Mareike Busch fuhr mit ihrem Mann Maxi im selbst ausgebauten VW Camper für vier Monate durch Nordspanien. Über diese Reise schrieb sie ein Buch. “On the Road” zeigt, dass Vanlife neben der ganzen Freiheitsromantik auch echt anstrengend sein kann.
Mareike, ihr seid im Dezember 2019 von eurer Reise zurückgekommen. Jucken die Beine schon wieder nach neuen Abenteuern?
Ja, schon. Ich bin freie Autorin und schreibe hauptsächlich über Reisen und Outdoorsport. Da werde ich zwangsweise jeden Tag mit Fernweh konfrontiert. Andererseits hat uns Corona in einem für uns praktischen Moment erwischt. Wir haben uns letztes Jahr ein altes Haus gekauft, das wir jetzt Schritt für Schritt selbst renovieren. Da bliebe ohnehin wenig Zeit für lange Reisen. Es wäre schwieriger für uns, wenn wir reisen könnten und keine Zeit dafür hätten. Aber ich möchte auf jeden Fall wieder etwas Größeres starten.
Woran denkst du dabei?
Tatsächlich eine Fernwanderung. Also nicht nur für ein paar Tage, sondern zwei Wochen oder länger. Wo man richtig rauskommt und richtig reinkommt ins Unterwegs sein.
Hört sich an wie die Sehnsucht nach dem Jakobsweg.
Haha, nein nicht direkt. Den sind wir ja quasi schon mit dem Auto gefahren. Gerne Orte mit weniger Zivilisation. Vielleicht Skandinavien. Das ist einfach weniger dicht besiedelt und man kann an vielen Orten zelten und übernachten, ohne jemanden zu stören. Ich stelle mir das schön einsam vor. Das war in Spanien ganz anders, da waren sehr viele Camper unterwegs. Umgekehrt war es aber auch schön, so viele tolle Leute kennenzulernen.
Auch Spanier oder eher Touristen?
Ich muss schon sagen, dass es überwiegend gleichgesinnte Reisende waren. Als Camper bist du eigentlich selten allein, vor allem an schönen Plätzen am Meer. Man tauscht sich aus, empfiehlt Plätze weiter und die Leute trifft man dann während der Reise oft noch einmal. Mit Spaniern selbst gab es eher wenig Kontakt. Ich habe mich mal mit einem unterhalten, der ziemlich genervt war von den ganzen Campern. Er wollte surfen, aber bekam wegen der ganzen Camper und Touristen keinen Parkplatz mehr. Da hat er seinem Ärger Luft gemacht.
Inwiefern?
Na ja, ich hab ihn angesprochen und er hat mir erzählt, dass es schon den ganzen Sommer so ginge und man nirgends mehr hin kann, weil alles vollgeparkt ist. Das bedeutet natürlich auch mehr Konkurrenz in den Wellen. Er war freundlich zu mir aber auch verärgert. Und ich konnte es total verstehen.
Habt ihr euer Reiseverhalten nach dem Gespräch überdacht?
Wir sind generell ziemlich bedacht, wie wir unsere Plätze auswählen. Wir würden zum Beispiel nie einfach an einer Klippe ohne Zufahrt parken, weil wir die Natur so wenig wie möglich belasten wollen. Ganz wichtig ist auch, seinen ganzen Kram wieder mitzunehmen und zu versuchen, sowieso schon überfüllte Plätze zu meiden – auch, um den Einheimischen nicht zu viel zuzumuten.
Also hat sich die gesamte Wahrnehmung von Vanlife als unglaublicher Trend bestätigt. Wieso seid ihr auch auf den Zug aufgesprungen?
