Die Haut spannt und fühlt sich trocken an, trotz reichhaltiger Pflege und teuren Cremes? Das Zauberwort bei Problemen wie diesem ist: Okklusion. Denn ist die Hautbarriere geschädigt oder verwendet man die falschen Pflegeprodukte, kann die benötigte Feuchtigkeit nicht gespeichert werden und entweicht. Was hinter diesem Wort steckt und wie man’s richtig macht, erklärt uns Ella Vey. Sie ist Make-Up Artist, Beauty Bloggerin, Content Creator und eine der jüngsten Kosmetikmeisterinnen Deutschlands. Da richtige Hautpflege viel mehr erfordert, als überteuerte Produkte und Social-Media-Trends, klärt Ella ihre Community regelmäßig via Instagram über Mythen auf und geht neuen Hypes auf den Grund. Mit ihrem Studio in Berlin erfüllte sie sich kürzlich einen lang gehegten Traum.
FOGS: Liebe Ella, was ist der Unterschied zwischen trockener und dehydrierter Haut?
Ella Vey: „Trockene Haut ist ein Hauttyp, der genetisch veranlagt ist und einfach zu wenig Talg produziert, weshalb die Haut trocken, spröde oder sogar rissig ist. Dehydrierte Haut ist ein Hautzustand, der von jedem Hauttypen entwickelt werden kann. Oftmals entsteht dehydrierte Haut durch eine gestörte Hautbarriere, bei der zu viel Wasser aus der Haut heraus verdunsten kann. Dehydrieren kann Haut aber auch durch falsche Pflege: Zu aggressive Reinigungsprodukte, Umwelteinflüsse wie Sonne oder sogar durch die Verwendung von zu heißem Wasser.“
FOGS: Wie sieht die Behandlung aus?
Ella Vey: „Milde Reinigungsmittel ohne Parfüm (Reinigungsöl,-milch oder -lotion) verwenden, Feuchtigkeit und Fette sind wichtig, genauso wie diese einzuschließen – das nennt man dann Okklusion. Inhaltsstoffe, die bei trockener Haut helfen, sind Hyaluronsäure, Ceramide, Urea, Squalane und Sheabutter.“
„Dehydrierte Haut behandelt man ähnlich: Feuchtigkeit spenden, die Hautbarriere aufbauen und stärken. Als Inhaltstsoffe eignen sich hier Niacinamide, Ceramide, Hyaluronsäure, Sorbitol, Glycerin oder Panthenol.“
FOGS: Stichwort Okklusion: Kann bei der Verwendung von reiner Hyaluronsäure etwas schiefgehen?
Ella Vey: „Hyaluronsäure ist ein sehr bekannter Inhaltsstoff mit toller Wirkung: Sie polstert auf, spendet Feuchtigkeit und lässt kleine Trockenheitsfältchen verschwinden. In der Anwendung kann man nicht allzu viel falsch machen. Wichtig ist, darauf zu achten, dass das Produkt gut formuliert ist. Am besten mit nieder- und hochmolekularer Hyaluronsäure, um auch tiefere Hautschichten ordentlich zu durchfeuchten. Es sollte auch ohne austrocknende Alkohole und Duftstoffe auskommen. Hyaluronsäure kann außerdem gut auf die feuchte Haut aufgetragen werden, da sie die Eigenschaft hat, Wasser an sich zu binden.“
FOGS: Kann man alle Pflegeprodukte auf die noch feuchte Haut auftragen?
Ella Vey: „Das kommt ganz auf die Produkte und Wirkstoffe an. Feuchte Haut ist etwas durchlässiger als trockene, das bedeutet, dass die Wirkstoffe bei feuchter Haut besser und schneller eindringen können. Das heißt allerdings auch, dass das irritationspotential erhöht ist, also muss man je nach Wirkstoff unterscheiden.“
„Auf die trockene Haut aufgetragen werden zum Beispiel: AHA’s (also Milchsäure, Mandelsäure oder Glycolsäure), BHA’s (Salicylsäure), Retinoide (also Vitamin A = Retinol und Retinal), Azelainsäure, Vitamin C. Auf die feuchte Haut kann man zur Okklusion gut Hyaluronsäure, Feuchtigkeitsseren, Toner, Glycerin oder Urea auftragen.“
FOGS: Auf TikTok bekommt man oft den Tipp, nach der Reinigung bis zu einer halben Stunde zu warten, bevor Pflege aufgetragen wird. Was hältst du davon?
