieden. Dadurch verändert sich nicht nur der Geschmack des Lebensmittels erheblich, sondern auch Optik und Textur. Mikroben wie Milchsäurebakterien lockern nämlich die Zellwände von Gemüse auf, was beispielsweise Kohl oder Bohnen besser verträglich macht. Weil im Fermentationsprozess die Proteine bereits zerlegt werden, wird das Essen sozusagen „vorverdaut“. So wird es bekömmlicher für die menschliche Verdauung. Das kommt beispielsweise Laktose-intoleranten Menschen zugute, weil fermentierte Milch in Form von Joghurt weniger Laktose beinhaltet.
Zuhause Gemüse fermentieren: So geht’s
Es lassen sich fast alle Gemüsesorten fermentieren. Für Anfänger:innen eignen sich jedoch am besten solche mit geringem Wassergehalt, wie Kohl, Karotten oder Bohnen. Im Gegensatz zu wasserreichen Gurken oder Tomaten werden diese nicht so schnell matschig. Am besten zu Obst und Gemüse aus biologischem Anbau greifen, da sich hier mehr natürliche Milchsäurebakterien befinden, als auf konventionellen Produkten.
- Zuerst Einmachgläser sterilisieren. Gläser und Deckel am besten in einem großen Topf mit Wasser circa 3 Minuten kochen und dann vollständig abkühlen lassen.
- Gemüse reiben oder in die gewünschte Form schneiden. In eine große Schüssel geben und Meersalz hinzufügen (auf 1 Kilogramm Gemüse kommen circa 20 Gramm Salz). Mit den Händen gut durchkneten, bis Flüssigkeit austritt.
- In die Gläser füllen (maximal zu ¾ vollmachen) und mit den Händen nach unten pressen.
- Falls das Gemüse nicht vollständig von der eigenen Flüssigkeit bedeckt ist, mit Lake auffüllen. Es sollte komplett mit Wasser bedeckt sein. Auf 1 Liter Wasser kommen 20 Gramm Salz – so entsteht eine 2 %-ige Lake.
- Die Gläser so verschließen, sodass die entstehenden Gase entweichen können und bei Raumtemperatur bis zu 14 Tage fermentieren lassen.
- In den ersten Tagen täglich entlüften und das Gemüse immer wieder nach unten pressen.
- Nach 10 bis 14 Tagen eine Kostprobe nehmen und danach weiter im Kühlschrank aufbewahren. Das Ferment wird sich auch im Kühlschrank noch ein wenig weiterentwickeln, ist aber im Normalfall bis zu 6 Monate haltbar. Unbedingt darauf achten, dass der Glasrand sauber bleibt und das Gemüse mit Flüssigkeit bedeckt ist. Sollte das Gemüse faulen oder ungenießbar werden, merkt man dies sofort am Geruch.
Tipps: So gelingt dein Fermentiertes
Sauberes Arbeiten ist beim Fermentieren das A und O. Bei verschmutzten Händen oder Gläsern wird das Gemüse schnell faulig oder schimmlig. Dasselbe kann passieren, wenn es nicht luftdicht unter der Salzlake bedeckt oder die Umgebungstemperatur zu hoch ist (über 30 Grad Celsius). Bei 20 Grad fühlen sich Milchsäurebakterien während des Fermentationsprozesses am wohlsten. Erst, wenn er abklingt, kann man das noch geschlossene Gefäß im kühleren Keller lagern. Sollte sich der Deckel wölben, ist das ein Zeichen dafür, dass der Deckel zu fest zugedreht ist und die Gase nicht entweichen können. Hier hilft regelmäßiges entlüften oder lockern des Deckels.
Für alle, die sich noch näher mit der Kunst der Fermentation auseinandersetzen möchten, empfehlen wir das Buch „Fermentieren“ von Antje de Vries und Anne-Cathrine Preißer. Um € 35 € über den Teubner Verlag.
Titelbild: Broke Lark via Unsplash