Ein Haus mit großem Garten, etwas außerhalb von Berlin. Hier, wo die Spree idyllisch vorbeifließt, haben sich die Unternehmerinnen Ann-Kathrin Grebner und Yasmin Poloczek mit ihrem sechsköpfigen Team niedergelassen. Die zwei Berlinerinnen haben eine holistische Streaming-Plattform namens My Inner Health Club gegründet, die sich ganzheitlicher Gesundheit widmet. Hier ist es kein Muss im Büro zu erscheinen, das Haus an der Spree soll eher ein Ort sein, wo alle gerne zusammenkommen, um sich gegenseitig neue Kraft und Motivation zu spenden. Alles am und im Fluss, quasi.
Anders denken – das haben sich Ann-Kathrin und Yasmin auch für My Inner Health Club vorgenommen. Wer hier eine Mitgliedschaft erwirbt, kann nicht nur auf Themen wie Meditation, Yoga und Ernährung zugreifen, es finden sich auch Kurse fürs richtige Kneippen, die Herstellung von Immun-Shots aus natürlichen Kräutern oder das Setzen von gesunden Grenzen. Ein ganzheitlicher Ansatz der Selbstfürsorge und Prävention von Zuhause aus, der mit hohem ästhetischem Anspruch aufbereitet wird. Aber warum müssen Gesundheitsthemen uns überhaupt erst schmackhaft gemacht werden? Und wo zieht man die Grenzen zwischen sinnvoller Selfcare und unnötigem Konsumgut? Das und noch mehr haben wir die beiden Gründerinnen persönlich gefragt.
Nach zweijähriger Planung habt ihr My Inner Health Club 2022 gelauncht. Aus welchen Bereichen kommt ihr zwei ursprünglich?
Yasmin: Ich habe eigentlich BWL studiert. Nach dem Studium fing ich bei einem Designmagazin in Bereich Brand Partnerships an, da ich gerne mit Menschen arbeite. In meiner Elternzeit machte ich dann eine Ausbildung zur ganzheitlichen Gesundheitsberaterin und eine Zusatzausbildung zur Mikronährstoffberaterin. Anni und ich kannten uns schon länger und als wir uns nach den ersten Lockdowns im Jahr 2020 wiedersahen, hatten wir plötzlich die gleiche Idee im Kopf. So startete unsere Reise.
Ann-Kathrin: Ich komme aus der Werbung. In Berlin habe ich mich dann irgendwann neu orientiert, studierte an der Universität der Künste, arbeitete freiberuflich und gründete mein erstes Unternehmen. Ich habe mich in diesem Tech-Arbeitsumfeld aber bald nicht mehr wohlgefühlt. Nachdem ich privat Wege fand, wie man mental und physisch wieder in Balance kommt, gründete ich einen Podcast. Ich fand es schön, dass dieser für viele Menschen eine wichtige Hilfestellung dabei war, sich gesund und glücklich zu halten. Ich wollte genau diese Wissensvermittlung größer denken – genauso wie Yasmin.
Derzeit brauchen so viele Menschen Anspruch auf Therapie, dass das Gesundheitssystem gar nicht nachkommt. Wie viel kann man für seine psychische Gesundheit selbst von zuhause aus tun?
Ann-Kathrin: Wir müssen als Gesellschaft realisieren, dass die psychische Gesundheit genauso viel wert ist wie die physische. Da sind wir noch lange nicht, weshalb das System auch den derzeitigen Anforderungen nicht entspricht. Der nächste Schritt ist, zu wissen, wie essentiell es bei psychischen Erkrankungen ist, sich genauso ärztliche Hilfe zu suchen. Das können wir als holistische Onlineplattform natürlich nicht, da müssen wir uns abgrenzen. Was wir aber wollen, ist aufzuklären. Woher kommt psychische Belastung und wie äußert sie sich bei mir? Sich damit zu beschäftigen und sich selbst richtig einschätzen zu können, ist wertvoll. Daher bietet My Inner Health Club nicht nur Praxis, sondern auch Wissensvermittlung. Wir setzen in der Prävention zuhause an. Das muss nicht super kompliziert sein. Es geht um kleine Dinge, wie sich eine Pause zu gönnen. Man kann also mit Ernährung, Bewegung und Achtsamkeit für sich selbst Routinen finden, die uns neue Struktur geben.
Yasmin: Wir haben uns gefragt: Warum sind wir als Gesellschaft gerade da, wo wir sind? Was ist die Ursache? In so instabilen Zeiten wie jetzt, ist es umso wichtiger, auf uns selbst zu hören. Das haben wir schon fast verlernt. Wir brauchen mehr Zugang zu uns selbst. Heute geben wir uns zu wenig Raum für uns selbst, es wird alles immer performativer und schneller, ohne Zeit zur Verarbeitung. My Inner Health Club ist ein Raum für Ausgleich.
Gesundheit und Spiritualität mit Lifestyle zu verbinden, hat durch die konsumgetriebene Influencer-Kultur auf Social Media einen negativen Beigeschmack bekommen. MIHC wirkt optisch ebenfalls sehr ästhetisch und lifestylig. Wie steht ihr zu dem Thema? Muss man den Menschen Gesundheit schmackhaft machen, damit sie sich damit beschäftigen?
