Verletzlichkeit als Stärke sehen: Mit ihrem Modelabel möchte Designerin HISU PARK Frauen stark machen. Jedoch nicht, indem sie sie wie Männer erscheinen lässt, sondern indem sie vermeintlich schwache, weibliche Attribute zur Stärke erklärt.
Das unterschwellige Gefühl, wegen zierlicher Erscheinung oder dem Geschlecht gleich von Vornherein anders behandelt zu werden, kennen vor allem Frauen sehr gut. Sensibilität und Höflichkeit verwechselt man oft fälschlicherweise mit Naivität, das Fehlen von dergleichen wiederum mit Zickigkeit. Vorurteile, die nicht nur im Job, sondern auch im Alltag belasten. Genau diesem Problem stellt sich die Wiener Nachwuchsdesignerin Hisu Park mit ihrer ersten Kollektion „Grumpy Jane“.
„Meine Kleidung sehe ich ein wenig als Rüstung, die Frauen empowern soll“, erzählt die Modedesignerin. „Aber das heißt nicht, dass man sich damit verkleidet oder sich dahinter versteckt. Meine Anzüge, Kleider und Jacken sollen eher die starken Persönlichkeitszüge unterstreichen, die bereits da sind. Sie sollen Selbstvertrauen schaffen, weil man sich wohl in dem fühlt, was man trägt“ . Die Outfits spielen mit starken Silhouetten und sehr zarten Stoffen. Blumige Muster treffen auf breite Schultern, fast transparenter Organza aus Seide auf Rollkrägen und auffällige Stickereien. Ein Gefühl für modernen Zeitgeist beweist die Wienerin außerdem mit dem Konzept ihres jungen Labels.
Erfahrung trifft auf Kreativität
Weil Feminismus immer mit fairen Arbeitsbedingungen einhergeht, werden alle Kleidungsstücke lokal in Wien produziert. Hisu Park arbeitet dafür unter anderem mit einer Schneidermeisterin zusammen, die auf 40 Jahre Erfahrung zurückblickt. Alle Stoffe werden in hoher Qualität von kleinen Betrieben aus Italien und London bezogen, auf synthetische Stoffe wird gänzlich verzichtet. Und auch die filigranen Sprüche und Muster sticken lokale Handarbeiter:innen auf. „Ich habe es tatsächlich geschafft, ein Team von tollen und erfahrenen Leuten um mich zu scharen. Es herrscht eine fast schon familiäre Atmosphäre im Atelier“, verrät Hisu Park lächelnd.
Slow Fashion auf Bestellung
Der Wienerin mit koreanischen Wurzeln ist es besonders wichtig, entgegen der verschwenderischen Modebranche zu arbeiten. Aus diesem Grund baut ihr Label auf dem „made to order“-Prinzip auf. Erst wenn eine Bestellung eingeht wird das Kleidungsstück in der passenden Größe gefertigt. Das vermeidet den sogenannten Dead-Stock, also übriggebliebene Kleidung und Stoffe, die im Fast Fashion Bereich oft sogar im Müll landen. Durch dieses Prinzip können außerdem alle erdenklichen Kleidergrößen angefertigt werden.
Für noch mehr Inklusion ist in Zukunft die Möglichkeit geplant, alle Schnitte der Kollektion in ausgewählten Baumwoll- und Wollstoffen zu erwerben. Ein Anzug in blumigem Jacquard ist dann beispielsweise auch in einem Material mit mehr Basic-Charakter verfügbar und somit noch besser unisex tragbar.
Das Power Alter Ego
Und wer ist nun diese Grumpy Jane, nach der Hisu Parks Debütkollektion benannt ist? „Sie ist jede von uns. Grumpy Jane steht stellvertretend für alle, egal welcher Geschlechtsidentität, die sich schon einmal zu sensibel für diese Welt gefühlt haben. Für alle, die mit Vorurteilen zu kämpfen haben und deshalb auch einmal wütend sein wollen.“ Die von der Designerin erdachte Kunstfigur verkörpert aber auch die Hürden, denen sich moderne Frauen in der heutigen Gesellschaft stellen müssen – vom Umgang mit Sensibilität über Genderrollen bis hin zu psychischer Gesundheit. Klingt ganz so, als wäre Grumpy Jane das Role Model, das wir schon lange gesucht haben.