Während oft Leistung und Effizienz im Vordergrund stehen, wird die natürliche Rhythmik des weiblichen Körpers allzu oft übersehen oder gar ignoriert. Doch das Verständnis und die Wertschätzung des weiblichen Zyklus können nicht das eigene Wohlbefinden enorm steigern. Dr. Miriam Stark ist Wirtschaftspsychologin, Coachin, Unternehmensberaterin und Autorin des Buches „Natural Flow – Wie du Psychologie deines Zyklus für dich nutzt“ und setzt genau hier an. In ihrem Werk und im folgenden Interview betont sie die Bedeutung eines harmonischen Umgangs mit dem eigenen Zyklus und bietet wertvolle Einblicke und praktische Tipps, wie Menstruierende in Einklang mit ihrem Körper leben können.
FOGS: Was war der Auslöser für dich, mehr auf deinen Körper zu hören und dich mit deinem Zyklus zu beschäftigen?
Dr. Miriam Stark: „Wie hinter den meisten leidenschaftlichen Berufungen liegt auch hinter meiner eine Leidensgeschichte. In meinem Fall waren es zwei Schwangerschaften, die sich nicht weiterentwickelt habe. Der Schmerz dieser Erlebnisse übersetzte mein Körper in die Autoimmunkrankheit Alipecia totalis und irgendwann universales. Ich hatte kein einziges Haar mehr an meinem Körper. Weil die Schulmedizin mir keine Antwort darauf geben konnte, warum mein Körper das tat, orientierte ich mich in alle möglichen alternativ medizinischen Richtungen (TCM, Kinesiologie, Ayurveda…). Dabei sammelte ich viele kleine Puzzleteilchen zu dem Thema ‘Weiblichkeit’ und entdeckte, dass es Seiten an mir gab, die in meinem Leben noch keinen Raum fanden.“
FOGS: Wo hast du die benötigten Antworten gefunden?
Dr. Miriam Stark: „Richtig Sinn machte das alles dann, als mir das Buch von Miranda Gray, „Der rote Mond“ in die Hände fiel. Unabhängig von der spirituellen Ausrichtung des Buches, faszinierte und packte mich die Tatsache, dass wir über einen Zyklus verfügen, der vier Phasen hat und dass diese vier Phasen Facetten unsere Seele widerspiegeln und ich einige davon eben noch nicht lebte. Nachdem ich meine Wut überwunden hatte darüber, dass ich 32 Jahre alt werden musste und mir diese Informationen einfach vorenthalten wurden, war mir vollkommen klar, dass ich das Wissen mit der Welt teilen möchte. So ließ ich diese Betrachtung der Phasen in meine tiefenpsychologische Coaching Arbeit mit einfließen. Daraus entwickelte sich die theoretische Basis, mit der ich jetzt seit über sechs Jahren arbeite und Menschen darin ausbilde, das Wissen anzuwenden und weiterzugeben.“
FOGS: In welche Phasen teilst du den Zyklus ein?
Dr. Miriam Stark: „Ich verstehe in meiner Arbeit den Menstruationszyklus wie folgt – ich unterteile ihn in vier verschiedene Phasen und betrachte diese Phasen auf drei unterschiedlichen Ebenen.“
„In der ersten Ebene geht es um das rein physische Zyklusgeschehen, von der Eizellreifung über den Eisprung, dem zergehen der Follikel Hülle, aus dem die Eizelle gesprungen ist, in der Luteal Phase und dann der Menstruation. Die zweite Ebene ist die der Zyklus Superkräfte oder auch der archetypischen Anteile. Archetypische Anteile sind seelische kleinste gemeinsame Nenner, über die wir verfügen und die über bestimmte Zyklus Superkräfte verfügen können. Es kann Zeiten geben, in denen wir keinen Zugriff auf diese Superkräfte haben, sondern regelmäßig physische oder psychische Symptome zeigen. Dann haben wir die Möglichkeit, die dritte psychologische Ebene zur Rate zu ziehen. Wichtig bei dieser Betrachtung ist mir, dass das Ganze nicht der Selbstoptimierung dient, sondern vor allem dazu, dass wir uns besser kennen lernen und besser verstehen und Themen zum gegebenen Zeitpunkt heilen können.“
Phase eins – Eizellreifung und archetypische Anteile
„In Phase eins ist es so, dass die Eizellreifung im vollen Gange ist und dieser hormonelle Aufschwung auf seelischer Ebene den jungen archetypischen Anteil in uns aktiviert. Dieser kann über die Superkräfte Lernen und Spielen verfügen. Das bedeutet, wir sind kognitiv sehr leistungsfähig und haben insgesamt den Drang, über uns hinauszuwachsen. Wenn wir keinen Zugriff auf diese Superkräfte haben, sondern regelmäßig unter physischen oder psychischen Symptomen leiden, können wir uns Themen aus Kindheit und Jugend anschauen, weil diese eben im Zusammenhang mit diesem inneren Archetypen stehen können.“
