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FOGS traf Johannes Pinterits zum Interview und erfuhr viel Interessantes rund um das Thema Gewürze.
Seit 2006 kultiviert Pinterits pannonischen Safran und stellt hochqualitative Gewürzöle sozusagen flüssige Gewürze (Majoran, Chili, Minze, Koriander, Thymian, Anis…) her. Produziert werden auch Neusiedler Majoran und burgenländischen Paprika. Wertvolle Tipps und wie man Gewürzöle raffiniert einsetzt lesen Sie hier.
Woher kommt das teuerste Gewürz der Welt?
Es gibt zwei Herkunftstheorien. Die eine besagt, dass der Safran aus dem Südosteuropäischen Raum (Kreta) stammt und in Mesepotamien hochgezüchtet worden ist. Nach der anderen Theorie kommt der Safran aus dem Kaschmirgebiet. Dort wächst er übrigens auf fast 2000 Metern Höhe. Dass Safran als das teuerste Gewürz der Welt gilt, lässt zwar Marketingherzen höher schlagen, aber es ist einfach Schwachsinn – Sorry. Man darf nicht das Gewicht in Relation zum Preis setzen sondern man muss überlegen wie lange man auskommt und jetzt habe ich gar noch nicht vom Genussgedanken gesprochen. Ein Gramm vom Pannonischen Safran kostet 30,00 Euro inklusive Steuer. Damit kommt man ein halbes Jahr bis ein Jahr aus, selbst wenn man oft mit Safran kocht. Wie lange kommen Sie mit Salz (vielleicht sogar Fleur de Sel) um 30,00 Euro aus? In einem Gramm Safran sind mindestens 500 Narben – also Fäden – drinnen. Wenn man pro Portion 10 bis 15 Fäden braucht, dann kann sich jeder ausrechnen wie lange er damit auskommt. Wenn man Safran in einer Reibschale/kleinem Mörser zerstößt, dann braucht man noch weniger davon.
Woran erkennt man guten Safran?
Was z.B. für Pfeffer gilt, gilt auch für Safran: Man sollte ihn immer ganz also nur als Fäden kaufen und nicht als Pulver. Wie Untersuchungen z.B. in der Schweiz zeigen, wird das Pulver manchmal immer noch mit Paprika, Kurkuma, Kreide, zermahlenen Ziegelsteinen, etc. gestreckt und man kann diesen Betrug als Konsument im Geschäft nicht leicht entlarven. Also Fäden kaufen. Diese sollten trichterförmig und tiefrot sein – je roter desto besser. Braune Farbe ist ein Hinweis auf schlechte Röstung, schlechte Lagerung oder einfach alten Safran. Es sollten auch keine Narbengriffel drinnen sein. Das sind farblose bis leicht grünliche Teile an der Unterseite der Narben. Diese haben nicht nur keine Farbe sondern auch keinen Geruch und keinen Geschmack. Wenn man nur die Narbenspitzen kauft, dann spricht man von elegiertem Safran oder reinen Safranspitzen. Das ist mechanisch die beste Qualität und das ist auch die große Tradition des Österreichischen Safrans. Man hat hier nicht nur über fast ein Jahrtausend Safran angebaut sondern der Österreichische Safran war wegen seiner Reinheit – weil reine Safranspitzen – der gefragteste in Mitteleuropa und unter anderem auch als so genannte Arzneibuchware für Medikamente empfohlen. Während es auch heute noch die Ausnahme ist, das man reine Safranspitzen produziert, war das in Österreich über Jahrhunderte die Regel. Dafür war der Österreichische Safran bekannt. Das waren auch schon die objektiven Kriterien – der Rest ist subjektiv. Was man aber noch wissen muss: Es gibt gerösteten und nicht gerösteten Safran. Fast jeder Safran weltweit wird geröstet also bei sehr hohen Temperaturen in kurzer Zeit getrocknet. Dieser Safran riecht wegen der Röstaromen intensiver und ist deswegen auch verfälscht. Milder, natürlicher und vielschichtiger in Geruch und Geschmack ist der nicht geröstete Safran. Dabei wird Safran bei wesentlich geringeren Temperaturen über einen längeren Zeitraum getrocknet. Wichtig ist es auch, einen Faden in den Mund zu nehmen. Ich habe einmal bei einem Kunden eine Probe zur Beurteilung bekommen und ließ mich von der Optik blenden: Wunderschöne, rote Narben ohne Narbengriffel. Ich dachte, das sei hervorragender Safran und vergaß vorerst einmal zu kosten. Danach kam die Enttäuschung. Der Safran schmeckte salzig und überhaupt nicht nach Safran. Vielleicht war er „gemolken“ also hat man die Geschmacksstoffe durch Destillation herausgeholt und die Fäden ohne Geschmack verkauft.
