“Kaffee geht einfach immer!”, das dachten sich auch die Unternehmensberater Maximilian Munz und Oliver Kremer – und zwar gleich mehrmals täglich. Gemeinsam haben sie verschiedene Projekte im Bereich Re- und Upcycling beratend begleitet und sich seit 2019 immer mehr mit Themen der Nachhaltigkeit beschäftigt.
Und wie das so ist, wenn man sich mit dem Verbrauch von Ressourcen befasst, wurden sie auf den „Abfall“ ihres Kaffeekonsums aufmerksam: den vielen Bergen von Kaffeesatz. Nach und nach ist daraus eine Idee entsprungen: Wieso Kaffeesatz nicht als Rohmaterial sehen? Es begannen viele Monate der Recherche. Über Monate hinweg ist der Prozess darüber gereift, wie man Kaffeesatz auf eine Weise erneut auf den Markt bringen kann, dass es vielen Menschen etwas bringt. Maximilian und Oliver kennen sich vor allem aus privaten Gründen gut mit Naturkosmetik und empfindlicher Haut aus. Es kam eines zum anderen und die Idee war geboren: Kaffeesatz als Serum aufbereiten, das Menschen mit sensibler Haut als Naturkosmetik helfen soll.
Nach weiteren sechs Monaten, im April 2020, war das Unternehmen Circly gegründet und das Kaffeeserum war „ready to market“. Ihm angeschlossen hat sich ein Lippenbalm. Die beiden ersten Produkte kommen als Trio in einer Tasche aus Bio-Baumwolle. Alle Produkte von Circly sind 100 Prozent pflanzlich und tierversuchsfrei. Circly steht für echte Naturkosmetik, die in Deutschland gefertigt wird.
Fragen an den Gründer Maximilian Munz
Unsere Redakteurin Cécile verabredete sich online mit Maximilian (rechts im Bild), um noch weitere Einblicke in das Start-up zu erhalten:
Maximilian, was war die Motivation hinter Circly?
Unsere Motivation ist unsere persönliche Leidenschaft für das Thema Kreislaufwirtschaft. Circly ist aus einem Prozess heraus entstanden, bei dem wir zunächst das Thema Upcycling unglaublich spannend fanden und dann auf Kaffeesatz aufmerksam wurden. Wir wollten Kaffeesatz vor der Tonne retten und für unsere Kund:innen nachhaltig verfügbar machen.
Was ist Deine Definition von Upcycling?
Für mich bedeutet Upcycling, wenn man einen wertvollen Stoff oder ein Material verwendet und diese in einen höherwertigen Zustand erhebt. Bei Circly werden aus Obstschalen Kosmetik, aus Kaffeesatz ein Inhaltsstoff. Wir wollen dem Prinzip „trash to trasher“ entgegenwirken, indem wir vermeintlich „toten“ Materialien ein neues Leben geben und sie vor dem Abfall bewahren.
Wie kamt Ihr zu Naturkosmetik?
Wir wollten eine Marke schaffen, die sanft zeigt, dass gute Naturkosmetik auch noch einen Schritt weiter gedacht werden kann. Zum einen geht es um den bewussten Umgang mit Ressourcen und zum anderen darum, Produkte auf den Markt zu bringen, die einen geringeren CO2-Abdruck haben. Naturkosmetik kommt oft von weit her, weil in Deutschland und in Europa nicht alle Inhaltsstoffe wachsen. Wir finden aber, dass diese langen Transportwege nicht sein müssen, und man sich auch an regionaleren Inhaltsstoffen bedienen kann.
Wie lautet die Vision von Circly?
Unser Ziel ist es, Naturkosmetik so CO2-neutral wie möglich zu denken. Im Wesentlichen wollen wir nach und nach Emissionen reduzieren und unseren Radius verringern. Sprich, immer mehr regionale Produkte verwenden.
Wie lautet der Plan, um die Vision umzusetzen?
Wir haben uns bewusst dagegen entschieden, über einen Dienstleister unsere Emissionen zu kompensieren, da uns das mit zu wenig Transparenz passiert. Wir arbeiten aktuell an einem eigenen Prozess, um unsere Emissionen zu kompensieren. Viel wichtiger ist uns aber, dass wir versuchen, sie generell so niedrig wie möglich zu halten. Trotzdem wissen wir, dass wir als produzierendes Unternehmen nie ohne Emissionen arbeiten können. Doch da wo wir einen Einfluss haben, wollen wir aktiv sein. Wir kollaborieren zu dieser Herausforderung mit der Universität Hamburg.
Woher bekommt Ihr den regionalen Kaffeesatz, um damit Kaffeeöl für das Serum herzustellen?
Wir arbeiten mit einer in Deutschland sitzenden Rösterei zusammen. Der Bio-Kaffee wird dort industriell gebrüht und für Getränke verwendet. Der übrig bleibende Kaffeesatz wird dann kalt gepresst und kommt in eine Zentrifuge, um das Kaffeeöl herauszupressen — ähnlich wie bei der Herstellung von Olivenöl.
Gab es die Überlegung, Kaffeesatz von Endkund:innen einzusammeln?
