Die Wurzeln von Denim lassen sich bis nach Nîmes, Frankreich, zurückverfolgen. Dort wurde ein robuster Baumwollstoff – „Serge de Nîmes“ – entwickelt, aus dem später das Wort „Denim“ entstand. In den USA machte der deutschstämmige Unternehmer Levi Strauss in den 1870er-Jahren Denim populär, der mit Kupfernieten verstärkte Hosen für Goldgräber und Farmer produzierte. Schnell wurde Denim zum Synonym für Belastbarkeit und Langlebigkeit. Sein Ruf ist dem Stoff bis heute treu geblieben, jedoch ist er heute auch aufgrund einer anderen Eigenschaft bekannt: der hohen Umweltbelastung in der Produktion. Für die Herstellung einer einzigen Jeans werden bis zu 8.000 Liter Wasser benötigt, wenn man den gesamten Prozess vom Baumwollanbau bis zum fertigen Produkt betrachtet. Gleichzeitig kommen beim Färben und Veredeln häufig Chemikalien zum Einsatz. Diese belasten nicht nur die Umwelt, sondern gefährden auch die Gesundheit der Arbeiter.
Angesichts dieser Problematik setzen immer mehr Unternehmen auf nachhaltige Produktionsmethoden und innovative Verfahren. Eines davon ist Marc O’Polo. Das Modeunternehmen aus Schweden mit Sitz im deutschen Stephanskirchen befindet sich in einem Wandel hin zu umweltfreundlicheren Prozessen. Ziel ist, den ökologischen Fußabdruck zu minimieren und gleichzeitig die hohe Qualität zu bewahren. Nicole Komaritzan ist Director Marc O’Polo Denim und zeigt im Gespräch mit FOGS auf, wie Denimproduktion nachhaltiger gestaltet werden kann.


Fotos: © Marc O’Polo
FOGS: Welche Schritte hat Marc O’Polo bisher unternommen, um die Denim-Produktion umweltfreundlicher zu gestalten?
Nicole Komaritzan: „Um die Produktion unserer Jeans ressourcenschonender zu gestalten und die Verschmutzung der Umwelt zu reduzieren, setzen wir auf drei Säulen. Diese basieren auf der Verwendung von den sogenannten bevorzugten Fasern, wie beispielsweise recycelte Baumwolle, dem Einsatz von verantwortungsvolleren Technologien zum Färben der Garne und der Messung der Umweltverträglichkeit unserer Waschverfahren. Damit eine Marc O’Polo Jeans unseren hohen Standard erfüllt, müssen mindestens 2 Säulen eingehalten werden, damit der Einsatz bevorzugter Fasern sowie der Gesamtscore der Wash-Treatments mit „Low Impact Process” bewertet werden. Mehr Informationen zu unseren Nachhaltigkeistinitativen kann man in unserem Nachhaltigkeitsbericht nachlesen.“
FOGS: Welche Herausforderungen siehst du aktuell noch in der Produktion nachhaltiger Denim Kollektionen?
Nicole Komaritzan: „Färbe- und Waschprozesse der konventionellen Denim-Herstellung belasten die Umwelt durch einen hohen Einsatz an Wasser, Energie und Chemikalien. Wir arbeiten daran, Lösungen zu finden, die weniger wasser- und energieintensiv sind und den Einsatz von Chemikalien und damit die Verschmutzung der Umwelt reduzieren. Unseren Anspruch für Mode, Qualität und Haltbarkeit mit unseren hohen Nachhaltigkeitszielen in Einklang zu bringen, jedoch die höheren Preise für nachhaltige Alternativen nicht an den Endkunden weiterzugeben, kann sehr herausfordernd sein. Umso wichtiger ist die enge Zusammenarbeit mit unseren Lieferanten. Gemeinsam mit ihnen arbeiten wir kontinuierlich daran, umweltverträglichere Lösungen zu finden. Dazu setzen wir beispielsweise Laser, Ozonwäsche, Nano-Bubble-Technologien, synthetische, wiederverwendbare Steine und umweltfreundlichere Oxidationsmittel ein. Darüber hinaus verwenden wir Jeansstoffe, die sich leichter lasern lassen und damit weniger Energie verbrauchen.“


FOGS: Nachhaltige Stoffe und neue Technologien sind eng miteinander verbunden. Welche technologischen Entwicklungen beeinflussen derzeit die Denim-Produktion von Marc O’Polo am stärksten?
