Ich esse seit über 10 Jahren kein Fleisch. Als ich angefangen habe, auf Fleisch zu verzichten, war ich 12 Jahre alt. Anfangs habe ich bei Mahlzeiten mit meiner Familie einfach das Fleisch weggelassen und nur die Beilagen gegessen. Das hat aber nicht lange funktioniert, denn ich bekam akuten Eisen- und Vitamin-B12-Mangel. Durch eine Ernährungsberaterin habe ich viel über die Bedürfnisse des Körpers gelernt, wie man Lebensmittel für optimale Nährstoffaufnahme am besten kombiniert und mit was man Fleisch für eine gesunde Ernährung ersetzen kann.
Das ist meine persönliche Geschichte zu vegetarischer Ernährung. Da jeder Körper so individuell ist und ganz eigene Bedürfnisse hat, ist Ernährung ein sehr individuelles Thema. Was für den einen funktioniert, ist für den anderen vielleicht nicht das Richtige. Dieser Artikel ist für alle, die sich für vegane oder vegetarische Ernährung interessieren und nach Tipps zur Umsetzung dieser Ernährungsformen suchen. Ich habe Frauengesundheits-Expertin Peggy Reichelt zu diesem Thema befragt, die zusammen mit Monique Leonhardt XbyX gegründet hat. Das Unternehmen hat sich auf wissenschaftliche, natürliche und ganzheitliche Lösungen für hormonelle Balance, Menopause und gesundes Altern spezialisiert.
FOGS: Was sind deine Top-Tipps für eine ausgewogene vegetarische bzw. vegane Ernährung?
Peggy Reichelt: „Gesunde Fette wie Olivenöl und Omega-3-Fette, eine breite Vielfalt pflanzlicher Proteinquellen, ballaststoffreiche Kohlenhydrate und fermentierte Lebensmittel für die Versorgung mit darmgesunden Probiotika.“
„Abwechslung beim Essen ist wichtig, ebenso das selber Kochen. Dann wissen wir, was drin ist, haben so dank der Frische den höchsten Vitamingehalt und können sichergehen, dass keine ungesunden Fette, Zucker oder unnötigen Zusatzstoffe auf dem Teller landen.“
„Der letzte Punkt lautet ausreichend zu essen: Zu viele Frauen – besonders in den Wechseljahren – essen zu wenig, bringen den Körper damit in ein dauerhaftes Kalorien- und Nährstoff-Defizit. Der Körper macht dann aus der Not heraus genau das Gegenteil von dem, was wir möchten: Er lagert jede Kalorie, die er bekommt, hartnäckig ein.“
FOGS: Was muss eine Frau besonders bei einer vegetarischen bzw. veganen Ernährung beachten?
Peggy Reichelt: „Besonders wichtig bei allen, die sich so ernähren, ist es, auf eine ausreichende Zufuhr vielfältiger Proteinquellen zu achten, die alle neun essenziellen Aminosäuren enthalten. Proteine sind besonders für Frauen ab ihren 40 Jahren ein unabdingbarer Bestandteil ihrer Ernährung, da mit den Wechseljahren die Proteinsynthese schlechter wird und vermehrt Muskeln abgebaut werden.“
„Man kann natürlich mit vegetarischer und veganer Ernährung seinen Eiweißbedarf komplett decken. Nur muss hier darauf geachtet werden, gezielt verschiedene Proteinquellen zu kombinieren und so den Bedarf an den verschiedenen Aminosäuren zu decken – z.B. durch Getreide mit Hülsenfrüchten (Erbsensuppe mit Vollkornbrot, Linsengericht mit Reis). Denn Getreide ist arm an Lysin, Threonin und Tryptophan, dafür reich an Methionin. Hülsenfrüchte sind arm an Methionin, dafür reich an Threonin und Tryptophan. Darum kombinieren wir in unserem XbyX Energie Protein Superfood auch fünf verschiedene pflanzliche Proteinquellen.“
FOGS: Welche Supplemente empfehlen sich besonders bei Frauen?
