Photographer: Raphael Glaser
Model: Carolin Schwarz / Louisa Models
Hair & Make-up: Julia Ebert
Production: Timothée Collinet
Styling: Julius Wiemann Raffeiner
Fashion:
Clothes: Julius Wiemann Raffeiner
Halskette: WIEMANN
Ringe und Armband: Purman



Ist Mode mehr als Konsum? Mehr als eine Maske, hinter der wir uns verstecken und um unsere Unsicherheiten zu verschleiern? Dieser Frage geht der junge Münchner Designer Julius Wiemann Raffeiner auf den Grund. Für den 21-Jährigen, der Modedesign in München studiert, ist die Antwort klar: Nein! Mode soll ein Werkzeug zur Selbstentfaltung sein. Deshalb ist der Prozess des Modedesigns für Julius auch ein höchst persönlicher und „ein Weg, mich selbst kennenzulernen“. Klubnika (russisch: Erdbeere) heißt sein neustes Projekt. Für dieses setzte sich Julius mit seinem Verhältnis zur klassischen Musik auseinander und entdeckte Inspiration in dem russischen Komponisten Rachmaninoff.
Identitätsverlust, Schmerz, Melancholie und Sehnsucht
Dieser faszinierte ihn schon, seitdem er in jungen Jahren anfing Klavier zu spielen. Das Gesamtwerk Rachmaninoffs mitsamt seiner persönlichen Geschichte offenbarte sich für Julius aber erst, als er sich für die Kollektion intensiv mit dem Leben des Komponisten und dem historischen Kontext auseinandersetze. „Sergei Rachmaninoff war ein Mann, geprägt von Blockaden und Depression. Jedoch auch von Stärke und Stolz“, erklärt Julius. Und fügt hinzu, dass er bewusst das Gefühl von Identitätsverlust, Schmerz, Melancholie und Sehnsucht in seine drei Stücke des Projekts einbauen wollte. Schwarz dominiert die Farbpalette der Kollektionsteile und unterstreicht den Schmerz und die melancholische Bedrohlichkeit, die auch in Rachmaninoffs Kompositionen spürbar sind. Auch die disruptiven und harmonischen Stilelemente der Musik sind als Kontrast zwischen den kantigen und spitzen geometrischen Formen und den verspielten plastischen und organischen Ziehharmonika-Volumina in Julius‘ Design zu erkennen. In allen Looks setzte der Designer schwungvolle, voluminöse Ärmel und die organisch geschlängelten Ziehharmonika Formen ein, um an die Zwiebeldächer neorussischer, orthodoxer Kirchen zu erinnern, die für Rachmaninoff ebenfalls Inspiration waren.



Klubnika: Handwerkskunst trifft Nachhaltigkeit
Neben der Musik Rachmaninoff war auch die italienische Mode der 90er-Jahre für Julius eine Inspiration. Im Gegensatz zur Musik zieht sich diese durch alle seine Designs und auch sein persönliches Leben. Der gebürtige Südtiroler wurde insbesondere durch ein Praktikum in Schnitt, Design und Fertigung beim italienischen Modelabel DIMITR beeinflusst. Während dieser Zeit er lernte, dass Mode zu schaffen Handwerk und Kunst zugleich ist. Seine handwerklichen Fähigkeiten verfeinert der Jungdesigner momentan in seinem Studium zum Modedesigner. Sein Können stellt er unter anderem mit seiner Kollektion Klubnika unter Beweis. Diese umfasst drei Kleidungsstücke, welche von Julius in den Ateliers der Uni und in seinem Zuhause entwickelt und genäht wurden.
Neben der Handwerkskunst ist auch die Nachhaltigkeit der Stoffe für den Münchner wichtig, wenn nicht sogar eines der Hauptmerkmale. In seiner Kollektion benutzte er deshalb 100 Prozent Schurwolle von artgerecht gehaltenen neuseeländischen Schafen, gestellt vom Textilproduzenten Gabriel Fabrics. Diese nutzten für den Produktionsprozess erneuerbare Energien. In Zukunft möchte er ausschließlich abbaubare oder recycelbare Ressourcen verwenden, denn seiner Meinung nach sollte Mode zeitlos, elegant & nachhaltig sein. Doch Nachhaltigkeit hat für Julius nicht nur mit Stoffen und Herstellung zu tun, sondern auch mit der Langlebigkeit seiner Designs. Seine dreiteilige Kollektion soll auch in 20 bis 30 Jahren noch aktuell und tragbar sein. Diese Langlebigkeit, die aus einer ressourcenschonenden Produktion, hochwertigen Stoffen und einem zeitlosen Design entsteht, ist für Julius der Schlüssel für nachhaltige Mode.
Ein weiterer Punkt, der Julius wichtig ist: Das Potenzial mit seiner Mode die Welt ein wenig zu verbessern. Während Mode oft mit Gewinnmaximierung und egoistischen Motiven verbunden wird, hat die Klubnika Kollektion einen anderen Ansatz. Die Kollektion entstand mit der Unterstützung des Architektenbüros BrücknerInnen Architekten und dem Modelabel LPJ Studios. Teilweise wurden die anlässlich des 50-jährigen Jubiläums des Architekturbüros versteigert. Die Einnahmen gehen an die Stiftung Care-for-rare, die Kindern mit seltenen Erkrankungen Hoffnung auf Heilung gibt.



Sinn und Leidenschaft
Solche Momente zeigen Julius die Sinnhaftigkeit seiner Passion, der Mode, an der er in der Vergangenheit oft zweifelte. Nachdem er in Berlin Modedesign studierte, aufgrund der Corona-Pandemie aber wieder nach Italien ging, fragte er sich, was die gesellschaftliche Relevanz seiner Mode ist. Was er damit erreichen kann in der heutigen von Selbstdarstellung und Konsumwünschen getriebenen Gesellschaft. Im Zuge seiner Sinnkrise begann er ein Informatikstudium. Nach wenigen Monaten merkte er, dass ihm die Liebe dafür fehlte. „Ihre Passion und Energie meiner Kommilitonen habe ich beneidet“, sagt Julius. An seine Leidenschaft für die Mode erinnert, traf er eine Entscheidung, die er bis heute nie bereut hat. Er machte ein Praktikum bei dem Modelabel DIMITRI, lernte das Handwerk auf eine andere Weise kennen und fand seine Leidenschaft wieder. Seitdem studiert er in München und lebt Mode mehr als je zuvor.
„Meine Vision ist es, mit meinen Designs Menschen dazu zu inspirieren, sich selbst kennenzulernen und ihre Persönlichkeit zum Ausdruck zu bringen“. Diese Vision verfolgt Julius unentwegt. So kreiert er zeitlose Designs, die mächtig wirken und doch mit minimalistischer Eleganz überzeugen. In einem kommenden Projekt verbindet Julius diese Aspekte mit dem harten und doch eleganten Silberschmuck des jungen Münchners Timothée Collinet (Purman). Gemeinsam designen und produzieren Sie eine Tasche aus Lederverschnitt und Sterling Silber. Beide verfolgen dasselbe Ziel: „Designs sollen leben, Charakter haben, um dadurch auch die Motivation zu erwecken, sich individuell auszudrücken“. So kann auch die Mode einen Teil zur gesellschaftlichen Entwicklung beitragen.