Ann-Kathrin: Ein zweischneidiges Schwert. Schön ist, dass das Thema Aufmerksamkeit bekommt. Das brauchen wir. Per se ist die Vermarktung von Gesundheit also nicht negativ konnotiert. Dass gewisse Themen ansprechend aufbereitet werden müssen, ist richtig – so funktioniert Ökonomie. Du findest die Hose schön, sie ist modern, also willst du sie kaufen. Konsumgesellschaft funktioniert über Dynamiken – also was ist, wenn wir diese Dynamiken strategisch für uns nutzen, um einen wirklich wichtigen Thema Wert zu geben? Natürlich muss man vorsichtig sein, wie man damit wirbt.
Yasmin: Gesundheit ist das wichtigste Gut und wir finden, es sollte wieder ein Statussymbol werden. Wir kombinieren Ästhetik und Lifestyle mit fundiertem ärztlichen Wissen. Und das ist in dieser Kombination neu.
Seit der Pandemie wächst der Markt für Produkte im Wellness und Mental Health Sektor stetig an. Das reicht vom CBD-Öl bis hin zu Jaderollern fürs Gesicht um 150 Euro. Wo zieht man die Grenzen zwischen sinnvoll und Geldverschwendung?
Ann-Kathrin: Ich glaube, so ein Denken ist in unserer Konsumgesellschaft schon alltäglich. Denn: was brauche ich schon wirklich? Wenn mir Gadgets wie diese viel Geld wert sind, dann kaufe ich sie. Aus diesem Wellbeing-Boom wollen natürlich viele Vorteile ziehen und da muss man aufpassen. Denn bei einem Jaderoller kann man nicht so viel falsch machen als bei Supplements, beispielsweise. Deshalb setzen wir da wieder bei Prävention an. Bevor du dir Supplements um hunderte Euro kaufst, schau doch in den Garten deiner Oma oder auf heimische Wiesen. Beschäftige dich mit Kräutern, finde heraus, was sie mit dir machen und wobei sie dir helfen können. Stelle deine eigenen Präbiotika her, etc.
Yasmin: Was ich in meiner beruflichen Laufbahn gelernt habe: Du musst einen Wert entgegenstellen, damit die Menschen überhaupt anfangen, sich damit zu beschäftigen. Denn von Dingen, die umsonst sind, lässt man sich einfach nur berieseln, probiert aber nichts wirklich aus. Unser Mitgliedspreis bekommt dadurch noch eine zusätzliche Funktion. Er bezahlt nicht nur die Arbeit, die reinfließt und sorgt dafür, dass wir nicht auf Werbepartner:innen angewiesen sind, sondern schafft auch Commitment für Mitglieder.
Ihr seid erfolgreiche Unternehmerinnen – wie geht ihr persönlich mit eurer Work Life Balance um?
Yasmin: Das ist eine wunderbare Frage, denn es ist eine riesige Herausforderung. (lächelt) Anni und ich stellen uns konstant die Frage: Kann man gesund gründen? Wir haben darauf noch keine finale Antwort. Wir leben beide dieses Thema und sehen unsere Gesundheit auch als unsere Verantwortung. Man muss sich selbst die Tools holen, die helfen, mit Herausforderungen des Alltags umgehen zu können. Als wir uns zusammentaten, war Teil unseres Deals, dass wir die ganze Reise von einer Coachin begleiten lassen. Alle sechs Wochen machen wir außerdem Team-Coaching-Session, um wieder mehr Raum zu schaffen. Für Spannungen und Reflexion. Das stabilisiert das Unternehmen. Es war das beste Investment. So schaffen wir es, auf dieser spannenden Reise gemeinsam zu wachsen.
Ann-Kathrin: Das Geheimnis ist Aufmerksamkeit. Sich selbst, aber auch dem Team gegenüber. Yasmin ist beispielsweise Schlaf ganz wichtig, ich dagegen brauche Yoga und Meditation. Es beginnt kein Tag ohne meine Routinen. In manchen Wochen muss man vielleicht umdenken und verschiebt die Morgenroutine auf den Abend. Aber wenn ich die gar nicht unterbringen kann, heißt das, dass es an irgendeiner Stelle zu viel ist und ich daran arbeiten sollte.
Und was ist dein Geheim-Tool, Yasmin?
Yasmin: Wir sind das beste Beispiel für Gegensätze, die funktionieren. Muttersein ist die größte Herausforderung meines Lebens und Routinen funktionieren da nicht. Mein Tool ist daher, dass ich in mich reinhorche und verstehe, was ich gerade wirklich brauche. Meine innere Stimme ist immer bei mir und leitet mich durch den Alltag. Und auf sie muss ich auch hören. Also egal, welchen Ansatz man für sich selbst findet, es gibt immer einen Weg, etwas für sich selbst zu tun.
Der Mitgliedsbeitrag zu den umfangreichen Kursen von My Inner Health Club liegt derzeit bei € 16,50 pro Monat. Interessierte können das Angebot 14 Tage gratis testen.
Bilder: © My Inner Health Club