Die Sängerin im FOGS-Interview über Green Living, ihr Schönheitsgeheimnis und die Gründe, weshalb Dankbarkeit die Welt verändern kann.
Birkenstocks sind längst ausgehfein, Bioläden sprießen wie Pilze aus dem Boden. Öko gilt als chic. Die neue Shopping-Plattform Green Window setzt genau auf diesen Trend. Und du bist nicht nur ihr neues Gesicht, sondern auch Teilhaberin. Wie kam es dazu?
NENA: Bei Green Window geht es um mehr als nur um Trends. Green Window hat das Potenzial, Menschen zu einem neuen, nachhaltigeren Kaufbewusstsein zu inspirieren. Und da ich selber gerne schöne Dinge kaufe und immer mehr darauf achte, wo und wie die Sachen hergestellt werden, freue ich mich, an dieser Plattform mitbauen zu dürfen.
Das Angebot auf Green Window reicht von der veganen Tasche aus Ananasleder über Naturkosmetik bis hin zum Fahrrad mit Bambusrahmen. In welchem Sortimentsbereich stöberst du am liebsten?
NENA: Zurzeit am liebsten im Bereich Kleidung. Ich liebe bequeme Sachen, die einen coolen Look haben und in puncto Herstellung und Material „sauber“ sind.
Hast du auch schon dein Lieblingsprodukt gefunden? Wenn ja, welches?
NENA: Ich finde ständig neue Lieblingsprodukte auf Green Window. Momentan ist es der Kolibri, ein Elektroroller, den man einfach an jeder Steckdose auftanken kann.
Viele Menschen leben immer bewusster, sehnen sich nach mehr Sicherheit und Geborgenheit. Was glaubst du, weshalb das so ist?
NENA: Es entspricht uns Menschen, bewusst und harmonisch mit uns und anderen zu leben. Wir erinnern uns wieder an diese Ursprünglichkeit und unsere Verbindung zum Universum. Wir wollen nicht mehr getrennt sein. Immer mehr Menschen erkennen, dass die Reise jetzt nach innen geht, weil dort unser wahres Zuhause und die wahre Geborgenheit liegen.
Wie umweltbewusst lebst du deinen Alltag?
NENA: Mit 20 habe ich angefangen, mich bewusster zu ernähren. Das war mein Einstieg. Seitdem haben sich über die Jahre auch viele andere Dinge für mich verändert. Veränderungen, mit denen man wächst und immer weiter aufwacht, machen Spaß und aktivieren kreative Energie. Es geht nicht darum, 100 % astrein zu sein und alles „richtig“ zu machen. Seien wir behutsam mit uns und unserem Aufwachen, formulieren wir für uns selbst klare Absichten, setzen wir die Dinge, von denen wir träumen, Schritt für Schritt in die Tat um und nehmen wie Veränderung in uns bewusst wahr – das ist meine Idee von Nachhaltigkeit.
Apropos Nachhaltigkeit – was kann jeder tun, um die Welt ein bisschen besser zu machen?
NENA: Ich nenne hier mal vier von tausend Möglichkeiten, die ein Mensch mit Sinn und Verstand easy umsetzen kann:
• Bei Einkäufen komplett auf Plastiktüten verzichten und nur noch eigene Stoffbeutel benutzen.
• „Normale“ Putz- und Waschmittel, also alles, was Mutter Erde nicht entspricht, entweder gar nicht mehr kaufen und konsequent auf umweltfreundliche Produkte umsteigen, oder mal was ganz Abgefahrenes probieren und zum Beispiel mit EM, mit effektiven Mikroorganismen, reinigen. Mache ich seit Jahren und bin begeistert.
• Tägliches Duschen muss nicht sein. Mit der „richtigen“ Innen- und Außenpflege reinigt sich ein Körper bzw. die Haut durchaus auch selbst. Duschen geht übrigens auch ohne Seife, da Wasser eine natürliche und stark reinigende Kraft hat. Haut liebt das! Wer auf Seifen und Duschgels nicht verzichten möchte, sollte sich zumindest an umweltfreundliche Produkte wagen. Die Auswahl ist groß und vielfältig.