Ist Österreich ein Land, wo viel mit Safran gekocht wird.
Nein – nicht wirklich im Vergleich zu Frankreich etwa. Aber es wird wieder mehr, das Interesse der Menschen ist sehr hoch. Früher war das auch in Österreich anders. Früher waren nicht nur alle Kochbücher voll mit Safranrezepten sondern auch viele Medikamente enthielten Safran. Dass man Safran zu fast allen Speisen dazugeben kann, wurde dann quasi zum Fluch. Diese „Übersafranisierung“ führte neben jahrelangen Missernten – wie ich sie in den vergangenen fünf Jahren auch hatte – und der beginnenden Mechanisierung in der Landwirtschaft zum Niedergang der Safrankultur in Österreich.
Ihr persönliches Safran-Lieblingsgericht?
Ich habe kein Lieblingsgericht. Das Schöne am Safran ist ja auch, dass man ihn eigentlich mit Allem kombinieren kann. Einmal ist es Fisch mit Safran, der mich lukullisch zufrieden macht, ein anderes Mal Risotto und dann wieder Süßes mit einer Spur Safran. Manchmal ist mir der Safran zum Fisch von diesem Koch lieber manchmal der Safran zum gleichen Fisch von jenem Koch und manchmal wieder wenn ich ihn selbst verkoche. Die Fixierung auf ein Lieblingsgericht ist nicht meine Sache.
Sie verarbeiten auch Kräuter. Was zeichnet Ihre Produkte aus? Wie werden sie verarbeitet?
Beim Pannonischen Safran und Neusiedler Majoran geht es natürlich auch um die Tradition dieser beiden Produkte aber bei allem was ich mache, steht die Qualität im Vordergrund. Es ist zwar manchmal schwierig, diese zu definieren, aber in der Regel treffen meine Vorstellungen offenbar die Vorstellungen sowohl von Profi- als auch Hobbyköchen. Viele meiner Produkte sind schwierig in der landwirtschaftlichen Produktion und bei fast allen – sowohl beim Safran, als auch bei den Fenchelpollen und dem Majoran – ist es fast auschließlich Handarbeit, die dahinter steckt. Am Anfang haben wir versucht, mit einer größeren Anbaufläche zu mehr guter Ware zu kommen (bei Vernichtung der schlechteren). Ich habe aber schon nach einem Jahr die Strategie umgedreht: Weniger anbauen aber dafür jede einzelne Pflanze täglich küssen. Das ist natürlich übertrieben ausgedrückt aber es geht darum, sich den Pflanzen zu widmen und das kann man nur, wenn die Fläche überschaubar ist. Safran und Fenchelpollen sind sowieso reine Handarbeit und beim Majoran heißt das, dass wir zwar zwischen den Reihen mit Traktor und Hackgerät durchfahren aber ohne Hacke per Hand geht es nicht und zwischen den Pflanzen in der Reihe müssen wir knien und jedes „Unkraut“ – so ein blödes Wort, aber der technische Ausdruck „Beikraut“ gefällt mir auch nicht – mit der Hand aus der Erde zupfen. Bei den Würzölen sind die Menschen vom Geschmack begeistert. Die Öle sind so intensiv und schmecken so natürlich nach den Kräutern, weil sie anders hergestellt werden. Sie werden nicht nach derzeit gängigen Methoden wie der Matzeration also dem Ansetzen von Kräutern in Öl hergestellt, sondern einfach aber zielführend: Die Kräuter werden gemeinsam mit der Ölsaat gepresst. Das ist ein altes Verfahren – nur macht es keiner mehr so. Leider.
Worauf sollte man beim Kauf von getrockneten Kräutern achten?