Ich muss gestehen, dass ich mit mit dieser Art zu Reisen selbst nie viel am Hut hatte. Mein Mann und seine Freunde haben aber alle ausgebaute Busse – viele machen schon seit rund 10 Jahren damit Urlaub. Maxi sagt immer, er frage sich, wieso sich Leute überhaupt Autos kaufen, in denen sie NICHT schlafen können, haha. Ich war eher mit Rucksack und Zelt unterwegs, bin mit dem Bus oder Zug von A nach B gereist. Die Freiheit mit dem Bus war dann nochmal was ganz anderes, weil ich jetzt an Plätze komme, die ich vorher mit den Öffis oder mit Trampen nicht so leicht und vor allem nicht zu jeder Zeit erreicht hätte.
Was ist an deinem Buch eigentlich anders als an den anderen Vanlife- und Abenteuerbüchern?
Für mich war wichtig, dass ich eine authentische Sicht darstelle. Alle sagen immer, dass man mit einem Camper so unglaublich frei ist. Klar stimmt das, aber mit dieser Freiheit, Entscheidungen selbst zu treffen, muss man zwangsweise auch dauernd welche treffen. Man muss ja immer überlegen, wo fahre ich als nächstes hin, wo schlafe ich dort, wo fülle ich mein Wasser auf, muss ich vorher noch einkaufen? Dabei kommt man schon in einen Flow, aber es ist eben nicht immer so wie auf den Schönwetter-Bildern. Wenn das Wetter gut ist und du einen super Platz hast, ist alles perfekt. Aber bei schlechtem Wetter sieht es schon anders aus. Regnet es, ist schnell der ganze Bus nass, man kann nirgends seine Sachen zum Trocknen aufhängen und wenn man aufs Klo muss, wird man auch gleich nass, sofern man keine Toilette im Auto hat. Und das hab ich versucht aufzunehmen. Aber es gehört auch dazu, ohne Plan unterwegs zu sein und sich auch darauf einzulassen.
Du schreibst im Vorspann, dass du normal gerne planst, aber es dir beim Reisen schwer fällt. Wie kommt’s, was ist da anders als im Alltag?
Wahrscheinlich, dass ich nicht weiß, wie es wird. Zuhause weiß ich genau, wie etwas abläuft, ich kann mir vorstellen, was passiert, weil es meine gewohnte Umgebung ist. Mit dem Bus weißt du das nie. Ich hatte das Handy ganz oft aus, deshalb habe ich auch selten den Wetterbericht angeschaut. Wenn da stehen würde, dass es regnen soll, dann würde ich mich schon vorher darüber ärgern. Klar kann ich mir einen tollen Strand raussuchen, aber vielleicht fühle ich mich da dann gar nicht wohl oder es ist nicht so wie erwartet. Man weiß nie, was passiert. Deswegen fällt es mir schwer zu planen. Ich habe schon meine Fixpunkte, wo ich hinmöchte, weil ich bestimmte Dinge auf meiner Reise auf jeden Fall sehen möchte. Aber alles dazwischen passiert einfach. Und man muss wirklich beachten: Alles dauert einfach superlange.
Wieso das?
Na ja, man schläft aus, frühstückt, packt zusammen und dann ist es meistens Mittag bis man loskommt. Und dann möchte ich meinen Tag nicht noch mit Planung verbringen.
Ist das für dich dann ein unsicheres Gefühl, nicht so planen zu dürfen?
Auf der Reise war es für mich schon ein Druck, letztendlich aber auch wegen des Buches. Ich wusste, ich muss tolle Sachen liefern, mehr Fotos machen, Inhalte sammeln. Und dann dachte ich wieder, nein muss ich nicht. Das Buch ist ja eine Mischung aus Reiseführer und Erlebnisbericht und es ist nun mal nicht immer total aufregend. Du kannst nicht jeden Tag eine fantastische Wanderung machen, die Wellen sind nicht jeden Tag toll zum Surfen. Und deshalb habe ich versucht, es so natürlich wie möglich darzustellen. Aber ich hatte natürlich auch für mich persönlich den Druck, besonders spektakuläre Sachen zu erleben. Da kommt man schon manchmal in einen Konflikt. Einerseits will man sich entspannen, andererseits nichts verpassen. Ich bin nicht der Typ für Kaffeetrinken und planschen, mehrere Tage am Stück wäre mir das zu einseitig. Und ich habe einfach so einen Bewegungsdrang, der mir chillen ziemlich schwer macht.
