Seit nunmehr drei Jahren darf nur noch Naturkosmetik in mein Badezimmer, egal ob für Körper, Haar oder Make-Up. Doch eine kleine Ausnahme gibt es dann doch: Nagellack. Früher waren zehn verschiedene Farben keine Seltenheit, heute habe ich mich immerhin auf vier reduziert. Was darin steckt und welche Umweltbilanz Nagellack hat, habe ich nie so richtig hinterfragt. Und wenn ich ehrlich bin, wollte es ein Teil von mir gar nicht wissen.
Aber immer öfter stieß ich in letzter Zeit auf natürliche Alternativen, die vegan und sogar pflanzenbasiert sein sollen – und ich wurde neugierig. Nagellack und natürlich – geht das? Und was genau ist an den anderen denn nicht vegan? Finden wir’s raus!
Sind nicht alle Nagellacke vegan?
Wie bei vielen andere Dingen im Beauty-Regal würde man auch bei Nagellack nicht sofort auf die Idee kommen, dass tierische Produkte darin stecken. Tatsächlich enthalten aber viele Lacke Farbpigmente aus Fischschuppen oder zerquetschten Schildläusen, die für Perlmuttschimmer bzw. rötliche Färbung sorgen. Letztere werden übrigens auch oft in Lippenstiften eingesetzt. Außerdem wird die Verträglichkeit der Lacke oft an Tieren getestet.
Sind konventionelle Nagellacke gar gefährlich?
Nagellack wurde in den 1920er Jahren erstmals populär, man entwickelte ihn ursprünglich auf Basis von Autolacken. Da verwundert es nicht, dass der Großteil aller Produkte am Markt Inhaltsstoffe enthält, die in Verdacht stehen, gesundheitsschädigend zu sein. Bis heute hat sich in diesem Bereich nämlich kaum etwas getan. Man nahm bis vor kurzem fälschlicherweise an, dass die Hornschicht der Nägel für solche Stoffe nicht durchlässig ist und sah dadurch keinen Änderungsbedarf. Aber leider können chemische Stoffe nach dem Auftragen bereits nach wenigen Stunden im Körper nachgewiesen werden. Manche von ihnen werden von der Europäischen Union gar als fortpflanzungsgefährdend und allergieauslösend eingestuft. Beängstigend, wenn ich überlege, dass Nagellack bis jetzt immer mindestens 3 bis 4 Tage auf meinen Nägeln bleiben durfte.
Gitti im Selbsttest
Testen durfte ich den Nagellack des Berliner Start-Ups Gitti, das manchen vielleicht aus „Die Höhle der Löwen“ bekannt ist. Die Basis der veganen Nagellacke von Gitti bilden also tatsächlich natürliche Inhaltsstoffe. Die Farben basieren entweder zu 55% auf Wasser oder aber zu bis zu 77% auf natürlichen Inhaltsstoffen. Diese werden alle gemäß der anerkannten Naturkosmetik-Norm angebaut. Sie stammen unter anderem von Pflanzen wie Maniok, Zuckerrohr, Mais und Weizen.
Bei den wasserbasierten Farben wird auf die üblichen petrochemischen Lösungsmittel verzichtet. Das ist auch der Grund, warum die Nagellacke des Berliner Labels gar keinen oder kaum beißenden Eigengeruch haben. Was mich beim Auftragen als Erstes verwundert: Dieser vertraute, scharfe Geruch fehlt. Im ersten Moment ist das ungewohnt, aber sehr angenehm.
Von der Deckkraft bin ich überrascht. Schon nach einer Schicht erzielt man ein tolles Ergebnis. Ob mit oder ohne Topcoat machte im Alltagstest keinen Unterschied, beide Varianten sahen noch nach 5 Tagen regelmäßigem Händewaschen und Desinfektionsmittel benutzen perfekt aus.
Den Lacken werden Vitamin C, E und Provitamin B5 beigesetzt, weshalb meine Nägel wahrscheinlich nach dem Ablackieren nicht so ausgetrocknet aussehen, wie bei konventionellen Lacken. Diese Vitamine sind feuchtigkeitsspendend, haben antioxidative Eigenschaften und sollen für gesunde Nägel sorgen.
Wo man der Natur noch nachhelfen muss
Die enthaltenen Filmbildner fallen dann chemisch gesehen doch in den Bereich der Kunststoffe. Sie gehören laut der Definition vom Umweltbundesamt aber nicht zum problematischen Mikroplastik. Bei Gitti versucht man allerdings trotzdem eine Formel zu entwickeln, die völlig auf Kunststoffe verzichtet. Beim Nagellackentferner ist das sogar bereits der Fall, er enthält nur natürliche Inhaltsstoffe wie Jojoba-, Argan-, und Lavendelöl.
Bis Mitte 2021 sollen ihre Produkte mit dem Gütesiegel der Vegan Society sowie dem Halal-Zertifikat versehen sein.
Fazit:
Werde ich nun auch beim Thema Nagellack auf 100% Natur umsteigen?
Es ist wie bei allem: Die Menge macht das Gift. Statistiken haben gezeigt, dass vor allem Frauen am Tag bis zu 13 verschiedene Kosmetikartikel verwenden. Enthalten viele dieser Produkte schädliche Inhaltsstoffe, summiert sich das zu einer gefährlichen Menge. Meine Nagellacke sind hingegen das Einzige in meinem Beauty-Schränkchen, das nicht zu 100% Natur ist, deshalb werde ich Vorhandenes erst einmal aufbrauchen. Vermutlich wird mich dabei aber ein ungutes Gefühl begleiten, wahrscheinlich werde ich den Nagellack auch nicht wie sonst ein paar Tage am Stück tragen. Ist mein Vorrat an Billiglacken also einmal aufgebraucht, werde ich definitiv auf natürlichere Marken umsteigen. Ein Gitti-Fläschen á 15 ml kostet knapp 18 Euro, was ein stattlicher Preis ist. Aber vielleicht ist das ein guter Grund, um auch bei Nagellacken minimalistischer zu sein, sich auf 2-3 Produkte zu reduzieren und Farben zu wählen, die zu allem passen.