Der Salone del Mobile ist eine bedeutende internationale Möbelmesse, die jährlich in Mailand, Italien, stattfindet. Sie wurde erstmals 1961 ins Leben gerufen und hat sich seitdem zu einer der wichtigsten Messen der Möbel- und Einrichtungsbranche entwickelt. Die Messe zieht jedes Jahr tausende von Ausstellern aus der ganzen Welt an, darunter namhafte Designer und große Möbelmarken. Sie präsentieren ihre neuesten Kollektionen und Designinnovationen. Aber auch viele neue und kleine Marken, die ihre Innovationen präsentieren. Zusätzlich findet in ganz Mailand die Design Week statt, auch genannt Fuorisalone: Mode- und Designmarken zeigen Installationen und es gib verschiedene kreative Design-Events. Der Salone del Mobile gilt als Trendsetter und wichtige Plattform für neue Designs, Materialien und Techniken in der Möbel- und Einrichtungsindustrie. Und als Fokuspunkt für nachhaltige Innovation! Wir zeigen unsere Highlights des Salone del Mobile 2024.
1. Innovative Materialien
Der Salone del Mobile 2024 in Mailand präsentierte eine Vielfalt an Materialien, die das Potenzial haben, die Zukunft des Designs und der Innenarchitektur zu revolutionieren. Von nachhaltigen, umweltfreundlichen Werkstoffen bis hin zu hochmodernen, technologisch fortschrittlichen Materialien bot die Messe eine Plattform für bahnbrechende Innovationen.
A – Raytent
Raytent ist italienisches ein Green-Economy-Projekt, das auf dem Recycling von Acrylgewebe aus der Markisenindustrie basiert. Es zielt darauf ab, hochwertige Garne für Einrichtung, Sonnenschutz, Mode und Industrie herzustellen. Raytent-Acrylgarn wird zu 50 % aus recycelten Fasern hergestellt. Das Verfahren verbraucht weniger Wasser und Chemikalien, stößt weniger CO2 aus und verlängert die Nutzung natürlicher Ressourcen.
B – Shell Homage
Shell Homage ist ein Projekt der Produktdesignerin Rania Elkalla. Ziel ist es, funktionale und nachhaltige Produkte zu schaffen, die ein Leben lang halten und vollständig biologisch abbaubar sein sollen. Die Kunststoffe basieren auf natürlichen Füllstoffen wie Eiern und verschiedenen Nussschalen und werden ohne giftige Chemikalien hergestellt. Die Produkte können im Garten kompostiert werden. Es ist die ultimative Lösung, um Interiorprodukte dem natürlichen Kreislauf zurückzuführen, anstatt sie jahrelang zu lagern oder Plastik zu verwenden, das nicht abgebaut werden kann.
C – Fermob
Fermob ist als französischer Hersteller von Outdoormöbeln bekannt. Metall ist der grundlegende Rohstoff der Fermob-Möbel. In Form von Stahl oder Aluminium ist es eines der wenigen Materialien, für die weltweit organisierte, wirtschaftlich sinnvolle Recyclingkreisläufe existieren. 98 % der Metalle werden global effektiv recycelt. So kann Fermob garantieren, dass die Möbel recycelt werden können und auch recycelt werden. Auch die eingesetzte Pulverbeschichtung ist 100 % recycelbar und recycelt und sind umweltfreundlich und nicht gesundheitsschädlich. Der Lack besitzt einen UV-Schutz, um die lange Lebensdauer der Outdoormöbel zu garantieren. Kratzer können leicht von zu Hause aus repariert werden.
2. Freifrau – Regionale Manufaktur
Die DNA von Freifrau
Birgit Hoffmann und Christoph Kahleyss sind seit der Gründung 2011 von Freifrau dabei. „Jörg Helweg hat uns gefragt, ob wir die Art Direktion übernehmen könnten, somit waren wir die Designer der ersten Stunde“, erzählt Birgit Hoffmann. Zusammen mit Christoph Kahleyss führt sie das Designbüro Hoffmann Kahleyss Design. Ihre Design DNA gehört unmissverständlich zu der von Freifrau. Die ursprüngliche Idee war, eine Möbelfirma zu Gründen, die sowohl Frauen als Zielgruppe hat sowie in der Frauen als Designer und Art Direktoren tätig werden.
