„Representation matters“ schallt es immer wieder aus Social-Media-Kanälen der Modeindustrie. Die Modewelt muss inklusiver werden, da scheint man sich einig zu sein. Doch wenn es um die tatsächliche Umsetzung dieser Maxime geht, hapert es noch an allen möglichen Stellen. Eine passende Modelagentur, die die Bedürfnisse der LGBTQIA+-Gemeinde repräsentiert, gab es beispielsweise bislang nicht – bis Cora Hamilton und Max Weiland kamen.
Creative Director Cora (they/them) kommt aus der Musikszene sowie der Fotografie. CEO Max (they/he) sammelte mit Mitte 20 selbst Erfahrung als Model. Im Jahr 2020, während die meisten Menschen mit Bananenbrot experimentierten, starteten die beiden mit uns* die erste Model- und Talentagentur ihrer Art. „Als wir mit der Idee spielten, war unser Ziel, eine vermittelnde Brücke zwischen Model und Kundschaft zu schaffen. Durch die Models wurde uns aber bald klar, wie dringend diese Agentur gebraucht wird und dass dies viel größer werden wird als gedacht“, sagen die beiden. „Wir wollten jenen helfen, denen der Zugang in die Industrie bisher verwehrt wurde. So viel Talent wird einfach übersehen.“
Ein sicherer Ort für alle
Die Berliner Agentur will außerdem dazu beitragen, dass wir uns von schädlichen, veralteten Schönheitsnormen abwenden. Dazu gehören Dünnsein, Weißsein oder Geschlechternormen. Die beiden Gründer*innen sind sich einig: Es gibt immer noch zu wenig Bewusstsein für die Realitäten von queeren Menschen. In den Teams gibt es selten LGBTQIA+-Personen, die an der Kampagnengestaltung mitarbeiten, sich um Outfits kümmern oder den Produktionsplan gestalten. So bleiben die erzählten Geschichten oft unauthentisch und die Sets werden zu einem diskriminierenden Ort.
Kommen Buchungen und Castings, hinterfragt uns* bestehende Prozesse und schafft damit nicht nur fairere, sondern auch sichere Arbeitsbedingungen. „Dass die Leute am Set nicht die passenden Pronomen der Models kennen, ist nur die Spitze des Eisberges“, erzählt Cora Hamilton. „Es gibt viele Mikroaggressionen, aber auch tiefsitzende Vorurteile und Nichtwissen. Wir müssen deshalb immer wieder in die Konversation gehen und aufklären. Das muss nicht immer schwierig sein, kann es aber. Wenn eine Kundschaft beispielsweise Transmodels für die Kampagne sucht und uns dann ein Moodboard voller Dragqueens sendet“, erklärt Cora.
uns* klärt auf
Positive Veränderung muss also nicht nur vor, sondern auch hinter der Kamera passieren. „Wir merken definitiv, wenn jemand wirklich gute Absichten hat oder nur sogenanntes Woke-Washing betreibt“, fügt Max hinzu. „Wenn wir die Kundschaft nämlich aufklären und nie wieder Rückmeldung bekommen, war man offensichtlich nicht wirklich daran interessiert.“ Erfolgreiche Kooperationen mit heimischen Unternehmen wie Otto und The Female Company, aber auch mit Branchenriesen wie Adidas oder Adobe zeigen, dass Nachfrage definitiv vorhanden ist.
Uns* ist ein Vorstoß für eine Zukunft in Mode und Medien, die so reich an Vielfalt und Repräsentation ist, dass jeder Körper gesehen, einbezogen und gefeiert wird. Man arbeitet zusammen, nicht füreinander. Oder wie Co-Founder Cora es formuliert: „Fuck the fashion fantasy, lasst uns endlich tun, was gut für die Menschen dahinter ist!“