Wo lässt es sich besser entspannen, als in den Bergen? Und dann auch noch bei Yoga- und Meditationseinheiten, mit gutem Essen und tollen Menschen? Was nach dem ultimativen Traum für alle Yogis und alle die es noch werden wollen klingt, findet jedes Jahr auf 1.800 Höhenmeter in St. Anton in Tirol statt: Das Mountain Yoga Festival. Wir waren dieses Jahr für euch dabei und haben unter anderem mit Ernährungsexpertin Sonja Stampfer darüber geplaudert, was Yoga mit der Verdauung zu tun hat und warum Frauen ganz besonders von der indischen Bewegungslehre profitieren.
Mountain Yoga Festival: Yoga, Meditation, Ayurveda & neues Wissen
Beim Yoga lernt man eigentlich nie aus. Und überhaupt: Die uralte Lehre aus Indien beinhaltet so viel mehr als „nur“ die klassischen Bewegungsabfolgen aus den sogenannten Asanas. Von Atemtechniken über ayurvedische Ernährungskunde und einem achtsamen Umgang mit sich selbst und anderen gibt es für fast alle noch etwas dazuzulernen. Beim jährlich stattfindenden Mountain Yoga Festival in St. Anton finden neben Entspannung, Genuss und Bewegung auch lehrreiche Workshops und Talks mit Expert*innen Platz. Für zuhause bleibt somit nicht nur der Muskelkater nach Wanderungen und Yogaeinheiten, sondern vor allem neue Eindrücke und neu erworbenes Wissen, dass sich ganz leicht in den Alltag integrieren lässt.
Nach einem morgendlichen Yoga-Hike in der Region Arlberg haben wir mit Gesundheitspädagogin, Ernährungsberaterin, Psychotherapeutin, Ayurveda-Expertin und ausgebildete Yogalehrerin Sonja Stampfer darüber gesprochen, was Yoga mit der Verdauung zu tun hat und wie man seine Yogapraxis nach dem Zyklus ausrichten kann.
FOGS: Sonja, du bist Ernährungsberaterin, Psychotherapeutin, Ayurveda-Expertin und forscht auch noch zu Frauengesundheit. Warum verknüpfst du genau diese Bereiche miteinander?
Ich selbst hatte früher während meiner Psychotherapie-Ausbildung lange mit einem Reizdarm zu kämpfen und habe ganz viel mit der Ernährung ausprobiert. Das Thema „Was macht die Psyche mit dem Körper und umkegehrt“ war für mich immer schon spannend – deshalb ist dann auch Ayurveda als ganzheitliches Konzept dazu gekommen. Dann fehlte nur noch der körperliche Aspekt. Yoga hat mich zwar immer schon begleitet, aber nie so fasziniert, dass ich eine Ausbildung machen wollte. Bis ich in eine Yin Yoga Stunde gegangen bin. Das war für mich total herausfordernd, ruhig sitzen zu bleiben und das auszuhalten – aber letztendlich habe dann tatsächlich zuerst die Yin Ausbildung gemacht und dann die Yoga Ausbildung. Dadurch bin ich natürlich mit vielen Frauen in Kontakt gekommen, die mir von ihren Beschwerden erzählt und Rat gesucht haben. So habe ich mir nach und nach einen ganzheitlichen Zugang zum Körper aufgebaut, der die Psyche, die Ernährung und Verdauung mit dem Thema Frauengesundheit verbindet.
FOGS: Was genau hat Yoga mit Verdauung zu tun?
Aus ayurvedischer Sicht spielt vor allem das Verdauungsfeuer eine große Rolle. Also alles, was das Verdauungsfeuer beruhigt, wie zum Beispiel eine gute Essensroutine und dazu ein ruhiges Mindset. Yoga kann dabei helfen, das Stresslevel zu reduzieren, vor allem Yin Yoga. Denn wenn ich beispielsweise unter einem Reizdarm leide, ist mein Stresslevel konstant hoch. Ich muss dauernd überlegen, wo die nächste Toilette ist, was ich essen kann, leide sogar unter Schmerzen. Yoga hilft uns vor allem durch seine speziellen Atemtechniken, Krämpfe zu lindern.