Die Designs von Freifrau haben eine elegante Ausstrahlung, Sinnlichkeit und einen Bezug zur Mode: Die Möbelstücke haben besondere Details, seien es Nähte oder wie bei dem Stuhl „Marie“ die Schnalle im Rücken, wo der Bügel die Funktion eines Gürtels übernimmt. „Auf Leya sind wir besonders stolz“, gibt Christoph Kahleyss preis. „Es war unser zweiter Entwurf. Aus dem Grund, weil er anfangs überhaupt nicht angenommen wurde und sich erst nach 2 Jahren entwickelt und etabliert hat. Wir haben mit Falten und weicher Polsterung gespielt, was neu war zu der Zeit. Heute ist daraus eine große Familie entstanden mit Sesseln, Sofas und Outdoor. Das ist für uns ein gutes Zeichen für innovatives Design, wenn sich die Leute erst einmal daran gewöhnen müssen.“
Regional produziert
Freifrau produziert regional und auch nur in Deutschland. Die Polsterei befindet sich im ostwestfälischen Lemgo. Lediglich einige Zulieferer kommen aus Italien. Die Hauptmaterialien kommen aus der näheren Umgebung, die Stoffe kommen auch zum Großteil aus Deutschland und werden hier genäht und gepolstert. Die Hauptmaterialien sind Metall und Holz, die gut recycelbar sind. Die einzige Problematik in Sachen Umweltfreundlichkeit ist der Schaumstoff, da es die nachhaltigen Schäume oftmals von der Qualität her noch nicht kaufbar gibt, damit sie den Ansprüchen von Freifrau gerecht werden. Andernfalls zerfallen und zerbröseln sie schon nach wenigen Jahren und verringern die Langlebigkeit des Möbelstücks erheblich. Hier bedarf es noch an Materialinnovation.
Ein langes Leben & danach
Langlebigkeit ergibt jedoch sich auch durch die Aktualität des Entwurfs. „Wenn man Materialien hat, die 10 oder 20 Jahre halten und der Entwurf gefällt nach 5 Jahren nicht mehr und man würde den Stuhl am liebsten wegwerfen, ist auch nicht geholfen. Die Devise lautet, ein Design zu kreieren, das nicht zu besonders ist aber schon auch eigenständig, sodass Menschen lange Spaß daran haben. Das ist für uns ein großer Anteil einer nachhaltigen Denkweise im Design“, erläutert Cristoph Kahleyss.
„Beim Stuhl „Marie“ haben wir die Möglichkeit gegeben, die Stoffbezüge auszutauschen“, erklärt Birgit Hoffmann. „Durch einen simplen Aufbau und einen Lederbezug mit Reißverschluss ist dies möglich, ohne dass man etwas komplett auseinander bauen muss. Das ist jedoch ein anspruchsvoller Prozess, den kein Laie zu Hause machen kann. Wenn das Möbelstück reparaturbedürftig ist oder neu bezogen werden soll, kann es in die Manufaktur geschickt werden, wo es vor Ort von Experten repariert wird. Das „End of Life“ ist dabei schon im Design des Produktes mitgedacht. Dazu gehört, dass man die Einzelteile einfacher voneinander trennen kann und dass sie nicht miteinander verklebt sind.“
3. Wittmann – Langlebigkeit und Reparaturservice
Wittmann ist eine renommierte österreichische Möbelmarke, die für ihre hohe Qualität und ihr exquisites Design bekannt ist. Seit ihrer Gründung im Jahr 1896 hat sich Wittmann einen Namen gemacht, indem sie traditionelle Handwerkskunst mit modernem Design verbindet. Wittmann ist eine Firma mit einer großen Geschichte und eine Erfahrung von über 125 Jahren im Bereich Sitzkomfort, mit einer sehr traditionellen Art und Weise, Sitzkomfort aufzubauen. Sie nutzen nach wie vor Metallfedern, wie bei Matratzen. Die Marke arbeitet eng mit bekannten Designern wie Paolo Piva, Jaime Hayon und Sebastian Herkner zusammen, um zeitlose und gleichzeitig innovative Möbelstücke zu schaffen. Die Produkte von Wittmann zeichnen sich durch ihre langlebigen Materialien, sorgfältige Verarbeitung und ästhetische Eleganz aus, die sowohl in privaten Wohnräumen als auch in gehobenen öffentlichen Einrichtungen geschätzt werden.