• Mindestens einmal am Tag herzhaft lachen!!! Lachen entgiftet Körper, Herz und Geist und schafft eine „grüne“ Atmosphäre im gesamten Umfeld.
Vegetarisch, vegan oder doch mit Fleisch? Wie sieht dein Ernährungsplan aus?
NENA: Mein Vater war Vegetarier und meine Mutter hat deshalb dem Rest der Familie nur selten Fleisch angeboten. Richtig geflasht hat mich Fleisch nie und irgendwann einmal saß ich mit einer merkwürdigen Bratwurst auf meinem Teller auf einer Skihütte, als mein Freund mich ansah und sagte: „Sollen wir es nicht einfach lassen?“ Eine Sekunde später ließen wir beide unsere Gabeln fallen und mussten laut lachen. Seitdem ist der Fall für mich erledigt, das ist so ca. 30 Jahre her. 100 % vegetarisch bin ich nicht, ich esse hin und wieder Fisch. Für mich ist wichtig, bewusst und in Dankbarkeit zu essen und mich dabei nicht mit Schuldgefühlen zu beladen. Bedanken tue ich mich sowohl bei den Fischen, die ich manchmal esse, als auch bei den Pflanzen, die auch lebendige Wesen sind und empfinden. Das ist nachgewiesen, zum Beispiel von Cleve Backster.
Dein Garten: Picobello gepflegt oder eine Wildblumenwiese?
NENA: Eine Wildblumenwiese ist eine gesunde Lebensgemeinschaft, bestehend aus vielen verschiedenen Gräsern und Wildpflanzen, die Lebensraum für viele unterschiedliche Tiere bieten. Das nenne ich Ordnung und picobello gepflegt. Alles hängt mit allem zusammen. Die Natur zeigt uns, wie es geht, wir Menschen müssten nur mal hinschauen.
Traditionen und Familie gewinnen ja wieder mehr an Bedeutung – du hast ja auch eine Großfamilie. Wie ist das bei euch? Hilft man sich gegenseitig oder gibt es feste Rituale?
NENA: Jeder bei uns hat sein eigenes Universum, seine eigenen Vorlieben und Talente und es gibt auch jede Menge Schnittstellen, an denen wir alle zusammenkommen, gemeinsam an Projekten arbeiten, Geburtstage und Weihnachten feiern oder wie neulich die Einschulung von zwei meiner Enkelkinder, denn die nächste Generation ist bei uns ja auch schon am Start. In unserer Familie ist immer eine Menge los, meine Rollen sind dabei genauso vielfältig wie die der anderen. Wir unterstützen uns gegenseitig und die Kinder sind auch oft bei mir … nicht nur an Sonntagen.
Welche Werte sind dir wichtig?
NENA: Mitgefühl, Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft, das Gefühl von Zugehörigkeit und füreinander zu sorgen.
Was war das Wichtigste, das du deiner Meinung nach an deine Kinder weitergegeben hast?
NENA: Liebe.
Was macht einen „guten Menschen“ aus?
NENA: Ich glaube nicht an „schlechte“ Menschen. Im Kern sind wir gut, und alles, was von mitfühlend, liebevoll, friedlich, reflektierend, in einem Wort zusammengefasst: von der Liebe abweicht, sind niedrig schwingende Programme, die wir uns selbst geschaffen haben und die wir jederzeit umprogrammieren können. Ein schlichtes Danke ist ein großer Schritt in diese Richtung. Dankbarkeit verändert alles.
Was macht dich glücklich?
NENA: In der Dunkelheit sehen zu können macht mich glücklich.
Mit 56 kannst du immer noch mit den meisten 30-Jährigen konkurrieren. Verrätst du uns dein Schönheitsgeheimnis?
NENA: Also, was ist Schönheit …? Mit anderen zu konkurrieren macht auf jeden Fall hässlich. Jeder Mensch ist einzigartig und hat endlos viel Schönes zu geben. Warum aber denken wir überwiegend klein statt groß, finden uns schneller unansehnlich statt schön, reden lieber schlecht über andere, statt uns gegenseitig anzustrahlen, entscheiden uns bewusst, am Leben vorbeizuleben, statt es in vollen Zügen zu genießen? Wir sind auf Negativität konditioniert und kennen uns mit dem Unglücklichsein offenbar besser aus als mit dem Glücklichsein … da bleibt unserer Schönheit nicht viel Raum, sich zu entfalten. Schönheit kommt von innen, hat meine Omi oft gesagt. Und essen im Stehen macht dicke Beine, das hat sie auch gesagt, und das habe ich mir gemerkt. Vielleicht ist das mein „Geheimnis“.