FOGS: Gibt es Übungen, die die Verdauung speziell anregen?
Du kannst natürlich durch Drehbewegungen die Verdauung fördern. Allerdings reicht es nicht, nur Verdauungsyoga zu machen und nicht auf den Wert der Ernährung zu schauen. Ich würde sagen, dass die Ernährungsgewohnheiten circa 80 Prozent einer gesunden Verdauung ausmachen. Man kann aber mit Verdauungsyoga den Körper bei seiner Verdauungsarbeit unterstützen: Leichte Drehsitze wirken beispielsweise sehr anregend. Man sollte auch darauf achten, nicht mit vollem Magen zu praktizieren. Nach der ayurvedischen Lehre kann man sich bei jeder Mahlzeit an die Faustregel halten: Eine Hand voll fester Nahrung, eine Hand voll Flüssigkeit und eine Hand voll Luft. Das heißt, dass man immer ein wenig Platz im Magen lassen und niemals bis zum Anschlag essen sollte. Am besten ist man eine bis zwei Stunden zwischen der letzten Mahlzeit und der Yogaeinheit nichts.
FOGS: Welche Parallelen gibt es zwischen dem Thema Frauengesundheit und Yoga?
Wir Frauen haben die Herausforderung, dass wir fast täglich einen anderen Hormonstatus haben. Da ist es immer gut zu schauen, was ich gerade brauche. Vielleicht etwas Forderndes oder doch etwas, das mich runterholt? Orientiere ich mich nach meinem Menstruationszyklus und dem gesamten Zyklus meines Lebens? In den Wechseljahren brauche ich wahrscheinlich etwas Anderes, als in den frühen Menstruationsjahren. Der Beckenboden ist eine weitere Herausforderung, die durch eine Schwangerschaft entstehen kann – den kann man aber durch Yoga ganz aktiv stärken. Grundsätzlich geht es bei Frauen und Yoga auch ganz viel um das Thema Loslassen: Wir sind andauernd so unter Strom und organisieren zwischen Job und Kindern und allem was noch dazugehört, dass es vielen schwer fällt, sich einfach mal die Zeit für sich selbst zu nehmen.
FOGS: Kann ich meine Yogapraxis auch an meinen Zyklus anpassen?
Das unterscheidet sich von Frau zu Frau, nicht jede hat die gleiche Periode. Aber: Ich selbst habe die Erfahrung gemacht, dass wenn ich kurz vor meiner Regelblutung Yoga praktiziere, ist es zwar anstrengender, ich habe dann während der Periode aber weniger Schmerzen. Wenn ich während der Regelblutung unter Krämpfen leide, finde ich Yin Yoga super, weil es entspannend und deshalb schmerzlindernd wirkt. Besonders aktive Stile wie Vinyasa oder Ashtanga würde ich eher vor oder nach der Blutung empfehlen.
Am Ende des Tages – und das finde ich beim Yoga so wichtig – zählt nicht, was die Expert*innen sagen. Sondern Yoga lehrt uns, auf den eigenen Körper zu schauen und in den eigenen Grenzen zu praktizieren. Und diese Grenzen sind nicht jeden Tag die gleichen, das Nervensystem ist nicht jeden Tag das gleiche. Innerhalb der Grenzen zu bleiben und nicht immer darüber hinaus zu schießen, wie wir es vielleicht im Alltag gewohnt sind, dieses Leben auf der Überholspur – das muss man im Yoga nicht leben.
Das nächste Mountain Yoga Festival findet von 1.-4. September 2022 statt.
Disclaimer: Die Redakteurin wurde im Rahmen einer Pressereise auf das Mountain Yoga Festival eingeladen.
Bildcredits: Sarah Hartl | FOGS MAGAZIN