Phase zwei – Östradiol High und Eisprung
„In Phase zwei hat die Eizellreifung ihren Höhepunkt erreicht. Die Eizelle platzt aus der Follikel Hülle heraus. Das ist begleitet von einem absoluten Östradiol High, was dazu führt, dass wir uns besonders lustvoll und genussvoll fühlen. Jetzt wird der mütterliche archetypisch Anteil in uns aktiviert, der über die Superkräfte Lieben und Genießen verfügen kann. Dann sind wir besonders gut darin, uns um andere Menschen zu kümmern, sollten aber auch diese Superkräfte sich selbst zufließen lassen. Wenn wir uns in dieser Zeit nicht gut fühlen und keinen Zugriff auf unsere Superkräfte haben, dann dürfen wir uns die Themen Mutter und Mütterlichkeit anschauen. Wobei die nicht mit der eigenen Mutter so sehr im Zusammenhang stehen, sondern eher mit dem Mutter werden oder sein, oder einem möglichen Kinderwunsch. Zum Beispiel ist auch ein schmerzhaft empfundener Eisprung ein Hinweis darauf, dass ein möglicher Kinderwunsch im Raum steht.“
Phase drei – Progesteron und Nestbau
„In Phase drei ist es noch ein bisschen komplexer. Die dürfen wir in zwei Teile unterteilen. Im ersten Teil von Phase drei ist es so, dass der Körper davon ausgeht, dass seine hormonellen Bemühungen erfolgreich waren und dass eine Schwangerschaft stattfinden wird. Deswegen steigt das zweite wichtige Zyklus Hormon Progesteron hier an und das hat verschiedene Effekte. Zum einen lässt es die Körpertemperatur ansteigen, zum andern lässt es die Gebärmutterschleimhaut mit Blut füllen. Außerdem sind wir sind kognitiv nicht mehr so leistungsfähig. Dafür verfügen wir aber über andere Weisheitszentren wie Herz, Bauch und Gebärmutter. Das Progesteron hat den Effekt, dass wir uns in uns zurückziehen wollen. Mit all den genannten Faktoren schaltet der Körper hier auf Nestbau. Zehn Tage nach dem Eisprung weiß der Körper dann, ob die Eizelle befruchtet wurde. Wenn dem nicht so ist, dann beginnt hier das Progesteron wieder zu sinken.“
„Gleichzeitig befindet sich in unserer Gebärmutter eine ganze Menge vorbereitete Schaffenskraft, denn wir hatten ja vor, einen gesamten Menschen zu produzieren. Und diese möchte auf intuitive und kreative Art und Weise raus, während sie in uns den magischen archetypisch Anteil aktiviert. Wenn wir wie über 85 % der Menschen, die mit Gebärmutter geboren wurden, hier physische oder psychische Symptome in Form von PMS aufzeigen, dann können wir uns die Themen Rückzug und Exzentrik anschauen. Rückzug deshalb, weil das sich in sich Zurückziehen im ersten Teil von Phase drei bereits eine Hürde darstellen kann und aber auch im zweiten Teil von Phase drei das Entladen dieser Schaffenskraft auf eine wilde, freie, intuitive, ziellose Art und Weise genauso negativ besetzt sein kann und erst gelernt werden möchte, auf welche Art und Weise das funktioniert.“
Phase vier – Hormoneller Tiefstand und geistige Klarheit
„Wenn wir uns dann ganz wild frei und kreativ entladen haben, dann gleiten wir ganz sanft in unsere Phase vier. Hier steht unser Hormonhaushalt im absoluten Tiefstand. Zum einen sind wir dann physisch nicht sonderlich leistungsfähig, auf der anderen Seite sind wir aber hormonell weder beeinflusst vom Östradiol noch vom Progesteron. Das macht uns sehr klar in unserem Geist. Wenn wir unsere Phase vier nutzen und am Tag der stärksten Blutung unseren Körper ruhen lassen, dann haben wir hier die Möglichkeit, ein psychologisch sehr kraftvolles Momentum zu erleben. Zum einen wissen wir nämlich, was wir aus unserem Leben gehen lassen möchten. Andererseits haben wir die Chance, in diesem Ruhen, Visionen und Bilder, Eingebungen und Ideen von dem zu haben, was uns in unserer Zukunft wichtig ist. Und damit können wir uns hier wirklich in uns stabilisieren und verankern und wissen, was gehen darf und was kommen soll.“
Der weibliche Zyklus kann anfangs wirken wie ein unergründliches Meer. Dr. Miriam Stark hilft dabei, aufzuklären. Foto: © Unsplash
FOGS: Welche wichtigen Hormone sollte man kennen und was sind ihre Wirkungsweisen?