Peggy Reichelt: „Die Wechseljahre gehen mit vielen Änderungen im Körper und Stoffwechsel einher und stellen neue Anforderungen an unsere Nährstoffversorgung. Häufige Ungleichgewichte im Darm-Milieu sowie altersbedingt nachlassende Vitaminsynthesen und die Extraportion Stress in der Lebensmitte erhöhen den Bedarf.“
„Wir brauchen jetzt B-Vitamine, wie Vitamin B12, B6, Biotin und Folsäure. Sie alle sind essenziell für Gehirn und Nervensystem, wirken gegen Stress und Müdigkeit und unterstützen beim Wechseljahressymptom Brainfog. Da B-Vitamine wasserlöslich sind, speichert der Körper diese nicht. Ein weiterer Vitamin-B ähnlicher Nährstoff, der wichtig fürs Gehirn ist, ist Cholin. Mit sinkender Östrogen-Produktion in der Menopause sinkt die körpereigene Cholin-Produktion.“
„Vitamin D3 ist besonders in den sonnenarmen Monaten ein Muss. Es ist wichtig für Knochen und Stimmung, aber auch für ein gesundes Immunsystem. Die offizielle Empfehlung liegt bei täglich 25 μg / 1000 IE. Meist haben Frauen in den Wechseljahren aber einen höheren Bedarf. Daher empfehle ich: Vitamin-D-Status zuerst per Bluttest bestimmen lassen und dann entsprechend ergänzen.“
„Gemeinsam mit Vitamin D spielen Vitamin K2, Magnesium und Kalzium eine wichtige Rolle für die Knochengesundheit. Kalzium bekommen wir größtenteils ausreichend über eine gesunde Ernährung, Magnesium sollte unbedingt mit auf die Checkliste für den Bluttest beim Arzt.“
„Eisenmangel ist ein häufiges Phänomen, besonders, wenn wir noch die Periode haben. Ist diese sehr lang und stark, dann zerrt das an den Eisenvorräten. In der Postmenopause ist ein Eisenmangel dann weniger häufig.“
„Erwähnenswert sind noch Selen (Schilddrüse), Zink (Immunsystem, entzündungshemmend) und ganz wichtig der Omega-3-Index. Wer keinen oder wenig Fisch isst, sollte mit Omega 3 ergänzen. Am besten mit Omega-3-Fetten aus Algenöl, die beide Fettsäuren – DHA (Docosahexaensäure) und EPA (Eicosapentaensäure) im optimalen Verhältnis 2:1 enthalten.“
FOGS: Gibt es Lebensmittel oder Supplemente, die man als Frau meiden sollte?
Peggy Reichelt: „Pauschal würde ich nie ein einziges Lebensmittel verteufeln. In Maßen ist alles in Ordnung, außer man verträgt es z. B. aufgrund einer Allergie oder einer Erkrankung nicht. Wir müssen vor allem alle Eines lernen: intuitiv besser auf den Körper zu hören!“
„Das Gleiche gilt für Supplemente. Was für eine Frau funktioniert, braucht eine andere vielleicht nicht. Kontraindikationen, durch Medikamente und Erkrankungen, schließen natürlich einzelne Supplemente aus. Daher immer in diesen Fällen die Rücksprache mit dem Arzt.“
„Also, genau auf den Körper hören, aus Erfahrungen lernen und besser spüren, wann er aus der Balance gerät. Und natürlich rein präventiv jeden Tag den Körper mit einer möglichst bunten Vielfalt an Vitalstoffen aus Obst, Gemüse, Hülsenfrüchten, Vollkorn, Nüssen und Samen verwöhnen. Und mit probiotischen Lebensmitteln und präbiotischen Ballaststoffen eine gesunde Darmflora schaffen! Denn nur ein gesunder Darm kann all die gegessenen oder auch supplementierten Nährstoffe aufnehmen und so dem Körper verfügbar machen.“
FOGS: Welche Nährstoffe sind besonders wichtig vor, während und nach der Menopause? Wie verändern sich die Bedürfnisse und warum?
