Reini und Angi brachen im Juli 2018 zu einer 20-monatigen Reise auf. Ursprünglich wollten sie mit dem Rad um die Welt: von Salzburg bis nach Neuseeland. Doch alles kam ganz anders.
Der Plan: In 20 Monaten von Salzburg bis nach Neuseeland. Im Gepäck: Zelt, Kochutensilien und zwei Räder. Die Realität: Man braucht viel länger als gedacht, Radfahren ist anstrengend und in Malaysia hörte die Reise auf. Wir haben mit den beiden über Zukunftspläne, Lebenseinstellungen und Träume gesprochen.
Ihr seid jetzt seit über einem Jahr wieder zuhause. Aber ihr plant schon eure nächste Tour. Wann geht’s los und wohin?
Angi: Dieses Mal istalles anders als beim ersten Mal. Corona macht einen fixen Plan unmöglich. Wenn wir über die deutsche Grenze radeln und dann gleich zwei Wochen in Quarantäne müssen, wäre das nicht so lustig. Deshalb bringen wir erstmal unsere Räder und das Equipment auf Vordermann. Auch unsere Jobs haben wir schon gekündigt. Mitte Mai wollen wir starten. Auf unserer ersten Tour wollten wir von Malaysia weiter nach Singapur, dann vier Monate in Bali bleiben und im Anschluss durch das australische Outback und nach Neuseeland. In Malaysia war aber schon Ende. Dieses Mal wollen wir erst mal Europa erkunden, also Norwegen und Island. Erst im Frühjahr 2022 soll es dann endlich Richtung Australien und Neuseeland gehen.
Ist auch das Gefühl anders als beim ersten Mal?
Angi: Auf jeden Fall. Wir sind nicht mehr so unbekümmert, zeitgleich ist es auch weniger aufregend, weil man weiß, worauf man sich einlässt und was man aufgibt. Wenn wir jetzt am Wochenende von einer Skitour heimkommen, dann ist da ein kuscheliges Bett, eine warme Dusche und eine top ausgestattete Küche. Mit dem Rad muss man sich erst einen Schlafplatz suchen, die Küche aufbauen und das Bett aufblasen. Die Gemütlichkeit wird uns fehlen, aber wir freuen uns auch sehr auf neue Abenteuer. Uns ist einfach bewusst geworden, in welchem Luxus wir leben.
Spulen wir mal etwas zurück. Eure erste Radreise startete im Juli 2018 in Salzburg. Wie viele Kilometer habt ihr denn zurückgelegt?
Reini: Unsere längste Etappe waren knapp 200 Kilometer an einem Tag, die kürzeste so circa 15 Kilometer. Am Anfang waren wir total motiviert, wollten jeden Tag mindestens 100 Kilometer fahren. Aber wir haben schnell gemerkt, dass das nicht geht, vor allem mit so viel Gepäck. Anfangs haben wir uns unter Druck gesetzt und uns an dem gemessen, was andere schaffen. Da waren wir schnell frustriert und beschlossen, unser eigenes Ding durchzuziehen. Es ist wichtig, auch mal an einem Ort zu bleiben und Eindrücke zu verarbeiten. Deshalb haben wir dann ab und zu in Hotels übernachtet. In den 20 Monaten haben wir rund 20.000 Kilometer zurückgelegt. Es war also eher eine gemütliche Tour.
Wie bereitet man sich denn auf so eine Tour vor?
Reini: Ehrlich gesagt haben wir uns gedacht, das Training kommt beim Radfahren. Wir sind in unserer Freizeit schon immer viel gefahren, waren es also gewöhnt. Schlimmer waren eher die Schmerzen am Hintern, manchmal konnten wir uns gar nicht mehr setzen.
Welches Land war für euch am beeindruckendsten?
Angi: In Tadschikistan und China war die Landschaft unbeschreiblich schön, in Thailand und China gab es mit Abstand das beste Essen und im Oman in der Wüste in einem Zelt zu liegen, wenn draußen Skorpione und Schlangen vorbeihuschen, war gleichzeitig unwirklich und faszinierend. Im Iran und der Türkei waren die Menschen unglaublich gastfreundlich – genauso auch auf dem Balkan. Wir wurden so oft zum Essen eingeladen, die Leute standen schon auf den Straßen und haben uns herbeigewunken. Beim Essen haben alle aus demselben Schnapsglas getrunken, das war schon ganz ganz anders als daheim.
