Sie sind nicht nur bei New-Age-Anhängern so gefragt wie nie, sondern wohl auch die derzeit hipsten Instagram-Motive: Kristalle. Aber warum der plötzliche Hype und wobei können sie uns helfen? Das erfahren wir im Interview mit Kristall-Therapeurin *Reni Bickel.
Interview: Kristina Köhler
Wie bist Du zur Arbeit mit Kristallen gekommen?
In diese wurde ich vor einigen Jahren in Peru eingeführt, wo ich sieben Jahre gelebt habe. Eine junge Frau aus relativ einfachen Verhältnissen bot mir damals ganz wunderbare Massagen an und behandelte mich mit rohen Edelsteinen. Diese legte sie auf meinen Körper auf, um meine Energiezentren auszugleichen. Die Effekte waren intensiv und ich empfand sie als tief vitalisierend. Dieses Erlebnis weckte meine Neugierde an der Arbeit mit Steinen. Ich hatte mich über die Zeit mit der Peruanerin angefreundet und sie brachte mir bei, wie man mit dem Pendel arbeitet und die passenden Steine auflegt. Mein Wissen über die verschiedenen Edelsteine und ihre therapeutischen Effekte habe ich mir dann in einem vertieften zweijährigen Selbststudium erarbeitet.
Du hast Dich aber auch ausbilden lassen…
Als ich vor rund drei Jahren nach New York zog, wollte ich mein Wissen vertiefen und die methodischen Grundsätze der Kristall-Therapie kennen lernen. Auf der Suche nach einer ernstzunehmenden Schule stieß ich auf die „Crystal Academy of Advanced Healing Arts“ von Katrina Raphaell auf Kauai, Hawaii. Katrina hat seit den 80ern drei wichtige Bücher über Kristalle und die Kristall-Therapie geschrieben. Diese waren auch wegweisend für die meiste Literatur, die es heute über Edelsteine und die Edelstein-Therapien gibt. Ich fand also eine zuverlässige und zugleich mystische Quelle.
Wie hast Du die Ausbildung auf Kauai erlebt?
Die intensiven Ausbildungen werden in sehr kleinen Gruppen durchgeführt und man gibt sich in der Praxis gegenseitig Therapie-Sitzungen. Da passiert immer ganz viel sowohl auf physischer, mentaler, emotionaler und energetischer Ebene. Es findet wirklich Heilung statt. Die Insel Kauai an sich ist schon wahnsinnig kraftvoll. Es wird gesagt, dass die Insel das sechste Chakra (das dritte Auge) der Welt sei. Die Natur dort ist so lebendig und nährend, dass ich mich nach meiner zehntägigen Reise emotional so gestärkt und erfrischt fühlte, wie schon lange nicht mehr in meinem Leben. Irgend etwas hat sich damals in mir geöffnet.
Wie passiert währen einer Kristall-“Session” bei Dir?
Ich nehme mir viel Zeit, um den Menschen, der zu mir kommt, zu erfassen und gestalte dann ein für ihn individuelles „Kristall-Layout“ mit den passenden Steinen. Diese werden entlang der Mittellinie, vom Kopf bis zu den Füssen, oder auch um den Körper herum aufgelegt. Je nachdem werden die Steine auch wieder intuitiv ausgetauscht, bestimmte weggenommen oder hinzugefügt. Die Session startet mit dem “Soul Symbol”, wie wir es im „Crystal Healing“ nennen und die Person teilt mir mit, was sie empfindet. Das kann eine Vision sein, eine Erinnerung, ein Gedanke, eine Emotion oder eine Körperwahrnehmung. Das „Soul Symbol“ wird als Tor zum Innenleben gesehen. Alles, was danach geschieht, führt eigentlich immer zu einem Moment der Heilung, zu einem „Turning Point“. Die Person kann noch einige Tage oder Wochen nach der Kristall-Therapie plötzlich Einfälle, Ideen oder Einsichten erhalten. Ich empfehle diese jeweils aufzuschreiben.
