Ben und Elena leben auf einem Segelboot. Auf ihrem Katamaran Ohana schippern sie übers Mittelmeer von Insel zu Insel. Eine leichte Brise, Salz auf der Haut und immer mit dem Gesicht zur Sonne. Das beschreibt das Leben von Ben (35) und Elena (28) am besten. Beim Interviewtermin sitzen die beiden an Deck ihres Katamarans Ohana. Das Boot gleicht einem Urwald: überall stehen Pflanzen, getrocknete Palmenblätter über dem Dach spenden Schatten. Die Haare der beiden sind vom Salz verklebt.
Ziemlich idyllisch, wie ihr hier so sitzt, während das Meer rauscht. Wie seid ihr denn zu diesem Leben gekommen?
Elena: Seit knapp eineinhalb Jahren leben und arbeiten wir auf unserem Boot. Ben hat Tontechnik studiert und ging für seinen Bachelor nach Australien. Er ist der erfahrene Segler von uns beiden. Fünf Jahre lang segelte er mit einem Freund um die Welt, nahm währenddessen ein Musikalbum auf. Daraus entstand die Reisedoku „Brown away“. Ben hat noch nie so richtig für jemanden gearbeitet, war immer selbstständig unterwegs und lebt seit zehn Jahren am eigenen Boot. Ich hingegen lebte zwei Jahre nach dem Abitur in Spanien. Danach absolvierte ich in meiner Heimatstadt Bad Honneff ein Studium zur Fremdsprachenkorrespondentin und arbeitete nebenbei als Kellnerin. Über Umwege kam ich als Vertretungslehrerin an eine Grundschule. Vor fünf Jahren begann ich außerdem mit Instagram. In der Stadt wurde es mir irgendwann zu eng, der Job war nicht das Richtige für mich und ich wollte einfach freier sein. Also kaufte ich mir für 4.000 Euro einen Van, baute ihn um und reiste nach Spanien.

Und dort hast du Ben kennengelernt?
Elena: Genau. Ben bot Segelreisen an und ich war als Influencerin eingeladen, und durfte auf der allerersten Fahrt mit anderen teilnehmen. Irgendwann hat mich aber der Kapitän mehr interessiert als das Boot. Und so kam es, dass ich immer öfter mitgefahren bin und wir uns irgendwann entschlossen haben, gemeinsam ein Boot zu kaufen und damit Reisen anzubieten. Im ersten Lockdown haben wir uns Ohana gekauft, ich habe endgültig Vanlife gegen Boatlife getauscht und könnte nicht glücklicher sein.
Was ist das Besondere am Bootsleben?
Ben: Ganz klar die Freiheit. Vanlife an sich ist auch cool, aber man ist schon lange nicht mehr so gern gesehen wie früher. Immer mehr Menschen reisen mit dem Bus, hinterlassen Müll und stellen sich an Orte, wo so große Autos eigentlich nicht hingehören. Zurecht wird mittlerweile oft on Einheimischen vertrieben. Am Boot ist das anders. Du hast deine Ruhe, darfst eigentlich überall ankern und bist eigentlich immer frei. Und wenn wir mal Abstand voneinander brauchen, fährt einer mit dem Schlauchboot ans Festland.

Wie funktioniert das Leben an sich, habt ihr ganz normal Strom, Wasser und Heizung?
Ben: Ja, wir leben, wie wir finden, im ziemlichen Luxus. Unser Katamaran ist relativ groß, wir haben mehrere Kabinen für Gäste und ein Schlafzimmer. Wobei die Gästezimmer immer mehr zu Abstellräumen für uns werden. Wir haben kürzlich unser zweites Solarpanel und einen Wassermacher installiert. So können wir ziemlich autark leben, machen aus Meerwasser Trinkwasser und nutzen die volle Sonnenenergie, wovon es ja am Meer in Spanien und Portugal genug gibt. Und wir segeln bis auf ganz wenige Ausnahmen nur mit dem Wind, unser Dieseltank reicht immer mehrere Wochen und Monate.
Was passiert mit dem Abwasser?
Elena: Müll und auch die Toilette muss man in einer Marina entsorgen, aber man kann sie auch gelegentlich am Meer öffnen, wenn man weit genug vom Festland weg ist. Allerdings darf da wirklich nur die flüssige Fracht hinein und kein Klopapier. Spül- und Duschwasser läuft direkt ins Meer. Deshalb verwenden wir auch nur biologisch abbaubare Kosmetik und Reinigungsmittel. Und im September wagen wir ein Experiment.
Nämlich?
Ben: Wir möchten einen Monat möglichst autark leben und nicht mehr als ein Marmeladeglas voll Müll produzieren. Also Brot selbst backen, Fische und Muscheln aus dem Meer kochen, Zahnpasta und Waschmittel selbst herstellen – und dafür am besten kein Geld benötigen. Bis auf die Basics, die wir zu Beginn am Festland besorgen werden. Wir haben uns sogar überlegt, einen Gemüsegarten anzulegen. Salz haben wir schon mal aus Meerwasser hergestellt, alles andere wird ein spannendes Projekt.

Wie kamt ihr auf diese Idee?
Elena: Wenn man viel reist, sieht man nicht nur schöne Dinge. Uns ist vor allem der viele Müll aufgefallen, der überall rumliegt und auch schwimmt. Und auch die ganzen klimatischen Veränderungen stimmen mich schon ziemlich traurig. Es ist manchmal ziemlich hart, die ganzen Dinge auszuhalten, die wir unserer Erde antun. Deshalb gestalten wir unser Leben auch sehr nachhaltig. Jetzt wollen wir einfach noch mehr tun und so wenig Spuren wie möglich hinterlassen.
Deshalb duscht ihr auch fast nie am Boot. Hat das nur etwas mit dem Wassersparen zu tun?
Ben: Das ist ein Punkt. Der andere ist, dass wir das Salz auf unserer Haut lieben. Wir fühlen uns sauber, wenn wir im Meer baden. Unsere Haut trocknet nicht aus, wir sind eigentlich nie krank und lieben einfach unsere strubbeligen Haare. Das ist einfach so ein Gesamtpaket, ein Gefühl, dass wir nie wieder missen wollen. In einem Haus leben wäre gar nichts für uns. Am liebsten möchten wir für immer auf dem Meer leben. Und vielleicht irgendwann als kleine Familie.
Elena: Das einzige wäre eine kleine Fimca mit Bootzugang, das könnte ich mir gut vorstellen. Aber spätestens am dritten Tag würden wir eh wieder raus aufs Meer wollen.

Ihr wollt die beiden auf ihrem Abenteuer begleiten? Dann geht’s hier entlang zu ihrem Instagram Account.
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