Die Social-Media-Welt liebt schnelle Schönheitslösungen. Von seltsamen Hacks bis zu ausgeklügelten Behandlungen scheint es für jedes Beauty-Problem eine sofortige Antwort zu geben. Eine der jüngsten Modeerscheinungen, die aktuell durch TikTok, Instagram und Co. geistert, ist das sogenannte “Face Taping”. Dabei werden Klebestreifen auf das Gesicht geklebt, um Falten vorzubeugen oder sie sogar zu glätten. Klingt verlockend – aber wie sinnvoll ist das wirklich?
Was ist Face Taping?
Das Taping ist keine neue Erfindung, sondern wurde ursprünglich in der Physiotherapie verwendet, um Muskeln zu unterstützen und Schmerzen zu lindern. In der Schönheitsindustrie ist die Idee ähnlich: Durch das Aufkleben von Klebebändern an bestimmten Stellen des Gesichts soll die Haut gestrafft und in eine faltenfreie Position gebracht werden. Besonders beliebt ist das Taping über Nacht, um der Haut Zeit zu geben, sich zu „regenerieren“ und am nächsten Morgen straffer und frischer zu wirken. Im Handel gibt es bereits spezielle Face-Taping-Streifen, doch viele greifen auch zu normalen Klebebändern aus der Drogerie. Dabei werden Stirn, Wangen, Kinn oder der Augenbereich beklebt, um gezielt Falten zu glätten oder die Gesichtskonturen zu straffen.
Die Versprechen des Trends
Anhänger:innen des Face Taping preisen den Trend als günstige Alternative zu Botox oder Facelifts an. Sie behaupten, dass das regelmäßige Tragen der Streifen die Gesichtsmuskeln trainiert und somit langfristig Falten reduziert. Einige sprechen von sofort sichtbaren Ergebnissen – weniger Falten, straffere Haut und ein frischerer Teint. Besonders die Idee, dass die Haut durch mechanische Beeinflussung in ihrer jugendlichen Form „gehalten“ wird, wirkt auf viele verlockend. Schließlich ist der Aufwand gering, und das Klebeband tut auf den ersten Blick genau das, was es verspricht: Es zieht die Haut glatt. Doch kann diese Methode tatsächlich nachhaltige Ergebnisse liefern?

Das sagt die Wissenschaft zu Face Taping
Kritisch betrachtet, gibt es kaum wissenschaftliche Beweise dafür, dass Face Taping langfristig etwas bewirkt. Tatsächlich ist der Effekt des Tapings meist nur von kurzer Dauer: Sobald das Klebeband entfernt wird, kehrt die Haut in ihre ursprüngliche Position zurück. Falten, die durch die natürliche Hautalterung, Sonnenexposition oder genetische Veranlagung entstehen, lassen sich nicht einfach durch das Überkleben mit Tape dauerhaft glätten. Auch Expertin Dr. Radina Denkova vom Wiener Schönheitszentrum Beauty Privé bestätigt diese Skepsis: „Face Taping soll helfen, die ungewollten Bewegungen unserer Gesichtsmuskeln zu reduzieren. Leider ist die Wirkung danach sehr kurzfristig. Wenn man es über Nacht macht, hält der Effekt maximal bis zum Nachmittag des nächsten Tages an und dann funktioniert der Muskel wieder normal. Deshalb gibt es von mir keine Empfehlung.“
Ein weiteres Problem ist, dass das ständige Auftragen und Entfernen des Tapes die Haut strapazieren kann. Besonders bei sensibler Haut kann es zu Reizungen, Rötungen oder sogar kleinen Verletzungen kommen. Die Klebstoffe in handelsüblichem Tape sind nicht für die Anwendung auf der Gesichtshaut ausgelegt, was das Risiko für allergische Reaktionen oder Hautirritationen zusätzlich erhöht. Langfristig betrachtet, könnten sich durch das ständige Ziehen und Zerren an der Haut sogar negative Effekte ergeben.

Glatter Placebo-Effekt
Als angepriesener Ersatz für beliebte Eingriffe wie Botox sieht Expertin Dr. Denkova das Face Taping also definitiv nicht: „Wenn Sie nach einer nicht-invasiven Behandlung suchen, würde ich Ihnen Behandlungen zur Muskelentspannung empfehlen, um die Falten zu reduzieren. Die Behandlung mit dem größten Effekt ist und bleibt jedoch eine Injektion mit Botulinumtoxin.“ Die meisten überzeugten Anhänger:innen des Face Tapings schwärmen dennoch von sichtbaren Erfolgen. Grund dafür könnte ein häufig beobachtetes Phänomen bei Beauty-Trends sein: der sogenannte Placebo-Effekt. Wer fest an die Wirksamkeit einer Methode glaubt, fühlt sich danach auch frischer und schöner. Das Ergebnis mag dann weniger auf der tatsächlichen Veränderung der Haut basieren, sondern eher auf der positiven Wahrnehmung.
Wer seine Haut auf gesunde Weise zum Strahlen bringen möchte, setzt also am besten auf bewährte Methoden wie Sonnenschutz, die richtige Pflege und einen gesunden Lebensstil – und verschwendet damit auch keine Tapes.