Fällt man denn als Radler so auf?
Angi: Wir posten unsere Reise ja auf Instagram, Facebook und Youtube, da bekommen schon einige mit, wo wir gerade sind und wohin wir fahren. Allerdings ist der Balkan sehr dicht besiedelt, da fährt man dauernd durch Dörfer und die Leute sehen einen, winken dich herbei oder kommen direkt auf uns zu, um uns zum essen einzuladen. Das war superschön, aber auch anstrengend. Man sagt dann nicht nein, weil man ja auch die Kultur kennenlernen will.
Gab es auch unangenehme Begegnungen?
Angi: Ich habe mich vorher am meisten vor Menschen gefürchtet, aber eigentlich waren die wilden Tiere das Gruseligste. Wenn man weiß, dass vorm Zelt ein Skorpion oder eine Schlange vorbeihuscht. Einmal saß ein Skorpion auf meinem Rucksack direkt neben mir. Im Nachhinein haben wir gelesen, dass ein Kind seinen Stachel nicht überlebt hätte. Ja und dann gab es noch die komischen Begegnungen mit den Kindern in Albanien.
Was ist passiert?
Reini: Die Radstrecke durch Albanien ist sehr berühmt. Entlang der Route standen deshalb viele Kinder, die um Geld bettelten. Sie wollten uns helfen, das Rad durch den Fluss zu tragen oder den Berg hochzuschieben. Einmal hat einer so fest an meinem Rad gezogen, dass es mich fast geschmissen hätte. Da bin ich wirklich wütend geworden. Aber ansonsten war alles sehr friedlich.
Und dann seid ihr trotzdem vorzeitig heimgeflogen.
Angi: In Vietnam bekam ich Rückenschmerzen, die immer schlimmer wurden. Ich habe mich dann regelmäßig gedehnt und wir sind bis nach Laos weiter geradelt. Irgendwann ist es mir dann so in den Rücken geschossen, dass ich einfach nicht mehr weiterfahren konnte. Wir sind dann mit dem Bus ins nächstgelegene Dorf und ich lag tagelang im Bett, vollgepumpt mit Schmerztabletten. Zu Silvester wollten wir mit dem Bus weiter nach Luang Prabang, wo wir uns mit anderen Radreisenden verabredet hatten. Auf der Fahrt hatten wir einen Unfall mit dem Van, bei dem Reinis Rad komplett zu Bruch ging und ich leicht verletzt wurde. Ich war dann im Krankenhaus, was wirklich eine ziemlich bescheidene Erfahrung war. Nach einer einwöchigen Pause ging es nach Bangkok, wo wir unsere Räder wieder herrichten wollten. Beim Zwischenstop in Vientiane, der Hauptstadt von Laos, besorgten wir uns noch ein Visum für zwei Monate. Reinis Eltern und mein Bruder besuchten uns und alles war wieder gut. Wir radelten bis Malaysia und trafen auch Reinis Eltern und ein paar Freunde wieder. Letztendlich führten aber alle Umstände und auch die Coronasituation dazu, dass wir im März wieder heimgeflogen sind.
Hört sich nach sehr viel Chaos an. Hat euch die Reise denn menschlich verändert?
Angi: Ja auf jeden Fall. Ich bin entspannter geworden, was reisen angeht. Ich hatte anfangs Angst, dass ich das nicht schaffe. Aber ich habe viel mehr geschafft, als ich mir zutraute, wir haben so viele tolle Menschen getroffen und gemerkt, das es nicht nur den einen Lebensentwurf gibt. Wir denken viel diverser, haben mehr Bezug zu den Kulturen und Menschen, die als Migranten nach Österreich kommen, weil wir ihr Land kennenlernen durften. Wir haben die Weisheit nicht mit dem Löffel gefressen, aber wir sind offener geworden und nehmen Menschen jetzt anders wahr.
Wer die beiden auf ihrer Weltreise mit dem Fahrrad begleiten will, besucht ihre Website und/ oder folgt ihnen am besten auf Social Media.
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