„Der Begriff Nachhaltigkeit wird für allen möglichen Unsinn missbraucht“ Der Designer Stephan Augustin arbeitet bei BMW in München an der Entwicklung von Elektroautos und räumte mit einer Wassergewinnungs-Lösung internationale Designpreise ab. Luis Bentele fragte ihn nach alternativen Antriebsarten und wie es wäre einen Tag lang lieber Gott zu spielen.
Wie würden Sie Ihren Job bei BMW erklären?
Mein Job hat zwei Seiten. Die Eine ist die des Innovators, Erfinders und Querdenkers der hinterfragt und neu kombiniert um so auf neue Lösungen zu kommen. Meine zweite Seite ist die des Umsetzers, der eine überzeugende Innovation als Projektleiter konsequent realisiert und umsetzt.
Wie lange werden wir noch mit Benzin fahren?
Solange es noch Öl gibt. Die Frage ist nur wer es sich noch leisten kann und wer nicht.
Und was kommt dann?
Die Alternativen gibt es schon; muskelkarftbetrieben, hybrid, elektrisch, Gas (Erdgas oder Wasserstoff) oder Methanol. Die Ausbreitung und Akzeptanz wird sich aber je nach Region, Recourcen und Infrastruktur unterschiedlich entwickeln.
Wird das nur eine Alternative sein, oder ein Segen?
Solange wir ökoligisch vertretbare Alternativen haben wird es es ein Segen sein. Denn ohne die Aufrechterhaltung bezahlbarer individueller Mobilität gibt es weder ein soziales Leben geschweige denn wirtschaftliches Wachstum geben.
Welche Problematiken sehen Sie bei alternativen Antriebsarten für die Umwelt?
Jedes menschliche Handeln welches im Übermaß ausgeübt wird birgt Gefahren für die Umwelt. Daher sollten wir nicht die Folgen der Mobilität betrachten, sondern seine Ursprünge und hinterfragen, ob es z.B. nötig ist weiterhin an Weihnachten Spargel aus Peru oder Blumen aus Brasilien kaufen zu müssen.
Wie schätzen Sie die Macht der Ölkonzerne wirklich ein?
Ich persönlich vergleiche Ölkonzerne gerne mit einer Sonne die sich zu ihrem Ende hin in einer Supernova aufbläht und in einem schwarzen Loch zusammenfällt. Wir befinden uns derzeit durch die Verknappung und Verteuerung des Öls in der Anfangsphase der Supernova. Die Konzerne werden ersteinmal größer und reicher.
Womit bewegen Sie sich fort?
Ich fahre Dieselautos, Elektroautos, Pedelecs, Fahrrad, nutze den ÖPNV und Taxis, und gelegentlich muss ich auch fliegen. Je nach Jahreszeit, Wetter und Zweck wäge ich zwischen den verschiedenen Verkehrsmitten ab und kombiniere sie auch gerne.
Der Begriff Nachhaltigkeit ist mittlerweile auch ein sehr strapazierter. Wie stehen Sie zu dem Wort?
Der Begriff Nachhaligkeit war die letzten Jahre enorm wichtig, um die Thematik unseres falschen Handelns in die Köpfe der Menschen zu bringen. Leider wird er in der Zwischenzeit für allen möglichen Unsinn missbraucht. Viele Menschen haben aber verstanden was seine tiefere Bedeutung ist und nun ist die Zeit gekommen nicht mehr nur darüber zu reden, sondern endlich auch zu handeln und die Fehler zu beheben.
Sie sind nicht nur für BMW tätig.
Sie haben auch den so genannten „Watercone“ erfunden. Ein Kunststoffkegel, der durch Kondensation fast zwei Liter Wasser pro Tag in regenarmen Regionen gewinnen kann. Dieser wurde mit Designpreisen überhäuft und ist im Centre Pompidou ebenso zu finden wie im MoMA in New York. Dort braucht man ihn aber nicht. Wie sieht es mit den Orten aus, wo man ihn wirklich bräuchte?
Dank des Herstellers Mage Watermanagent wurde der Watercone technisch optimiert und wird nun weltweit vertrieben und verkauft. Der Anlauf war zäh und schwierig, zumal ich als Einzelperson viele Jahre nicht die Möglichkleit hatte neben meiner Festanstellung große Sprünge zu machen. Heute findet man Watercones auf jedem Kontinent und wir erwarten uns die nächsten Jahre einen Siegeszug um die ganze Welt.
Wie steht’s Ihrer Meinung nach um den Planeten?
Die Natur ist so beschaffen, dass jede biologische Lebensform auf unserem Planeten einen natürlichen Feind hat um seine Population zu begrenzen und so das biologische Geleichgewicht zu gewährleisten. So war es auch beim Menschen der ein Teil der Natur war und immer sein wird. Allerdings hat er druch die Nutzung des Feuers entdeckt Nahrung zu kochen und somit konnte das Gehirn im Übermaß Nährstoffe für seinen einzigartign Entwicklungsschub erhalten. Die natürlichen Feinde wurden durch die Zunahme an Wissen und Erfahrung immer weiter zurückgedrängt und die Popuation wuchs mit all seinen negativen Auswirkungen bis heute unaufhörlich weiter. Die Rolle des fehlenden regulierenden Faktors in der Natur hätte durch die einzigartige Ratio des menschlichen Wesens ersetzt weden müssen. Stattdessen sind wir kulturell dem Irrglauben unterlegen, dass der Mensch über der Natur steht und sich die Erde der Untertan machen soll.
Nehmen wir an, Sie dürften für einen Tag „Lieber Gott“ spielen. Was würden Sie an diesem Tag tun?
Das kommt darauf an ob Gott als der Allmächtige oder Gott der Schöpfer. Als Allmächtiger würde ich die Erde in ihren natürlichen Zustand zurückversetzen und der Menschheit eine zweite Chance geben. Als Schöpfer müsste ich lange überlegen, ob ich bei einem neuen Planeten Menschen überhaupt nochmals zulassen würde.
Stephan Augustin wurde 1967 in München geboren und ist seit 1997 selbstständiger Designer sowie bei BMW in München tätig. Er beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Themenkomplex Nachhaltigkeit und Design. Augustin heimste unzählige internationale Preise ein. 2009 wurde Augustin beim “World Technology Award 2009” in New York als Finalist in der Kategorie “Soziales Unternehmertum” ausgezeichnet.
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