Nicole Komaritzan: „Wir setzen vermehrt auf strategische Kollaborationen, um unsere Produktionsprozesse zu optimieren und nachhaltige Innovationen zu fördern. Ein Schwerpunkt unseres Engagements liegt auf der engen Zusammenarbeit mit kleinen und jungen Unternehmen, die innovative Technologien entwickeln. Diese stellen beispielsweise Fasertypen wie die Brennnessel oder innovative New-Generation Manmade Cellulosic Fibers wie Orange Fiber her. Diese Fasern galten bisher aufgrund ihrer Unbekanntheit, Brüchigkeit oder der erhöhten Ausfallrate im Webprozess als schwer verarbeitbar. Dank der technologischen Expertise unserer Partner können sie nun problemlos in die Produktionslinien integriert werden. Unser Anspruch ist dabei „Made in Europe“. Somit können wir nicht nur die positiven Eigenschaften dieser innovativen Fasern, wie Reißfestigkeit, Atmungsaktivität und Langlebigkeit in unsere Produkte einfließen, sondern sie auch ökologisch unbedenklicher produzieren lassen. Aber auch die Kreislaufwirtschaftstechnologien, die es uns ermöglichen, recycelte Materialien in die Produktionsprozesse zu integrieren, sind entscheidend.“
FOGS: Wie bewertest du die Rolle von recycelten Materialien im Bereich Denim?
Nicole Komaritzan: „Die Rolle wird sichtlich größer! Die Expertise in der Verarbeitung glücklicherweise auch. Vor einigen Jahren gab es hinsichtlich mangelnder Reißfestigkeit einige Vorbehalte, was den Einsatz recycelter Fasern anging. Mittlerweile arbeiten wir jedoch mit starken Partnern zusammen, die unseren hohen Qualitätsansprüchen gerecht werden können. Seit etwa drei Jahren führen wir einen stark performenden BNOS-Artikel, der bereits zu hundert Prozent aus recycelter Baumwolle besteht. Die gute Performance sowie das positive Feedback zur Reißfestigkeit ebnen uns den Weg für den vermehrten Einsatz recycelter Materialien, wie beispielsweise recyceltem Leinen.“
Die Capsule Kollektion von Marc O’Polo x Orange Fiber







FOGS: Ab Februar wird die Kooperation von Marc O’Polo mit Orange Fiber erhältlich sein. Was macht diese Zusammenarbeit für dich besonders und wie ist sie entstanden?
Nicole Komaritzan: „Die Kooperation zwischen Marc O’Polo Denim und Orange Fiber vereint für mich unsere Kernwerte von Qualität, Innovation und Nachhaltigkeit. Mit Orange Fiber und „Made in ltaly“ verbindet man positive Assoziationen. Diese helfen uns, das Thema Nachhaltigkeit zugänglicher zu gestalten und die italienischen Handwerkskunst mit ihrem Premiumanspruch in den Fokus zu stellen. Mithilfe der Orange Fiber Company und unserem italienischen Weber konnten wir die weltweit ersten Jeansprodukte mit Orangenfaser-Anteil auf den Markt bringen. Wir sind stolz, unsere Rolle als „Leader“ im Bereich der Nachhaltigkeit weiter ausbauen und neue Maßstäbe innerhalb der Kreislaufwirtschaft setzen zu können.“
FOGS: Kannst du uns mehr über Orange Fiber, das Unternehmen und das Material erzählen?