Gab’s Momente in denen du lieber heim wolltest?
Ja, die gab es, vor allem am Ende der Reise. Wir waren in Galicien und es war ziemlich kalt und regnete eigentlich nur noch. Wir waren schon froh, wenn die Sonne für fünf Minuten rauskam und die Wolken kurz aufgerissen haben. Weil es ja eh nass war, gingen wir trotzdem surfen. Der Bus war irgendwann komplett nass, wir hatten keinen Platz mehr die feuchten Sachen aufzuhängen und irgendwann wird es dir einfach auch zu eng. Du hast alle Spiele durchgespielt, alle Hörbücher durchgehört und eigentlich keine Lust rauszugehen. Da war es einfach Zeit aufzubrechen. Das war auch die Zeit, als ich den Wetterbericht wieder angeschaut habe und dann war aller Optimismus dahin.
Was sind deine Tipps für einen gelungenen Trip?
Man sollte auf jeden Fall eine Karte dabeihaben. Damit kann man sich orientieren, sollte das Handy mal leer sein, und es macht Spaß, damit die Gegend zu erkunden. Ich hab immer eingezeichnet wo wir wann waren oder auch, wenn wir von anderen Campern Empfehlungen für Orte bekamen, hab ich das eingetragen. Die Karte ist für uns nach der Reise ein schönes Erinnerungsstück. Es ist auch gut, mit anderen Reisenden zu quatschen, weil man so einfach an hilfreicheTipps gelangt. Und ganz wichtig ist noch, egal wohin man fährt, man sollte auf jeden Fall genug warme Sachen dabeihaben. Es kann überall kalt und ungemütlich werden.
Was bedeutet reisen für dich?
Neue Orte zu entdecken. Klar, das kann ich daheim auch, aber es ist ein anderes Gefühl. Ich bin sehr neugierig und will immer wissen, was hinter der nächsten Klippe ist, wie es zehn Meter weiter aussieht. Keine Aufgaben zu haben und den Tag gemütlich zu starten. Man kommt aus seinem Alltag raus und geht an einen ganz anderen, entfernten Ort. Das rückt die Perspektive zurecht und man nimmt auch seinen Alltag daheim wieder anders wahr. Man merkt, dass Vieles gar nicht so wichtig ist und dass auch andere Lebensweisen ziemlich gut sein können. Daheim kann ich Urlaub machen, aber nicht reisen.
Wieso nicht?
Na ja, wenn ich nur entspannen will und Dinge tun, die ich gerne mache, kann ich das auch daheim tun. Aber beim Reisen geht es mir darum, nicht nur den nächsten Berg vor der Haustüre zu erklimmen, auf dem ich noch nie war, sondern andere Kulturen, andere Ansichten, anderes Essen und auch Leute von weltweit kennenzulernen. Reisen mit dem Bus ist da eine spezielle Art , weil man viele interessante Leute trifft, die eine alternative Weltsicht haben und einen damit auch inspirieren.
Hauptsächlich aber dann doch Gleichgesinnte?
Ja, definitiv. Ich muss schon sagen, dass man sich in diesem Van-Kosmos befindet. Irgendwie machen dann doch alle das Gleiche, man quatscht über dieselben Dinge, macht ähnliche Erfahrungen und trifft einfach sehr wenige Einheimische, wenn man wie wir abseits der Städte und in der Nebensaison unterwegs ist. Das war schon schade. Um das zu ändern, müssten wir vielleicht öfter in kleine Restaurants essen gehen und nicht so viel selber kochen. Dann müssten wir uns aber an die spanischen Essenszeiten gewöhnen und nicht typisch deutsch um 18 Uhr Abendessen wollen.
Titel: On the Road
Autorin: Mareike Busch
Verlag: Bruckmann