Süße Nusscreme, ein Snack zwischendurch oder verarbeitet im Kuchen: Die Haselnuss ist vielseitig und deren Anbau hat eine lange Tradition in Italien. Aber wie wird so eine Haselnuss eigentlich angebaut? Zu Besuch auf einer Haselnussfarm.
Dünne Nebelschwaden ziehen über die trockenen Hügel der Toskana. Hier in Orbetello fühlt es sich Anfang September noch an wie im Hochsommer. Mücken schwirren über den trockenen Boden auf der Suche nach Tauwasser. Der Blick schweift von den höchst gelegenen Hügeln hinab auf die weitläufigen Felder. Dort wachsen pro Hektar 500 Hasenusssträucher. Vier Meter Abstand zur nächsten Pflanze, fünf zur nächsten Reihe. Weil die Haselnuss nur etwa 60 Zentimeter tief, dafür aber breit wurzelt, braucht sie viel Platz. „Die Haselnuss mag es warm, trocken und vor allem sehr sonnig. Bei zu viel Schatten bleiben die Nüsse eher klein. Nur im Winter darf es gerne kühl werden“, erzählt Maurizio Furlan. Der Agraringenieur arbeitet für den Süßgebäckhersteller Loacker und überwacht dessen Plantagen in Orbetello auf einer Fläche von gut 200 Hektar. Er führt uns über die Plantagen und erzählt uns die Geschichte der Haselnuss.
Wie alles begann
Erst seit zehn Jahren kultiviert Loacker die Haselnuss in Orbetello. Ursprünglich kommt sie von der Schwarzmeerküste in der Türkei. Erst über die Jahrhunderte breitete sie sich durch Reisende über den Mittelmeerraum aus. Die größten Anbaugebiete liegen heute in der Türkei, Frankreich, Italien, Spanien und Griechenland. Kleinere Gebiete sind etwa Chile, Georgien, Aserbaidschan, Österreich oder Deutschland. Mit Abstand kommt die größte Menge aber aus der Türkei. 2022 wurden knapp 52.000 Tonnen nach Deutschland exportiert. Italien steht an zweiter Stelle mit gut 10.000 Tonnen Exportmenge.
Der Anbau in Italien war allerdings nicht immer einfach, erzählt Maurizio Forlan: „Aufgrund von klimatischen Herausforderungen hatten wir vor über zehn Jahren einen großen Mangel an italienischen Haselnüssen auf dem Markt. Ein Jahr war Frost, die Jahre danach war es trocken und daher für uns schwierig, die richtige Qualität zu bekommen. Aus diesem Grund haben wir „Noccioleti Italiani“, unser eigenes Projekt in der Toskana, ins Leben gerufen.“ Über 200 Vertragsbauern arbeiten heute für Loacker und bewirtschaften die Felder selbst.
Monokultur möglichst nachhaltig
Die Region um Orbetello eignet sich eigentlich gut für den Haselnussanbau, wären da nicht die fehlenden Niederschläge im Sommer. „Die Haselnuss mag es trocken, sie braucht aber regelmäßige Niederschläge über das ganze Jahr verteilt. Hier regnet es genug, allerdings nur von Oktober bis April“, erzählt Maurizio Furlan. In der Trockenzeit werden die Pflanzen unterirdisch bewässert. Dafür wird Regenwasser in einem Speicherbecken gesammelt und bedarfsgerecht unterirdisch und ausschließlich mit Strom aus einer Solaranlage zu den Pflanzen gepumpt. „Das funktioniert automatisch. Sensoren melden, wenn die Pflanze Wasser benötigt, erst dann wird bewässert. Dadurch und durch die unterirdische Bewässerung verschwenden wir kein Wasser oder pumpen wertvolles Grundwasser für die Pflanzen ab“, erklärt Maurizio Furlan. Gegenüber oberirdischer Tröpfchenbewässerung spart man so etwa 30 Prozent Wasser, das ansonsten verdampfen würde. Erst nach gut 20 Jahren müssen die Schläuche erneuert werden.
Die Bauern in Orbetello pflücken die Nuss nicht vom Strauch, sondern warten, bis sie Im September und Oktober von selbst herunterfällt. Dann ist sie reif und die Schale resistent genug gegen Pilze. Eine große Maschine fährt dann wie ein Staubsauer durch die Reihen und sammelt alle Nüsse auf. Nachdem sie gereinigt und getrocknet sind, geht es ins Landesinnere nach Viterbo. Dort werden die Nüsse geschält und für den weiteren Transport vorbereitet. Die harte Schale landet übrigens nicht im Müll, sondern in einem Heizkraftwerk in Viterbo, wo die Schalen als Brennstoff genutzt werden. Die Nuss selbst kommt bei Loacker ins Nussmus ohne oder mit Schale oder dient als Creme für Waffeln und Kekse.
Ein langer Prozess
Gut sechs Jahre dauerte es, ehe Maurizio Furlan und die Bauern wussten, welche Haselnusssorten hier in Orbetello am besten wachsen. Nicht der Boden wurde an die Pflanzen angepasst, sondern es wurde das gepflanzt, was am besten wächst. Pestizide kommen nicht zum Einsatz. Dafür nutzt man die Kraft der Sonne, sammelt Regenwasser. Der Anbau ist ein Versuch, Monokultur möglichst nachhaltig zu gestalten. Weil die Haselnusssträucher Trockenheit gut aushalten, sind sie ein wichtiger Wirtschaftszweig in der Toskana. „In Zeiten des Klimawandels könnte ich mir vorstellen, dass immer mehr Bauern auf die Haselnuss umsteigen. Im Gegensatz zu gängigen Ackerpflanzen wäre sie gegen immer wärmere und trockenere Zeiten extrem standhaft, meint Maurizio Furlan.
Wissenswertes zur Haselnuss:
Haselnusssträucher sind zweihäusig. An jedem Gehölz befinden sich männliche und weibliche Blüten. Die männlichen beginnen sich bereits im Herbst des Vorjahres zu bilden und erscheinen dann im Januar in Form von gelb-grünen Trieben, die paarweise etwa acht Zentimeter herabhängen. Bis zu zwei Millionen Blütenpollen befinden sich darin. Die weiblichen Blüten sind dagegen eher unscheinbar. Weil die kleinen Knospen keinen Nektar enthalten, interessieren sich Insekten nicht dafür. Die männlichen Pollen stellen dagegen eine der ersten Nahrungsquellen für Insekten dar. Der Wind bringt sie in Bewegung und sie bestäuben die weiblichen Blüten.
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