Ella Vey: „Ich sehe keinen Grund zu warten. Wenn die Haut nach der Reinigung spannt, ist sie entweder sehr trocken oder es wurde eventuell eine Reinigung verwendet, die zu stark reinigt. Wer eher fettige Haut hat, kann zu leichten, feuchtigkeitsspendenden Produkten greifen, muss aber auch nicht warten.“
FOGS: „Slugging” nennt sich der Trend aus Südkorea, bei dem man nach der Pflege Produkte verwendet, die die Haut quasi versiegeln. Ist diese Methode für alle Hauttypen geeignet?
Ella Vey: „Richtig, beim Slugging werden im letzten Step der Skincare Routine Okklusiva aufgetragen, um Wirkstoffe in die Haut einzuschließen und den Feuchtigkeitsverlust zu verhindern. Slugging macht allerdings nicht bei allen Hauttypen Sinn, da sich zum Beispiel bei fettiger und akneanfälliger Haut der Zustand verschlechtern könnte. Poren werden verstopft und der überflüssige Talg kann nicht abfließen. Auch bei Rosacea sehe ich keinen Vorteil, da Slugging hier einen Hitzestau begünstigen könnte. Bei dehydrierter Haut kann Slugging allerdings sinnvoll sein, da man die Barriere so mit wichtigen Wirkstoffen stärken und den transepidermalen Wasserverlust ausgleichen kann. Außerdem kann Slugging die Haut im Winter schön durchfeuchten.“
FOGS: Welche Inhaltsstoffe eignen sich für Okklusion am besten?
Ella Vey: „Um Feuchtigkeit in der Haut einzuschließen eignen sich Inhaltsstoffe wie Silikone, Shea Butter, Kakaobutter, Lanolin oder auch pflanzliche Öle wie Jojobaöl. Vaseline eignet sich auch hervorragend.“
FOGS: Bei Vaseline gehen die Meinungen allerdings weit auseinander.
Ella Vey: „Ja, sie wird leider unnötig verteufelt. Mineralöl ist eine völlig harmlose Pflegesubstanz. Der schlechte Ruf von Mineralöl ist auf die Verbindung mit Erdöl, d.h. Benzin oder Petroleum, zurückzuführen. Mineralöl wird für kosmetische und pharmazeutische Zwecke allerdings so gereinigt, dass das Endprodukt zu besonders sicheren Hautpflegeprodukten gezählt werden kann. Außerdem kursiert häufig noch der Mythos, dass Mineralöl von der Haut aufgenommen wird, dafür gibt es jedoch keine Studie, die das bestätigt.“
„Viele Menschen wollen Mineralöle aus umwelttechnischen Gründen nicht verwenden, was verständlich aber ebenfalls zu hinterfragen ist. Mineralöl ist ein Nebenprodukt der Erdölindustrie, und niemand produziert Erdöl extra für Hautpflegeprodukte. Kurz gefasst kann Mineralöl oder auch Vaseline der Haut in vielen Themen weiterhelfen. Die Naturkosmetikindustrie stellt den Inhaltsstoff oft rein aus Marketingzwecken unnötig schlecht dar.“
FOGS: Apropos Naturkosmetik: Ist diese sinnvoll, wenn man wirklich dehydrierte Haut hat?
Ella Vey: „Man kann die Ursache – nämlich eine gestörte Hautbarriere – mit Naturkosmetik behandeln, sollte aber immer im Hinterkopf haben, dass dies nicht immer die bessere Lösung ist. Es kommt viel mehr auf die Formulierung der Produkte an. Naturkosmetik kann leider sehr reizend formuliert sein, mit ätherischen Ölen zum Beispiel. Das wäre bei einer eh schon gestörten Hautbarriere unvorteilhaft. Wenn die Produkte allerdings mild und duftstofffrei formuliert sind, spricht absolut nichts dagegen, reine Naturkosmetik zu verwenden.“