Peggy Reichelt: „Natürlich in erster Linie alle Lebensmittel, die reich an den vorher erwähnten Vitaminen und Mineralien sind. Mit den Hormonänderungen, ungefähr ab der Lebensmitte, verändert sich Vieles im Stoffwechsel: Muskelmasse und Knochendichte nehmen ab, die Verarbeitung von Proteinen und Vitaminen funktioniert weniger effektiv und mit dem Absinken des Östrogens nimmt dessen Schutzwirkung auf Herz, Gelenke, Gehirn und Knochen ab.“
„Östrogen beeinflusst nicht nur die Fruchtbarkeit, sondern so ziemlich jeden Bereich unseres Körpers. Kein Wunder also, dass die Schwankungen und das Absinken des Östrogenspiegels in fast jeder Faser unseres Körpers zu spüren sind! Besonders in den Wechseljahren kämpfen viele Frauen mit Hitzewallungen, Gelenkschmerzen, Schlafstörungen, Gewichtszunahme und einer Fett-Umverteilung Richtung Bauch und Hüfte. Essen wir gesund, lässt uns das nicht nur fit altern, sondern es lindert viele Beschwerden der Wechseljahre.“
„Die mediterrane Ernährung vereint all dies sehr gut: hohe Qualität mit bester Nährstoffdichte. In erster Linie gibt es viel frisches Gemüse, vor allem viel Kreuzblütler-Gemüse und Obst. Essen wir uns an Gemüse satt, füllt dies den Magen und sättigt so bei wenig Kalorien. Gleichzeitig versorgt es uns mit einer unglaublichen Vielfalt an Vitaminen, Mineralien, Ballaststoffen und sekundären Pflanzenstoffen. Ebenfalls dazu gehören die Phytoöstrogene. Lebensmittel, die Östrogen im Körper nachahmen oder unterstützen, wie Sesam, Leinsamen, Bohnen, Aprikosen, Erdbeeren, Karotten, Grünkohl, Sellerie und Sojaprodukte.“
„Die mediterrane Ernährung versorgt unseren Körper ebenfalls mit hochwertigen pflanzlichen Proteinen, die wir für starke Muskeln und Knochen ab der Lebensmitte besonders benötigen. Dazu gehören alle Sorten an Linsen und Bohnen und zahlreiche Getreidesorten, darunter Dinkelflocken, Haferkleie, Haferflocken, Quinoa, Couscous. Neben Proteinen liefern diese Lebensmittel gleichzeitig Ballaststoffe, also Futter für die guten Darmbakterien.“
„Auch tierische Proteine sind, wenn man sie mag und verträgt, super. Z.B. fermentierte Milchprodukte wie Joghurt, Kefir und auch Käse. Gesunde Fette kommen bei der Mittelmeerküche ebenfalls auf den Teller: Omega-3-reicher Fisch oder für Vegetarier/ Veganer Algen, herzgesunde Öle wie Olivenöl oder Fette aus Nüssen und Samen.“
FOGS: Kann man auch zu viele Supplemente einnehmen? Woher kann man wissen, ab wann es zu viele sind?
Peggy Reichelt: „Alles kann – in zu großen Mengen – für unseren Körper schädlich sein. Der Goldweg, um zu schauen, was man in welcher Menge ergänzen sollte, ist ein Bluttest beim Arzt. Inklusive der Untersuchung der wichtigsten Vitamine & Mineralien. Darunter z.B. den Vitamin-D-Spiegel, Magnesium und Vitamine wie B12 – bei stärkeren Monatsblutungen und Energielosigkeit das Eisen. So werden Defizite akkurat nachgewiesen und man kann diese gezielt auffüllen. Dies sollte natürlich auf die bestehenden Probleme und Symptome abgestimmt sein: z. B. alle Eisenwerte – also Eisen plus die Eisenspeicherproteine Ferritin, Transferrin, Transferrin-Sättigung bei Energiemangel und Schlappheit.“
Vegane Ernährung bedeutet nicht Verzicht!
Anders als vor 10 Jahren gibt es mittlerweile für fast alles vegetarische oder vegane Alternativen und Ersatzprodukte. Dabei muss man nicht auf Geschmack verzichten und kann gleichzeitig von gesunden Inhaltsstoffen ohne Chemie und Füllstoffe profitieren. Oft sind die Ersatzprodukte auch gesünder: Sie erhalten mehr Proteine und weniger gesättigte Fettsäuren. Ob Bratwurst, Chicken oder Pulled Pork – es gibt für alles Alternativen, die auch geschmacklich überzeugen.
Vegane Alternativen gibt es mittlerweile für fast alles – sei es veganer Fleischersatz, veganer Käse oder sogar vegane Donuts: Beispielsweise hat Anfang Juli am Alexanderplatz in Berlin der Store Doughnut Time eröffnet, der auf der Speisekarte über 50% vegane Donuts anbietet, sodass für jeden etwas dabei ist.
Eine vegetarische bzw. vegane Ernährung ist mit einer ausgewogenen und abwechslungsreichen Nährstoffzunahme und mit oder ohne Supplemente also ohne Verzicht durchführbar! Tipps für gesundes Einkaufen findest Du hier.