Fachwerkhäuser, Wildblumenwiesen, Gemüsegärten – auf dem Gang über den Biobauernhof Fleckenbühl fühlt man sich wie in einem idyllischen Kinderbuchhof.
Ein Ort, an dem die Welt – auf den ersten Blick – noch in Ordnung scheint. Ein Gefühl von Entschleunigung, Einfachheit und Heimat. Und genau das und vieles mehr bedeutet der Demeter zertifizierte Hof im hessischen Örtchen Cölbe für seine knapp 124 Bewohner. Denn diese sind allesamt alkohol- und drogensüchtig und suchen hier in der etwas anderen Suchttherapie eine zweite, manchmal sogar die letzte Chance.
Die Idylle ist in Wirklichkeit knallharte und nachhaltige Arbeit. Auf dem Hof, aber vor allem an sich selbst. „Mit der Natur und der Arbeit auf dem Bauernhof nüchtern zu werden und zu sich zu finden, hat mir sehr geholfen“, erzählt der Fleckenbühler Johannes, der sich heute – sieben Jahre nach seinem ersten Tag auf dem Hof – um die Öffentlichkeitsarbeit kümmert.

Drogenfreies Leben auf die harte Tour
Jeder, der ein suchtfreies Leben anstrebt, ist willkommen. Doch nur die Hälfte aller Neuankömmlinge überstehen die ersten beiden härtesten Wochen und den kalten Entzug der Fleckenbühler Suchttherapie.
Um Abstand zur eigenen Vergangenheit zu bekommen, gibt es in den ersten sechs Monaten keinen Kontakt nach außen, kein Handy und Internet. Detox für die Seele. Die oberste Regel lautet: keine Drogen, Alkohol, Zigaretten und natürlich keine Gewalt. Bei einem Regelverstoß fliegt man. Wer sich daran hält, kann so lange auf dem Hof bleiben, wie er möchte. Es gibt kein Limit, keinen Druck zu gehen.
Wie funktioniert der Fleckenbühler Weg zurück ins Leben?
Das Außergewöhnliche an Fleckenbühl: Keine Therapeuten, Ärzte oder Medikamente sorgen für den nüchternen Erfolg. Die gibt es hier nicht. Es sind die Bewohner:innen selbst – Menschen, die zu Expert:innen werden, weil sie selbst einmal mit ihrem Suchtproblem auf den Hof kamen. Aber kann das gut gehen? Ja! Mit einer riesigen Portion an Selbstdisziplin und einem extrem starken Willen. „Ich war zehn Jahre ohne Krankenversicherung. Keine andere Therapie hätte mich aufgenommen und mir eine Chance gegeben,“ weiß Johannes. Dennoch: „Fleckenbühl ist nicht einfach, aber es wirkt nachhaltig.“
Hier weiß jede:r Einzelne, was es heißt, süchtig zu sein und clean zu werden. Daraus ergibt sich eine einzigartige Gemeinschaft, die in einer Art Symbiose lebt. Die erfahrenen Bewohner:innen helfen den Neuankömmlingen, im Gegenzug halten die Neuen den „alten Hasen“ immer wieder einen warnenden Spiegel vor.

Die Fleckenbühler Suchttherapie zum drogenfreien Leben ist genauso simple wie schwer: Wer seine Hände beschäftigt hält, hat keine Hand frei für Drogen.
Und zu tun gibt es reichlich. Denn die 250 Hektar Acker, Wälder und Wiesen müssen bewirtschaftet, die 150 Tiere gefüttert werden. Dazu betreibt der Hof ein Umzugsunternehmen, ein Hofcafé, eine Käserei und beliefert Kindergärten in der Umgebung mit Biomittagessen. Alle müssen hart anpacken und sind körperlich gefordert. Das bringt Chancen und Herausforderungen an sich zu arbeiten, seine Kräfte zu mobilisieren und andere Verhaltensweisen zu entwickeln.
Denn: Scheitern kann jeder – selbst neue Perspektiven zu entwickeln, ist die wahre Kunst. So wie Johannes: „Ich habe mir echte Perspektiven geschaffen: Die Ausbildung absolviert, den Führerschein zurückbekommen und Freiräume mitgestaltet.“
Ein Hof der Verbindungen schafft
Die Zurück-ins-Leben-Gemeinschaft hilft und heilt sich vorrangig gegenseitig. Darüber hinaus bietet der Hof eine einzigartige Schnittstelle von Menschen mit einer Drogenvergangenheit zu Menschen, die damit nicht in Berührung gekommen sind. „Hof Fleckenbühl ist ein Leuchtturm der ökologischen & sozialen Landwirtschaft“, so Johannes. Familien nutzen den Hof gerne als Ausflugsziel. Es gibt Tiere zum Anfassen, Naturspaziergänge, Rundgänge im Lehrgarten und Landwirtschaft zum Erleben. „Mit dem neuen Schul- und Lehrgarten schaffen wir es, den Kindern zu zeigen, was gesunde Lebensmittel sind und wo sie herkommen.“
Auch die hochklassige Gastronomie mit Produkten in Demeter Qualität ist eine der beliebtesten Anlaufstellen der Region. Genau wie die Feste von Ostern bis Weihnachten. Eine große Chance, Vorurteile gegenüber „Junkies“ abzubauen und für das Thema zu sensibilisiert zu werden. Soziale Wertschätzung und Anerkennung durch die Gemeinschaft!
Spenden Sie jetzt!
Diese wertvolle Arbeit finanziert sich zum Teil durch die Arbeit der Fleckenbühler. Daneben sind sie auf staatliche Zuwendungen und vor allem auf Spenden angewiesen. Sie möchten die Fleckenbühler Suchttherapie unterstützen? Dann spenden Sie jetzt: Kontoinhaber: die Fleckenbühler e.V., IBAN: DE87 4306 0967 6003 0367 00, BIC: GENODEMIGLS