Dass sie eine umso dunklere, natürlichere Farbe haben. Je heller Blattkräuter sind, desto intensiver wurden sie getrocknet oder desto länger hat man sie auf dem Acker ausreifen lassen was aber in der Regel Bitterkeit und Holzigkeit bedeutet. Z.B. Kräuter, die in den Bergen wachsen, bleiben viel zarter und sind deshalb meist wesentlich interessanter in den Aromen. Wichtig ist auch, dass sie keine schwarzen und möglichst wenig braune Anteile haben und es sollten möglichst keine Stängel – auch nicht gemahlene – drinnen sein sondern möglichst viel Blatt. Wenn man die Chance hat, in eine Probe reingreifen zu können, dann ist es wichtig, dass man etwas zwischen den Fingerspitzen oder den Handflächen zerreibt und dann daran riecht. Das sollte man bei Blattkräutern übrigens auch beim Kochen so machen. Die Qualität guter Kräuter merkt man auch an der Haltbarkeit: Wenn sie nach ein, zwei oder vielleicht sogar drei Jahren immer noch eine „Leichtigkeit“ verströmen, dann ist es in der Regel gute Qualität. Noch ein paar Worte zur Haltbarkeit: Bitte werfen Sie kein Gewürz oder Produkt weg, wenn das Datum auf dem Etikett überschritten ist. Einfach nach den oberen Tipps selbst entscheiden ob das Kraut noch gut ist oder nicht mehr. Schlecht wird es in der Regel sowieso nicht, meistens verliert es nur Aroma. Fast hätte ich es vergessen: Kräuter werden sehr oft radioaktiv bestrahlt. Nur Kräuter direkt vom Bauern bzw. Biokräuter werden bzw. dürfen nicht bestrahlt werden. Ich frage mich: Ist es OK, dass man nicht aufs Etikett draufschreiben muss, wenn man die Kräuter bestrahlt hat?
Was ist der Bestseller in Ihrem Sortiment und warum?
Der Safran, die Fenchelpollen, der Majoran und einige der Würzöle. Halt: Auch das Paprikapulver lässt die Herzen sowohl von Profi- als auch von Hobbyköchen höher schlagen. Warum? Das ist schwierig zu beantworten. Ich glaube nicht, dass es ein einziges entscheidendes Kriterium gibt. Ich glaube, dass es zu Beginn die Produkte selbst (z.B. der durch den Qualitätsanspruch nachvollziehbare hohe Aufwand) sind aber dass mit der Zeit auch ich als Produzent immer wichtiger wurde. Solche Produkte stehen immer im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Bauern, der sie macht. Anonyme Qualität gibt’s wahrscheinlich auch, aber es wird sicher nicht die Regel sein.
Wie “grün” leben Sie persönlich?
So wie es Pazifisten gab als das Wort noch nicht „in“ war, so bemühe ich mich seit jeher, nachhaltig zu leben. Nachdem ich das jetzt so gesagt habe, komme ich mir ein bisschen blöd vor, weil es nur ein Versuch ist, das auszudrücken was ich eigentlich mache. Deshalb möchte ich es mit einigen Beispielen versuchen: Ich bringe jeden Tag mein jüngstes Kind in der Kindergarten. Wir sind die einzigen, die zu Fuß gehen. Wir müssen bei der Schule vorbei und auch da gibt’s kaum Parkplätze um diese Zeit – sogar auf der Straße – nebeneinander – stehen Autos. Ein weiteres Beispiel: Es war mir – obwohl noch nicht bewusst – immer schon lieber, das Fleisch in der Kindheit noch aus eigener Zucht(!) und später dann vom Nachbarn vis-à-vis zu holen als aus den Supermärkten. Da fällt mir noch ein Beispiel ein, an dem man auch sieht, wie widersprüchlich Nachhaltigkeit sein kann. Ich kaufe natürlich auch Produkte im Supermarkt ein, aber das Fleisch hole ich vom Fleischhauer. Nur – in den letzten drei Jahren hat zuerst der Fleischhauer im Nachbarort zugesperrt, dann der zwei Orte weiter und dann der drei Orte weiter. Jetzt muss ich ca. 20 Kilometer und 20 Minuten weit fahren, um zum nächsten Fleischhauer zu kommen – und habe dabei das Glück, daß der nächste auch wirklich gut ist. Aber das bedeutet mehr Abgase…
Ihre Vision von einer besseren Welt?
Dass es viel mehr Menschen gibt, die – nicht nur beim Essen – weniger anderen glauben, sondern sich selbst vertrauen. Dazu muss man sich natürlich mit vielen Sachen beschäftigen und das kostet Zeit. Aber – zumindest beim Essen – werden zumeist nicht nur das Ergebnis sondern auch die Mühen des Weges dorthin zufriedenstellend sein. Ich glaube, dass es Schlimmeres gibt als immer wieder Schokolade zu verkosten oder Wein, oder Safran, oder…
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