Viele sind jahrelang auf der Suche nach sich selbst und finden sich trotzdem nie. Hast du einen Tipp, wie man es schafft?
NENA: Was sollten wir auf der Suche nach uns selbst denn am Ende finden, wenn es ein Ende gibt? Und ist dieses Ende dann das Ende deines Lebens, was ja praktisch in jeder Sekunde sein könnte …? Wir suchen und suchen und verpassen dabei wahrscheinlich das Wesentliche und auf einmal merken wir, dass wir vor lauter Suchen und Nichtfinden das tägliche Gold vor unseren Füßen gar nicht wahrnehmen. Das mit dem Nach-mir-selber-Suchen ist also nicht so mein Ding. Mich selbst erleben und mir dabei zuschauen, ja, 100 % wahrnehmen, atmen, lächeln, ja, meinen Mann immer wieder neu umarmen, ja … ich bin keine, die nach Gold gräbt, auf der Suche nach irgendwas. Es liegt ja alles schon bereit, wir müssen nur hinsehen. Und um den Blick dafür zu schärfen, kann ein Gänseblümchen eine echte Inspiration sein.
Unflexibler Unterricht, kein Eingehen auf die individuellen Fähigkeiten – war das eingefahrene deutsche Bildungsschema auch mit ein Grund, weshalb du eine Schule gegründet hast?
NENA: Bestimmt kennen viele den Song „Another brick in the wall“ von Pink Floyd aus dem Jahr 1979. Darin wird ein Schulsystem kritisiert, in dem die Schüler ohne Möglichkeit zur freien Entwicklung und Mitbestimmung von ihren Lehrern unterdrückt werden. Mittlerweile arbeiten viele Schulen offener und es wird versucht, sich an den Bedürfnissen der Kinder zu orientieren. Doch die Grundlagen des in Deutschland vorherrschenden Schulsystems stammen immer noch aus dem 18. Jahrhundert. Damals galt es, die jungen Menschen im Rahmen der Industrialisierung auf ein Erwachsenenleben am Fließband oder in der Armee vorzubereiten, was eine Art Schule notwendig machte, die auf Disziplin und Obrigkeitshörigkeit basierte. Heute sind allerdings ganz andere Fertigkeiten und Fähigkeiten gefragt und ein völlig neues Lebens- und Lernkonzept ist total überfällig. Wenn neun von zehn Kindern keinen Bock auf Schule haben, läuft doch etwas grundlegend schief. Kinder haben ein Grundrecht auf freie Entfaltung ihrer Fähigkeiten, so sehe ich das. Die Neue Schule Hamburg steht für einen solchen möglichen Wandel, betreibt wahrhaftige Pionierarbeit auf höchstem Niveau und kann inzwischen auch eine Inspiration für Menschen sein, die das Konzept Schule einfach anders leben wollen, vor allem für die Kinder.
Wenn du die Wahl hättest: lieber barfuß oder High Heels?
NENA: Zu Hause, in Urlauben und bei Freunden bin ich nur barfuß unterwegs. High Heels machen auch viel Spaß, so zwei bis drei Mal im Jahr.
Ente oder Tesla?
NENA: Früher Ente, ich hatte auch mal eine. Heute Tesla.
Algen oder Steak?
NENA: Algen.
Dein größter Wunsch für die Zukunft?
NENA: Ich wünsche mir, dass kein Kind mehr stirbt, weil es nichts zu essen hat! Es ist einfach krass, dass in unserer Welt Menschen verhungern und wir hier täglich und bewusst tonnenweise zu viele Nahrungsmittel produzieren, um das meiste davon wieder in den Müll zu schmeißen. Wie kann man, wenn man das weiß, noch in den Spiegel schauen, ohne sich zu fragen, was hier eigentlich komplett schiefläuft?
Foto: Philipp Rathmer