MORTON Serie | Sebastian Herkner
Sebastian Herkner designt schon um die fünf Jahre bei Wittmann. Im Interview sitzen wir auf der neuen MORTON Serie, die aus Stuhl, kompaktem Loungesessel und Fine Dining Stuhl besteht. Markantes Merkmal der Serie ist die präzise gezeichnete, zweiteilige Rückenpolsterung, die den Körper sanft umschliesst und zusammen mit der flexiblen Rückenlehne höchsten Sitzkomfort bietet. Sebastian Herkner’s eigene Handschrift ist geprägt vom Handwerk: „Ich habe in Offenburg studiert, wo Lederhandwerk einst eine große Rolle spielte, heute aber fast verschwunden ist“, erklärt Herkner. „So hat die Stadt ein Teil ihrer Identität verloren. Da ist mir bewusst geworden, wie wichtig das Handwerk für unsere Gesellschaft ist. Deswegen ist mein Fokus, traditionelles Handwerk mit Technologie zu verknüpfen und somit Innovation und Tradition zu vereinen. Das passt bei Wittmann sehr gut.“
Die DNA von Sebastian Herkner und Wittmann vereint sich in der Hingabe und Leidenschaft für Materialität, für Farbe, für Materialkombinationen, für das Handwerk und Qualität. Die Sitzbezüge werden alle handgenäht und viele Arbeitsstunden fließen in jedes Produkt. Am wichtigsten ist die Qualität, die Langlebigkeit sicherstellen soll. Wittmann ist eine Manufaktur und produziert Inhaus, was bedeutet dass der Service der Reparatur und Aufbereitung enthalten ist. So kann ein Möbelstück Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte überdauern.
4. AI als Tool im Design
Künstliche Intelligenz (KI) oder auch Artificial Intelligence (AI) ist in aller Munde. Die Algorithmen, auf denen diese Technologien basieren, sind oft auf bestehende Daten und Muster angewiesen, was dazu führen kann, dass innovative und unkonventionelle Designs weniger berücksichtigt werden. KI bringt Chancen, aber auch Herausforderungen bringen. Viel wurde davon gesprochen, dass kreative Berufe potenziell mit KI ersetzt werden. Kritiker argumentieren, dass das Interiordesign, das stark von persönlichen und kulturellen Nuancen geprägt ist, durch die Standardisierung und Automatisierung durch KI an Tiefe und Authentizität verlieren könnte. Wir haben drei Designer zum Thema AI im Design befragt.
3 Designer über KI im Design
Sebastian Herkner: „Artificial Intelligence ist ein Werkzeug, dass wir zum Teil auch nutzen, aber nicht so, dass es uns den kompletten Entwurf gestaltet. Wir nutzen es vielmehr zur Recherche, um eine Idee, die wir haben zu visualisieren, oder zu prüfen ob es etwas ähnliches schon gibt. Design hat etwas mit Kommunikation zu tun und mit dem direkten Erleben und Begreifen, und das kann uns künstliche Intelligenz bisher noch nicht bieten.“
Birgit Hoffmann: „Es entwickelt sich sehr schnell. Ich würde es als Inspirationsquelle nutzen, wenn uns die Inspiration fehlt. Im Moment sehe ich da aber keinen Bedarf. Wir machen Möbeldesign für eine spezielle Firma mit speziellen Bedürfnissen. Das kann die AI bis jetzt noch nicht wissen. Design ist ein langer Prozess, von dem ein teil zwar Idee und Inspiration ist, der viel größere Teil jedoch daran zu arbeiten und zu feilen.“
Christoph Kahleyss: „Es ist ein zusätzliches Werkzeug, aber es wird in nächster Zeit keinen Designer ersetzen, der einen Stuhl von A bis Z entwerfen und entwickeln kann. Ein Stuhl hat eine Seele und ist mehr als ein Objekt, zwischen Kunstwerk und Skulptur. Ich denke, für die Menschen ist es immernoch wichtig zu wissen, wer hinter dem Produkt steht. Deswegen baue ich darauf, dass weiterhin die persönliche Note zählt und den Maßstab angibt.“
Titelbild: Foto © Martin Hass
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