Dr. Miriam Stark: „Die zwei wichtigsten Zyklus Hormone sind Östradiol und Progesteron. Das Östradiol kann dafür sorgen, dass wir sehr leistungsfähig und am Außen interessiert sind, fürs Außen attraktiv sind und mit Menschen im Außen gerne im Kontakt sind. Äquivalent dazu, in der zweiten Zyklushälfte gibt es das Progesteron. Das Progesteron ist das Hormon der Einnistung und dient dazu, dass wir uns in uns zurückziehen. Es ist ein Hormon, was eher die seelische Innenschau begünstigt und uns weniger an der Kleinteiligkeit des Alltags interessiert sein lässt. Dafür unterstützt es uns bei tiefen Themen, um wirklich in uns reinhören zu können. Gegen Ende von Phase drei gibt es einen Peak von Östradiol in einer Progesteron Zeit. Das aktiviert den Moment, wo wir unsere Schaffenskraft ins Außen fließen lassen können und wollen. Danach sinken beide Hormone, so dass wir uns zur Blutung dann im hormonellen Tiefstand befinden.“
FOGS: Inwiefern hat unser Zyklus Auswirkungen auf unsere Psyche und Leistungsfähigkeit?
Dr. Miriam Stark: „Ich bin fest davon überzeugt, dass unser Zyklus und unser psychisches Geschehen ein großes Ganzes ist. Es ist ein ganz fein orchestriertes Wechselspiel aus hormonellen Prozessen, die seelische Anteile und Themen in uns berühren können. Wir gewinnen Stabilität wenn wir wissen, welcher Anteil mit welchen Themen gerade aktiv ist und um welche Bedürfnisse wir uns dementsprechend kümmern dürfen. Das erzeugt den Nebeneffekt der tieferen Verbundenheit mit den archetypischen Anteilen und seinen Bedürfnissen. Dadurch werden wir effizienter, weil wir unsere Bedürfnisse nicht mehr übergehen. Wir übernehmen also in dem Moment eine tiefe, ganz selbstbewusste Verantwortung für unseren Organismus. Deshalb sind wir resilienter, stabiler und leistungsfähiger. Vor allem, wenn uns auch bewusst ist, in welcher Zeit wir welche Aufgaben für uns individuell besonders gut erledigen wollen.“
FOGS: Was sind die größten Vorteile davon, zyklusorientiert zu leben?
Dr. Miriam Stark: „Einerseits ist es Resilienz und Stabilität, die wir dadurch erreichen und gewinnen, wenn wir mit unseren Anteilen und unseren Bedürfnissen, den Themen und aber auch unseren Superkräften verbunden sind. Gleichzeitig werden wir effizienter. Und vor allem haben wir die Möglichkeit, Themen zu heilen, die uns noch darin blockieren, unser volles Potenzial ausschöpfen zu können.“
Frei bluten – die natürlichste Menstruation
Laut Dr. Miriam Stark ist die beste Art zu bluten, die dem Prozess unseres Zyklus würdig ist: frei! Während Phase 4 ist es ihrer Meinung nach kontraintuitiv, dem Unterleib bzw. der Vagina etwas zum Halten zu geben, während dieser ganz offiziell mit Loslassen beschäftigt ist. „Tatsächlich kann das Einführen eines Gegenstandes in die Vagina (ob Tampon oder Mooncup) zu zusätzlicher – und vor allem konstanter Kontraktion der Beckenbodenmuskulatur führen und dadurch zu Unterleibskrämpfen.
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Mehr Tipps für den Menstruationszeitraum findest Du hier.