Neuen Datenerhebungen der Plattform statista zufolge erzeugt die Kosmetikindustrie weltweit 120 Milliarden Verpackungseinheiten pro Jahr. Diese schwindelerregende Zahl ist mitverantwortlich für den jährlichen Verlust von 18 Hektar Wald, da viele der Pappschachteln, in denen Cremes und Seren verpackt sind, nicht aus nachhaltiger Produktion stammen. Gerade Naturkosmetik-Marken tüfteln deshalb vermehrt an Refill-Lösungen für Seifen, Cremes und Co. Aber auch Luxus-Labels sind bereits zaghaft auf diesen Zug aufgesprungen und bieten zum Beispiel Parfums in wiederbefüllbarer Variante an. Dennoch ist Refill-Kosmetik immer noch eher Nischen- statt Mainstreamprodukt. Warum das so ist und wo die Vor- und Nachteile liegen, haben wir Julia Möller gefragt, Produkt Managerin mit Fokus auf nachhaltige Produktentwicklung bei Stop The Water While Using Me. Das Hamburger Kosmetiklabel gehört zu den Pionier-Unternehmen in Sachen nachhaltiger Verpackung.
FOGS: Wo liegen die Herausforderungen in der Produktion von Refill-Kosmetik?
Julia Möller: „Die größte Herausforderung dabei ist, die passenden Beutel aus Monomaterial zu finden, damit sie zu 100 % recyclingfähig sind. Deshalb verzichten wir bei allen Refill-Beuteln auf einen separate Ausgießnase mit Drehverschluss, den sogenannten „Spoud“. Zudem standen wir vor der Hürde, geeignetes Material zu finden, das für Kosmetikprodukte zugelassen ist. Und schlussendlich mussten wir sicherstellen, dass die Beutel im Versand nicht platzen.“
FOGS: Ist dieser Arbeitsaufwand der Grund, warum nicht bereits mehr Brands Refill-Kosmetik anbieten?
Julia Möller: „Ja, der Entwicklungsaufwand ist aufgrund der vielen Herausforderungen sehr groß. Zudem sind Kund:innen häufig nicht bereit, einen angemessen hohen Preis für ein Refill-Produkt zu zahlen, obwohl dieses den gleichen hochwertigen Inhalt enthält. Und in unserem Fall macht der Inhalt auch den überwiegenden Teil der Kosten aus. Außerdem stehen Unternehmen mit Refills oft vor der Frage der Convenience. Für viele Käufer:innen ist Refill – insbesondere im Skincare-Bereich – noch nicht so vertraut wie beispielsweise Seife. Hier ist eine Menge Aufklärungsarbeit zu leisten, damit das Produkt nicht als „unpraktisch“ empfunden wird. Denn eigentlich müssen die Tiegel dazu nur einmal per Hand oder im Geschirrspüler gereinigt werden. Im Anschluss können sie wieder befüllt werden.“

FOGS: Gibt es noch andere Vorteile als die Nachhaltigkeit?
Julia Möller: „Auf Unternehmensseite spielen hier vor allem Gewicht und Größe der Refills eine Rolle. Wir benötigen nicht nur weniger Lagerfläche, sondern auch das Transportgewicht ist geringer, was wiederum auch zu einem geringeren CO2-Footprint führt. Auf Seiten der Kundschaft ist ein Refill immer mit einem attraktiven Preisnachlass verbunden. Darüber hinaus bieten wir unsere Refills im praktischem Abo-Modell an, bei dem diese in regelmäßigen Intervallen bequem nach Hause geliefert werden.“
FOGS: Und wenn man die Refills irgendwann doch entsorgen möchte?
Julia Möller: „Als Monomaterial können sowohl Refill-Beutel als auch die Tiegel direkt über den „gelben Sack“ entsorgt und so dem Recyclingprozess zugefügt werden.“
FOGS: Was können Kosmetik-Brands noch tun, um Verpackungsmüll zu sparen?
Julia Möller: „Wir verfolgen mit unseren Produkten von Anfang an eine Reduce-Waste-Philosophie – sei es über den Einsatz diverser Refill-Gebinde unserer liquiden Produkte oder aber unsere nachhaltigen Produktentwicklungen wie unsere wasserlose Waterless-Pflege, bei der wir ausschließlich mit recyclingfähigen Papierverpackungen arbeiten. Mit unserer Skincare arbeiten wir daher ebenfalls mit dem Ansatz, Material maximal zu reduzieren und so wenig Plastik wie möglich in Umlauf zu bringen. Deshalb haben wir unsere Tiegel endlos nachfüllbar gemacht und unsere Face Cleansing Bar völlig plastikfrei in recyclingfähigem Papier verpackt.“
Beitragsbild: © Nati Melnychuk via Unsplash