„Als ich das erste Mal eine frisch gelieferte herkömmliche Stoffrolle auspackte, nahm mir der giftige Gestank die Luft zum Atmen”, erzählt Caroline Raffauf, “Ich wusste sofort, dass ich das weder der Umwelt noch den Menschen zumuten möchte, die meine Kleidung auf ihrer Haut tragen.“ An diesen Schlüsselmoment während ihres Studiums erinnert sich Caroline genau. Kurz danach gründete sie ihr gleichnamiges Label mit dem Ziel, die Modewelt nachhaltiger zu gestalten.
Man könnte Caroline Raffauf eine Pionierin der Nachhaltigkeitsbewegung nennen: Ende der 80er Jahre studierte sie Modedesign in Paris und Frankreich und kreierte schon damals ihre eigenen Kollektionen. Während andere den Blick auf schnelllebige Mode richteten, wurde ihr schnell bewusst, dass sie nicht auf diesen Zug aufspringen möchte. Stattdessen entschloss sie sich schon früh, künftig nur nachhaltige Kleidung zu entwerfen.
Im Fokus der Westfälin lagen fortan natürliche Materialien sowie eine nachhaltige Produktionskette. Seit über 30 Jahren verfolgt sie dieses Ziel. Auch die Schnitte spiegeln das Naturerlebnis wieder: Raffauf setzt auf Mäntel und Jacken mit zeitlosen Schnitten, hochwertiger Verarbeitung und kleinen, raffinierten Details. Die Farben sind pur, meistens an erdige Töne angelehnt.
Neue Sommerkollektion, alte Materialien
Die neue Kollektion des Berliner Labels besteht aus recycelten PET-Flaschen. Nachhaltiger wäre es natürlich, das Plastik gar nicht erst entstehen zu lassen, meint Raffauf. Da das aber unmöglich ist, möchte sie mit ihrer Mode zumindest die Lebensdauer des Abfallstoffes verlängern und in die Kleidung einarbeiten. Dafür werden die Flaschen gereinigt, zerkleinert und eingeschmolzen. Daraus entstehen feine Polyesterfasern, die zu Fäden gesponnen werden. Diese werden dann ohne Schwermetalle gefärbt und zu Stoff verarbeitet. Dafür braucht es natürlich wieder Energie, sowohl für die Produktion als auch den Vertrieb. Allerdings ist es immer noch besser, als ganz neue Materialien herzustellen. Aus den PET-Flaschen entstanden so schmale Parkas mit Kapuzen sowie weite Trenchcoats mit Schalkragen. Die Kleidung ist winddicht, wasserabweisend und ganz leicht. Das heißt, man kann sie ideal auf Reisen mitnehmen, da sie wenig Platz brauchen.
„Das Material, das wir verwenden, verbraucht in der Produktion 60 Prozent weniger Energie und über 90 Prozent weniger Wasser als herkömmliches Polyester. So reduziert sich der CO2-Ausstoß um 30 Prozent. Da der Stoff komplett aus recycelten PET-Flaschen besteht, ist er am Ende des Produktlebenszyklus wieder recyclebar. Das ist für uns ein besonders wichtiger Aspekt in der Materialauswahl. Die Modeindustrie produziert jährlich etwa 92 Millionen Tonnen Müll. Um diese Zahl zu reduzieren, denken wir die Problematik schon im Designprozess mit“, erzählt Caroline Raffauf.
Imprägnierung aus Getreideabfällen
Sonst verwendet Caroline für ihre Kollektionen Bio-Baumwolle, vor Wasser und Schmutz schützt Bienenwachs. Seit kurzem experimentiert die Designerin auch mit Getreideabfällen. Um Mehl zu gewinnen, trennt man das Korn von der Schale. Aus der Schale entstehen dann Kleie und Öle. Dabei bleibt eine wachsartige Substanz übrig, die normalerweise im Abfall landet, weil es als Rohmaterial kaum verwendbar ist. Wenn man es erhitzt, schmilzt es. Zusammen mit schadstofffreien Tensiden entsteht daraus eine homogene Flüssigkeit, mit der man perfekt Kleidung imprägnieren kann.
Die Materialien stehen also nicht in Konkurrenz zu Nahrungsmitteln. Außerdem ist es ein natürliches Material, das immer wieder nachwächst. Der natürliche Schutz aus 90 Prozent recycelten, biologischen Stoffen macht die Kleidung resistent gegen wasserbasierte Flüssigkeiten wie Tee oder auch Fruchtsäfte.
Für die aktuelle Kollektion wird die Imprägnierung auf Leinen aufgetragen. Künftig soll es auch bei Bio-Baumwolle und recycelten Naturfasern eingesetzt werden.
Weitere Infos gibt es auf der Homepage von Raffauf.