Wie setzt Du Kristalle in Deinem täglichen Leben ein?
Es haben sich über die Jahre einige Kristalle bei uns zu Haus angesammelt. Ich lege sie immer wieder an einen anderen Platz oder lege „Crystal Grids“ (kreative Kristall-Anordnungen) aus. Meist werden diese Kristall-Muster gelegt, um eine Intention zu setzen, etwas zu manifestieren oder die Energie im Raum positiv zu verändern. Ich behandle mich aber auch selbst mit Kristallen, lege sie auf meinen Körper auf, um Energie zu tanken oder diese auszugleichen. Sehr gerne meditiere ich auch mit Kristallen. So lerne ich viel über mich selbst und über die Steine kennen. Auch trage ich meistens irgendwelche Kristalle mit mir herum und gebe meinem Mann oder meinen Freundinnen Kristalle mit auf den Weg, die ihnen gerade gut tun.
Setzt Du Kristalle auch gezielt bei Beschwerden ein?
Ja, etwa bei Menstruationskrämpfen helfen mir Chrysoprasen und Mondsteine. Für einen ruhigen, klaren Geist, lege ich mir einen Sodalith auf die Stirn. Bei Verbrennungen haben Amethyst und hellblauer Achat schon echte Wunder vollbracht. Bei Jetlag schlafe ich gleich mit mehreren Hämatiten in meinem Bett, um mich wieder zu erden. Und wenn ich ein Bad nehme, baden gleich ein paar Rosenquarze mit. Ich energetisiere auch mein Trinkwasser mit diversen Kristallen. Aber Achtung, nicht alle Steine vertragen Wasser und manche können sogar giftig sein. Sich diesbezüglich immer professionell beraten lassen. Und selbst meine Pflanzen habe ich schon mit transparentem Quarz und Chrysokoll wiederbelebt.
Gibt es einen besonderen Stein, der immer bei Dir ist?
Zu meiner Hochzeit bekam ich ein sogenanntes „Karma Mala“ geschenkt, eine Meditationskette aus transparentem Quarz und Rubinen. Angeblich sind das meine Geburtssteine. Sie geben mir viel Kraft, vor allem wenn ich mich krank oder schwach fühle.
Was sagst Du Skeptikern?
Auch wenn man vieles wissenschaftlich erörtern könnte, ist jeder Heilungsprozess schlussendlich intrinsisch, das heisst von uns selbst ausgelöst. Wie es dazu kommt, ist relativ egal, solange die Mittel keine negativen Aus- oder Nebenwirkungen haben. Und das haben unsere Steine auf keinen Fall. Kristalle sind fass- und sichtbar, also aus echter “Materie”, was für viele Menschen schon zugänglicher ist, als ein Mantra zu singen oder über die Vergänglichkeit des Lebens zu meditieren. Ich habe bis anhin nur gute Erfahrungen gemacht und es ist schön zu sehen, wie die Menschen aufblühen, wenn sie mir ihre eigenen Steine zeigen. Das Überraschende ist, dass es unzählige Menschen gibt, welche sich mit Kristallen beschäftigen, die wir niemals als “esoterisch” einstufen würden. Und besonders Kinder lieben die Steine und stellen mir oft die allerbesten Fragen.
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*Reni Bickel, 34, leitet Yoga-Ausbildungen, Trainings und Retreats sowie Crystal Workshops und bietet private „Crystal healing sessions“ an. Vor rund drei Jahren zog sie aufgrund eines Jobwechsels ihres Mannes von Lima, Peru, nach Brooklyn, NYC. Die Schweizerin wollte eigentlich nie aus der Arbeit mit Kristallen ein “Geschäft” machen, dafür war ihr die Erfahrung mit den Steinen zu persönlich. Aber heute ist sie sehr froh, dass sie ihr Wissen und ihre Erfahrungen mit anderen Menschen teilen kann. www.renibickelyoga.com
(Aufmacherphoto: Samira Däppen)