Einige kennen Picadeli von den frischen Salatbars, die es in Dänemark, Schweden, Finland, Estland, Belgien, Luxembourg, Frankreich, den USA und Deutschland in ausgewählten Supermarktfilialen gibt. Das Unternehmen hat jetzt eine internationale Studie zum Thema gesunder Ernährung und nachhaltigem Einkaufen herausgebracht: Den Vegocracy Report ’23. Wir haben mit Anders Klinge, Geschäftsführer bei Picadeli über die Zukunft von gesunder Ernährung gesprochen und den Weg dorthin.
FOGS: Wie ist der Vegocracy Report entstanden?
Anders Klinge: Die Umfrage wurde mit 10.500 Menschen im Alter zwischen 18 und 65 in Schweden, Finnland, Frankreich, Deutschland, Belgien, UK und den USA durchgeführt. Auch, um zu vergleichen ob es zwischen den Ländern Unterschiede gibt. Die Pariser wissen beispielsweise weniger über das Pariser Abkommen als die, die in Stockholm wohnen. Die Studie hat aber auch gezeigt, wie ähnlich dass Denk- und Essverhalten länderübergreifend ist.
„Der Green Gap“ – um was handelt es sich dabei?
Anders Klinge: „In unserer Studie haben wir erstaunlicherweise herausgefunden, dass 38 % aller Deutschen geglaubt haben, dass rotes Fleisch das nachhaltigste Lebensmittel ist. Obst und Gemüse kam mit 26 % an zweiter Stelle und pflanzliche Proteine nur mit 19 % an dritter. Es gibt sicherlich einigen Aufklärungsbedarf. Wir haben festgestellt, dass viele Menschen Schwierigkeit haben, zu wissen, wie man sich gesundes Essen leisten kann und wenig Ahnung davon haben, welche Lebensmittel umweltfreundlich sind und welche nicht. Ich glaube, es ist eine Kombination aus fehlender Information und Wissenslücken. Je mehr man etwas in den Medien sieht, fängt man an sich zu informieren. Es braucht mehr Sichtbarkeit für das Thema nachhaltiges Einkaufen.“
Was ist die größte Klimasünde im Foodbereich?
Anders Klinge: „Es gibt eine Studie (IPCC, 2019), die festgestellt hat, dass 30 % der globalen CO2-Emissionen von Lebensmitteln kommen. Wenn man das Pariser Abkommen einhalten will, gibt es da noch viel zu tun. Eine große Klimasünde ist die Massentierhaltung und der damit verbundene Konsum von Fleisch- und Milchprodukten. Tierische Lebensmittel erfordern eine große Menge an Ressourcen wie Wasser und Energie und tragen erheblich zur Freigabe von Treibhausgasen bei. Tiere benötigen viel Nahrung, daraus resultiert der Anbau von Futterpflanzen, was wiederum viel Land und Wasser benötigt. Und zusätzlich stoßen Tiere wie Kühe viel Methangas aus. Und auch die Abfallprodukte belasten die Umwelt. Eine fleisch- und tierproduktfreie Ernährung wäre damit am umweltfreundlichsten, wenn man auch die Herkunft der veganen Lebensmittel beachtet.“
Was ist der Climate Food Print?
Anders Klinge: „Das ist eine Kennzahl, die wir ermitteln, die aussagt, wie viel Kilo CO2 pro Kilo bei der Produktion dieses Lebensmittels oder Produkts ausgestoßen werden. Dabei werden Faktoren wie Anbau, Herstellung und Transport berücksichtigt. Wir benutzen ISO 14040 als standardisierte Methode zur Berechnung und zusätzliche werden Lieferanten-Daten (LCA Kalkulationen) genutzt, um die Genauigkeit zu verbessern. LCA Kalkulationen (Life-Cycle-Analysis) sind als Richtwert anzusehen, denn es gibt viele Dinge, die sich im Laufe der Zeit auf die Klimabilanz unserer Produkte auswirken, wie z.B. Schwankungen im Laufe des Jahres und zwischen verschiedenen Herstellern. Konsumenten, für die Klimaauswirkung eine wichtige Entscheidungskraft ist, haben so die Möglichkeit, die Kaufentscheidung datenbasiert zu treffen und nicht per Bauchgefühl.“
Als Labeling auf Produkten mit Ranking hat sich der Nutri-Score bereits durchgesetzt. Damit werden Lebensmittel nach ihrem Nährwert-Gehalt bewertet. Könntest du dir vorstellen, dass man das Prinzip für CO2-Ausstoß genauso anwendet?
Anders Klinge: „Genau das wünschen wir uns. Deswegen haben wir alles daran gesetzt, Vorreiter und Pioneer zu sein in dem Bereich. Ich finde, es ist so wichtig, dass man als Verbraucher die Kaufentscheidung treffen kann anhand der verfügbaren Daten und die Möglichkeit hat, sich entsprechend klimafreundlich und nachhaltig einzukaufen, wenn es für einen wichtig ist. Wir werden alles daran setzten, diesen Standard zu implementieren. Ich hoffe, dass es eine dynamische Entwicklung wird: Wenn die großen Einzelhänder anhand unserer Salatbar sehen, dass es möglich ist, und diese Anforderungen auch an unsere Kollegen stellen. Und auch dass Kunden diese Anforderung stellen. Bewegungen fangen auch oft beim Konsumenten an – dazu braucht es Awareness und Education.“
Hat die Inflation das Einkaufsverhalten verändert?
Anders Klinge: „Definitiv: 93% der Konsumenten in Europa haben bereits Ihr Einkaufsverhalten angepasst. 46 % der Deutschen gehen seltener Essen, 30 % essen und trinken weniger unterwegs. 20 % kaufen kleinere Portionen, um weniger Abfall zu generieren. Man ist sparsamer geworden. Laut unserer Studie haben 30 % gesagt, dass sie es sich nicht leisten können, sich gesund zu ernähren. Ein Tipp, sich günstig gesund zu ernähren, ist Lebensmittelverschwendung und Abfall zu vermeiden. Für viele Leute ist der Preis von Lebensmittel ausschlaggebend. Eine Möglichkeit, gesunde Ernährung für alle zugänglich zu machen: Bei gesunden Lebensmittel die Mehrwertsteuer senken!“
3 Tipps für nachhaltigeres Einkaufen
- Mehr pflanzliche Produkte kaufen
- Möglichst wenig Plastik kaufen & auf verpackungsfreie Produkte setzen
- Lebensmittelverschwendung vermeiden
Hier kannst du das PDF der Studie herunterladen.
Rezepte mit Resteverwertung findest du hier.