Nachhaltigkeit war das Thema der diesjährigen Berlin Fashion Week. Mit der Neonyt im alten Kraftwerk, dem hub für Fashion, Nachhaltigkeit und Innovation, wurde auch in diesem Jahr wieder versucht, den Wandel in der Modewelt zu forcieren. 170 Aussteller aus 20 Ländern, unzählige Talks und Workshops sowie eine elaborierte Fashionshow festigten den Ruf der Fashion Week als internationalen Hotspot für progressive und “sustainable fashion“.
Neonyt Berlin: Ruf nach Veränderungen in der Modeindustrie
Mode wird rasch mit Kunst, Luxus, Spiel und unserem Grundbedürfnis an Bekleidung assoziiert. Doch im Zeitalter von «fast fashion» und den vermehrt ins öffentliche Bewusstsein tretenden Schattenseiten der Modeindustrie, wird der Ruf nach Veränderungen, sei es bei der Produktion, sei es hinsichtlich des Konsums, schriller.
Synthetische Textilien sind eine der Hauptgründe für Mikroplastikverschmutzung
Besonders energisch war bei der diesjährigen Neonyt der Aufruf zum Umdenken – auch des eigenen Konsumverhaltes – beim Fashionsustain-Talk von «Stop! Micro Waste»-Gründer Alexander Nolte (Langbrett). Dabei machte er auf ein Problem aufmerksam, von dem wohl die wenigsten zuvor gehört hatten: Synthetische Textilien sind mit 35 Prozent eine der Hauptquellen für die globale Mikroplastikverschmutzung.
Mit jedem einzelnen Waschgang gelangen unzählige Kunststofffasern synthetischer Textilien in unsere Flüsse und die Ozeane. Einmal in der Umwelt, lagern sie Schadstoffe an und werden von Wasserlebewesen konsumiert, die wiederum in die Nahrungskette übergehen. Laut einer Studie der University of California in Santa Barbara setzt eine Stadt der Größe Berlins ein Volumen an Mikrofasern durchs Waschen frei, das ca. einer halben Million Plastiktüten entspricht. Und das täglich.
Vegan aber trotzdem synthetisch?
Die Aufklärung ist deshalb so brisant, da einige nachhaltige Modebrands auf das Rezyklieren von Plastikmüll (etwa Fair-Fashion-Label Ecoalf aus Spanien) oder auf «vegan» setzen und dabei meist synthetische Materialien verwenden.
Dies ist nur eines von vielen Problemen, denen sich die Industrie aber auch die Politik stellen müssten. Im Fokus der Neonyt-Fashionshow, die, hervorragend kuratiert von Claudia Hofmann, Stylistin und Co-Gründerin von Fashion Council Germany, stand das Thema Denim.
Sorgenkind Jeans
Ebenfalls ein wohlbekanntes textiles Sorgenkind (enormer Wasserverbauch, breiter Chemikalieneinsatz), zeigten dieses Jahr verschiedene internationale Jeans-Labels interessante Problemlösungsansätze auf. Etwa Goodsociety oder Mud Jeans. Bei Mud Jeans etwa sollen alle Produkte bis 2020 aus 100 Prozent recycelten Jeans bestehen. Wer eine Mitgliedschat eingeht, kann zudem Jeans ausleihen, eintauschen und repariert lassen. Goodsociety verzichtet u.a. komplett auf schädliche Chemikalien.
Doch die Neonyt will vor allem auch eines: aufzeigen, dass es neben einem achtsameren Konsum bereits eine Vielzahl an engagierten und fashionable Marken gibt, mit denen man den Wandel unterstützen kann. Denn dieses Jahr präsentierten an der Neonyt 170 internationale Labels ihre Neuheiten für Frühjahr/Sommer 2020. Es ist noch ein sehr langer Weg in eine wirklich nachhaltigere Modezukunft. Aber wir alle können diesen gemeinsam durchaus beschleunigen.
Die nächste Neonyt findet vom 14. bis 16. Januar 2020 statt.
Bildcredits: Messe Frankfurt GmbH
Text: Kristina A. Köhler