Nicole Komaritzan: „Orange Fiber ist ein innovatives italienisches Unternehmen, das 2014 in Catania, Sizilien, gegründet wurde. Das Unternehmen verfolgt die Vision, nachhaltige und zirkuläre Premiumstoffe aus den Nebenprodukten der Zitrus-Saftproduktion zu produzieren. Die sogenannte Orange Fiber wird durch ein patentiertes Verfahren gewonnen, das weltweit Anerkennung gefunden hat. Der Produktionsprozess beginnt in Sizilien, wo die Nebenprodukte der Saftproduktion gesammelt werden. Diese Abfälle würden andernfalls viel Energie und hohe Kosten zur Entsorgung erfordern. Orange Fiber wandelt sie zu Zellulose um und mischt sie mit Holz aus zertifizierten Wäldern. Diese Zellulosefasern werden dann zu Garn gesponnen, aus dem hochwertige Textilien hergestellt werden, die von Jersey über Seidenalternativen bis hin zu Denim reichen.“
„Die Orange Fiber, offiziell bekannt als „TENCEL™ Lyocell LE Orange Fiber”, wird in Zusammenarbeit mit der Lenzing Group produziert. Diese New Generation Manmade Cellulosefiber besitzt die gleichen Eigenschaften wie klassisches Tencel: einen seidig weichen Griff, Glanz sowie eine besonders hohe Reißfestigkeit und Atmungsaktivität. Weltweit werden jährlich etwa 40 Millionen Tonnen Zitrusrestabfälle generiert. Durch die Gewinnung der Orange Fiber kann ein Teil dieser Abfälle in den Kreislauf zurückgebracht und in neue Fasern umgewandelt werden. Diese nachhaltige Faser kombiniert die „Made in ltaly”-Expertise führender italienischer Spinnereien und Webereien mit innovativer und kreativer Kreislaufwirtschaft-Technologie, um den höchsten Qualitätsansprüchen gerecht zu werden. Dies macht die Orange Fiber zur aktuell nachhaltigsten Variante von Cellulosefasern auf dem Markt.“


FOGS: Wird es in Zukunft weitere ähnliche Kooperationen bei Marc O’Polo geben, bei denen nachhaltige Materialien im Fokus stehen?
Nicole Komaritzan: „Ja, auf jeden Fall. Nachhaltigkeit ist ein zentraler Bestandteil unserer Unternehmensstrategie, und wir sind ständig auf der Suche nach neuen Partnerschaften und innovativen Materialien, die unsere Umweltauswirkungen weiter reduzieren. Für September 2025 planen wir zum Beispiel eine spezielle Denim Kapsel für unsere Marc O’Polo Denim Girls und Boys, die Brennnesselfasern enthält. Diese exklusive Kapselkollektion wird aus einer Mischung aus 89 % Bio-Baumwolle und 11 % Brennnesselfaser gefertigt. Brennnesselfaser ist bisher als Textilfaser nahezu unbekannt, obwohl sie ähnliche Vorteile wie Leinen oder Hanf bietet und zu den Bastfasern gehört. Sie wächst unter fast allen Wetterbedingungen und ist äußerst widerstandsfähig. Unsere Brennnesselfasern werden vollständig in Deutschland kultiviert, geerntet und verarbeitet von dem deutschen Start-up-Unternehmen Felde Fibers. Diese Fasern sind besonders fein verarbeitet, was sie extrem weich und hochwertig macht. Der Kohlenstoff-Fußabdruck bleibt dabei sehr gering, da Felde Fibers eng mit lokalen Landwirten zusammenarbeitet und ihre Fasern GOTS-zertifiziert sind.“
FOGS: Welche Vision verfolgt Marc O’Polo langfristig im Bereich Denim – und welche Rolle spielen Partnerschaften mit lnnovatoren wie Orange Fiber dabei?
Nicole Komaritzan: „Unsere langfristige Vision ist es, führend im Bereich umweltfreundlicher Denim-Produktion zu sein. Partnerschaften mit lnnovatoren wie Orange Fiber spielen dabei eine entscheidende Rolle. Sie helfen uns dabei, nachhaltige Praktiken und Materialien in unsere Produktion zu integrieren. Unser Ziel ist es, die Modebranche voranzutreiben und zu zeigen, dass Mode und Nachhaltigkeit Hand in Hand gehen können.“
Mehr über die Nachhaltigkeitsinitativen von Lenzing, die Gletschern zugutekommen, erfährst du hier.