Ja, die gab es natürlich. Aber nur kurz, weil wir wissen, dass nasser Kaffeesatz sehr leicht schimmeln kann, wenn er nicht richtig getrocknet beziehungsweise direkt weiterverarbeitet wird. Außerdem könnten wir so nie sicherstellen, dass die Qualität wirklich biologisch ist und das ist uns extrem wichtig. Und natürlich gäbe es dann auch das Problem mit dem Transport, wie würde der Kaffeesatz umweltfreundlich zu uns kommen? Ich rate Endkund:innen, dass sie Kaffeesatz als Pflanzendünger zuhause verwenden, das funktioniert wunderbar. Eine weitere Möglichkeit ist, Kaffeesatz als Peeling für die Haut zu verwenden. Aber nur, wenn es einen nicht stört, dass das Badezimmer dabei ein wenig schmutzig wird (lacht).
Wie kommt es, dass Eurer Produkte trotzdem Sheabutter und Kokosöl enthalten, also Inhaltsstoffe, die nicht in Deutschland und Umgebung wachsen?
Beim Launch unserer ersten Produkte ging es um darum, dass wir jeweils einen Inhaltsstoff herausarbeiten, der regional ist. In unserem Fall ist es das Kaffeeöl, das wir von upgecyceltem Kaffeesatz erhalten. Die weiteren Inhaltsstoffe haben wir danach gewählt, was aktuell gut im Markt läuft und bei denen potentielle Käufer:innen keine Berührungsängste haben. Denn aus eigener Erfahrung weiß ich, wie schwierig es sein kann, Naturkosmetik zu finden, die der Haut nicht schadet. Sprich einmal gute Inhaltsstoffe gefunden, will man sie nicht wieder missen.
Natürlich wissen wir, dass die genannten Inhaltsstoffe eben nicht bei uns in der Region wachsen. Wir sind hier ganz klar einen Kompromiss eingegangen, mit dem primären Ziel, Produkte zu launchen, die einen Mehrwert bringen. In weiteren Schritten geht es nun darum, auch andere Inhaltsstoffe zu integrieren, die eben bei uns beziehungsweise in Europa wachsen. Um es an einem Beispiel zu verdeutlichen: Unsere Lippenpflege besteht auch Sheabutter, um für wunderbar angenehme Lippen zu sorgen. Wir hätten klar auf regionalen Honig ausweichen können, doch wir haben uns bewusst dafür entschieden, dass all unsere Produkte vegan sind. Und aktuell gibt es keinen vergleichbaren veganen Inhaltsstoff für uns.
Woher kommen die Obstschalen, die verwendet werden?
Wir verwenden die Schalen von Sanddorn, Himbeeren und Hagebutte, die oft aus Osteuropa kommen und eine gute regionale Qualität haben.
Was bedeutet Regionalität für Dich?
Für mich geht es darum, auf unnötige Transportwege zu verzichten und generell, dass die Rohstoffe so regional wie möglich sind. Unsere Sheabutter kommt entweder aus Afrika oder Osteuropa, wir schauen dabei, dass wir in Summe die kürzesten Wege nehmen. Dabei ist es aber auch wichtig zu verstehen, dass kurze Wege nicht immer die nachhaltigsten sind — Stichwort Gewächshaus. Vielmehr geht es uns in diesem Sinne auch darum, dass wir transparent mit unseren Lieferanten arbeiten und diese faire Arbeitsbedingungen sicherstellen. Bei Instagram stellen wir wöchentlich den „Inhaltsstoff der Woche“ vor und geben dort detaillierte Informationen über die Herkunft und den Mehrwert.
Wie genau arbeitet Ihr im Sinne der Kreislaufwirtschaft?
Natürlich bei unserem Kaffeeöl indem wir dem Kaffeesatz vor dem Abfall retten. Doch sind unsere Inhaltsstoffe am Ende aufgebraucht und können nicht erneut eingesetzt werden. Bei uns geht es vor allem beim Thema Verpackungen um die Kreislaufwirtschaft. Wir verwenden bei der Lippenpflege beispielsweise eine Hülse aus recyceltem Karton, die super fest ist und es auch aushält, wenn sie beispielsweise in einer Hosentasche getragen wird. Wir sind dafür auch regelmäßig auf Messen und sind auf der Suche nach neuen Alternativen. Bei dem Kaffeeserum haben wir uns bewusst für Glas entschieden, da wir hierbei davon ausgehen können, aufgrund des eingeprägten Verhaltens, dass Endkund:innen das Glas entsprechend recyceln und es nicht einfach nur in den Abfall werfen. Zudem ist die Recyclingfähigkeit von Glas höher als die von Alternativen.
Und was ist Euer Ziel für 2022?
Wir würden gerne weitere Produkte auf dem Markt bringen, sprich eine vollständige Hautpflegeserie anbieten. Diese wollen wir weiterhin verstärkt in der DACH-Region und in den Niederlanden vertreiben. Wir wünschen uns noch mehr Bekanntheit und wollen auch an unseren Inhaltsstoffen arbeiten. Generell sind wir sehr dankbar für den tollen Start und unsere ersten Kund:innen, die so zufrieden mit unseren Produkten sind.
Vielen lieben Dank, Maximilian, für das nette Gespräch und den Blick hinter die Kulissen von Circly!
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